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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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theologischen Fragen.« Abelson trat freundlich lächelnd an den Tisch heran und verbeugte sich leicht.
    »Herr Abelson, welch eine Freude, Euch zu sehen! Leistet uns ein wenig Gesellschaft. Mein Freund Wrangel ist betrübt wegen des Urteils, das über seine Mandantin gesprochen wurde.«
    »Ich habe von dem harten Urteil gehört. Die Hinrichtung wird ein großes Spektakel werden und dem Henker eine entsprechende Meisterleistung abfordern. Ihr haltet das Urteil nicht für gerecht, Prokurator Wrangel, wenn ich recht verstanden habe?«
    »Ich halte es für eine Barbarei, Herr Abelson, und es fällt mir wahrlich schwer, den Worten meines Freundes Claussen zu folgen und der höheren Gerechtigkeit des Herrn zu vertrauen.«
    »Ja, das Vertrauen in höhere Sphären ist eine große Prüfung für die Menschen. Und der Rat Jesu, auch die andere Wange hinzuhalten, erfordert neben großem Vertrauen auch viel Mut. Wir Juden haben es da leichter. Wir halten uns nach wie vor an die alte Regel: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Sie hat sich seit Jahrtausenden bewährt. Obwohl auch sie so manches Mal derBarbarei Tür und Tor öffnet. Doch das Niedergericht lässt unsere alte Regel nicht ohne Acht, wenn es auf einen grausamen Tod einen grausamen Tod folgen lässt.«
    »Doch ich habe nach wie vor meine berechtigten Zweifel, dass hier die Richtigen bestraft werden.«
    Abelson zog eine seiner buschigen weißen Augenbrauen in die Höhe und schüttelte dann fast unmerklich den Kopf.
    »Aber vielleicht habt Ihr recht, Claussen«, fuhr Wrangel einlenkend fort, »und es gilt hier innig darauf zu hoffen, dass noch ein Wunder geschehe, Bunk doch noch widerruft und die wahren Schuldigen entblößt werden.«
    »Habt Gottvertrauen, Wrangel, und folgt Eurem gesunden Menschenverstand, der eine völlig durcheinandergeworfene moralische Ordnung nicht befürworten kann. Wer anders soll über wahre Schuld richten als Gott selbst?«
    Abelson stimmte Claussen lächelnd bei. »Gottes Wege sind wunderbar, Prokurator Wrangel, darum hört auf Euren jungen Freund, den Vikar, und habt Vertrauen und Geduld.«
    »Prokurator Wrangel?« Ein kräftiger Gerichtsdiener war an den Tisch der drei Männer getreten und starrte mit unsicherem Blick auf Wrangel.
    »Das bin ich. Was gibt es, dass Ihr mich hier aufsucht? Wer schickt Euch?«
    Der Gerichtsdiener trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. Er war erst an diesem Tag losgezogen, um den Prokurator zu suchen, und das auch nur, weil seine Kumpel ihm beim abendlichen Bier ordentlich zugesetzt hatten, als er ihnen von der Drohung des Weibes erzählte. Mit Hexen solle man nicht spaßen. Und was wolle er erst einmal tun, wenn sie ihm wirklich seinen Schwanz schrumpfen ließe? Hinterher sei guter Rat teuer.
    »Verzeiht die Störung, Herr, aber ich suche Euch schon geraume Zeit. Die Verurteilte, die Ihr vor Gericht vertreten habt, will Euch sprechen.«
    Wrangel verspürte einen kleinen Stich. Hoffentlich hatte Bunk sich besonnen und wollte nun doch widerrufen! »Danke für die Nachricht. Ich werde sie aufsuchen.«
    Verlegen nickend zog sich der Mann zurück. Als Wrangel ihm ein Geldstück für den Botendienst reichte, blickte er ihn verwundert an, trat aber schnell noch einmal zwei Schritte auf ihn zu, um den Obolus in Empfang zu nehmen.
    Der Vikar schlug Wrangel auf die Schulter. »Nun seht, so fügt sich eins zum anderen. Vielleicht geht nun Euer Wunsch in Erfüllung und das Weib widerruft doch noch. Habt Vertrauen in Gott und in Euren gesunden Menschenverstand, Wrangel, dann wird sich Euch ein Weg auftun.«
63
    E ine knappe halbe Stunde später klopfte Wrangel ungeduldig an die Tür der Frohnerei. Es war bereits dunkel und kaum noch jemand auf dem Berg unterwegs. Asthusen schlurfte in schweren Filzpantoffeln zur Tür und schaute verwundert auf Wrangel.
    »Was führt Euch zu so später Stunde noch zu mir, Prokurator?«
    »Guten Abend, Meister Ismael, Recht und Gesetz führen mich her, wie es mein Amt will.«
    »So tretet dann ein in mein Haus.«
    Wrangel folgte Asthusen durch den kleinen Flur in die Herrenstube.
    »Die Verurteilte wollt Ihr also sprechen? Sind denn immer noch Fragen offen? Das Urteil ist doch bereits gefällt.« Asthusenkratzte sich am Kinn. »Ihr wollt das Weib doch wohl nicht erneut zu einem Widerruf treiben, oder, Prokurator?«
    Wrangel konnte ein spöttisches Grinsen kaum unterdrücken. Schließlich war für Asthusen der Fall bisher glänzend gelaufen. Die Gefangene hatte seine Einnahmen so erfreulich

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