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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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ihre Weibeskleider ab und Manneskleider an und nahm auch den Namen eines Mannes an, um unter solchem Schanddeckel allerhand schändliche Dinge, Betrügereien und Zauberpossen zu treiben. Zweitens hat sie sich mit der Mitgefangenen Cäcilie Jürgens sowie mit der hier anwesenden Elisabeth Pausten verlobt und mit beiden mittels eines Instrumentes in Form eines Membrum virilis schändlich und wider die Natur in heilloser Weise vermischet. Drittens hat sie sich mit den beiden nacheinander durch priesterliche Hand trauen lassen. Viertens hat sie zugesehen bei der Ermordung von Maria Rieken und diese zuvor selbst dazu verleitet, ihren Mann in Neuengamme zu verlassen. Anschließend hat sie geholfen, der Ermordeten die Kleider auszuziehen, diese zu verkaufen und von dem Erlös ihren Anteil genommen. Schließlich hat sie sich mit den beiden Mitgefangenen verbunden, über alle Verbrechen zu schweigen. Darum wird sie zu folgenden Strafen nach dem Recht der Freien und Hansestadt Hamburg und gemäß dem Constitutio Criminalis Carolinae, Artikel 137 für Beihilfe zum vorsätzlichen Mord, Artikel 116 fürdas Verbrechen der Sodomie unter Frauen verurteilt: Poena rota und Poena ignis, die Strafe des Rades und die Strafe des Feuers. Die peinlich Angeklagte Ilsabe Bunk wird wegen der begangenen Mordtat und Sodomie ihr zur wohlverdienten Strafe und anderen dergleichen Missetätern zum Abscheu zuvörderst auf dem Neuen Markt, wo der Mord geschehen, mit glühenden Zangen gezwickt, darauf auf dem Richtplatz mit dem Rad getötet, und nachgehend wird ihr Körper an Ort und Stelle verbrannt. Die Hinrichtung soll öffentlich erfolgen am ersten Sonnabend nach dem Heiligen-Drei-Könige-Tag im Januar zur Mittagsstunde.«
    Bunk meinte eine bleierne Fessel um ihre Lunge zu spüren, die ihr die Luft abschnürte. Sie blickte zum obersten Richter hinüber, der seinen Hut abgenommen hatte. Was in Hamburg so viel bedeutete wie andernorts, den Stab über einen Angeklagten zu brechen und dadurch alle Hoffnung auf Gnade abzuschneiden. Nun war es also entschieden. Sie würde unter dem Rad sterben. Wie eine Wanze würde sie stückchenweise zerquetscht werden. Der Henker würde ihr mit dem gewaltigen Wagenrad zuerst die Beine, dann die Arme, dann das Becken, danach das Rückgrat brechen und zum Schluss endlich das Genick. Das, was dann noch von ihr übrig blieb, würden sie verbrennen wie eine Hexe.
    Als endlich wieder Luft durch ihre Kehle drang, hörte sie den Prätor etwas sagen, dessen Sinn sie allerdings nicht verstand. Die Worte strichen an ihrem Ohr vorbei, ohne Halt in ihrem Kopf zu finden. Es war nur ein Zischen, einem scharfen Luftzug gleich. So wie … genau, wie die Stimme des Mannes in der Kutsche, der wegen des peitschenden Windes die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und den Kopf nur leicht zur Tür hinausgelehnt hatte!
    Jäh wandte sich Bunk dem Gerichtsdiener hinter ihr zu. »Ich will meinen Prokurator sprechen. Sorgt dafür, dass er es erfährt.«
    »Jetzt pisst du dir ins Hemd, du Hexe, wo du hörst, was manmit dir und deinesgleichen anstellen wird.« Der kräftige Kerl grinste hämisch und spuckte durch eine Zahnlücke aus.
    »Sorg dafür, dass er es erfährt, oder ich sorge dafür, dass dein Schwanz nie mehr größer wird als dein kleiner Finger!«
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    W rangel verließ mit eiligem Schritt den Ratskeller. Er hatte sich dem gemeinsamen Mittagessen mit den anderen Mitgliedern des Gerichtes nach der Urteilsverkündigung nicht entziehen können. Der Fall war abgeschlossen, das Urteil ganz im Sinne des Prätors, und neben jenem würden auch der Frohn und das einfache Volk auf ihre Kosten kommen. Schmallippig hatte Wrangel gemeinsam mit Garlinghoff und Brasche, den Pflichtverteidigern der beiden anderen Verurteilten, an einer Ecke des großen Tisches gesessen und den weitschweifigen Ausführungen Wilkens zu den Ermittlungen zugehört, der jetzt, nachdem die Sache entschieden war, den Schöffen allerlei Unterhaltsames aus den Untersuchungen zu berichten hatte. Wilkens Laune war glänzend. Seine Amtszeit als Prätor lief aus, und er würde sich wieder als einfacher Senator der Arbeit im Rat und vor allem seinen persönlichen Geschäften widmen.
    Garsmann, sein Nachfolger als Erster Prätor, hatte neben ihm gesessen und geflissentlich lächelnd Wilkens Erzählung verfolgt. Natürlich hatte Wilken sich nicht ein paar Seitenhiebe auf Wrangel verkneifen können, seinen Übereifer belächelt, mit dem der »Licenciat Hinrich« den »Monsieur Hinrich«

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