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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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schluckte. Sein Herz krampfte sich zusammen. All die Seelenqualen von damals flammten erneut auf. »Ich habe dir jede Woche geschrieben.«
    »Ich habe keine Briefe von dir erhalten.«
    »Es ist müßig, darüber nun zu streiten. Aber sei dir gewiss, dass mein Herz immer dir gehörte und erst deine Heirat mich zwang, mich von dir loszureißen. Und bitte glaube mir, Elisabeth, es geht hier nicht um Rache, sondern ich mache mir Sorgen um dich. Bring Alfred dazu, dass ihr Hamburg verlasst. Das ist das Beste für euch. Seine Ehre steht auf dem Spiel. Wenn du es schaffst, dass ihr noch vor Weihnachten abfahrt, wird meine Absage zum Fest hinfällig. Sicherlich wird es Alfred dir auch nicht übelnehmen, wenn du ihn um einen anderen Taufpaten bittest. Möge der Herr dich und dein Kind beschützen.«
    Damit wandte er sich um und ging zur Tür. Er spürte, dass er seine Gefühle nicht länger im Zaum halten konnte. War er zu weit gegangen? Hatte er zu viel gesagt? Er konnte nur hoffen, dass Elisabeth das Richtige tun würde.

Mittwoch, 22. Dezember 1701
62
    I hr seht nicht gut aus, Wrangel.« Claussen rührte in seiner Kaffeetasse und musterte eindringlich seinen Freund. »Liegt es daran, dass Euer Bruder und Eure Schwägerin heute früh Hamburg verlassen haben? Ich hörte es gestern von Syndikus Lorenz, der es wiederum von Michel Wilken gehört hatte. Eurer Schwägerin scheint es nicht gutgegangen zu sein, und sie wünschte sich sehnlich, für die Niederkunft in der Nähe ihrer alten Amme zu sein.«
    Wrangel atmete innerlich auf. Elisabeth hatte auf ihn gehört. »Das sind gute Neuigkeiten, Claussen.«
    Sein Freund stutzte.
    Wrangel lächelte ihm aufmunternd zu. »Versteht mich nicht falsch. Ich wünsche meiner Schwägerin nichts Schlechtes. Vor zwei Tagen traf ich sie mehr zufällig, und wir hatten zum ersten Mal die Gelegenheit, uns auszusprechen.« Er hielt inne und trank einen Schluck Kaffee.
    »Und daraufhin hat sie das Weite gesucht, wollt Ihr mir das sagen?«
    »Vielleicht. Aber bei Euch will ich mich vielmehr bedanken. Was Ihr damals über mich und Elisabeth gesagt habt, war nicht verkehrt. Tatsächlich habe ich mich wirklich nicht genügend um sie gekümmert. Sie hat es mir nun selbst gesagt.«
    »Rührt daher Euer bekümmertes Gesicht?«
    »Zum Teil. Aber die Nachricht, dass die beiden abgereist sind, erleichtert mich sehr. Es wird für alle Beteiligten das Beste sein.«
    »Häufig ist die Einsicht in so schmerzliche Wahrheiten unangenehm, aber auch heilend. Ihr scheint mir da schon auf dem richtigen Weg zu sein. Doch Eure Seele betrübt noch mehr. Das spüre ich. Das Urteil ist Euch nahegegangen, nicht wahr?«
    »Ja. Die Strafe ist drakonisch und ihre Rechtfertigung, eine moralisch abschreckende Wirkung auf das Volk zu haben, erscheint mir verlogen. Ein Fest des Blutrausches und des Aberglaubens wird es werden. Die Leute werden dem Henker die Schankstube einrennen, um keine noch so winzige Kleinigkeit des Spektakels zu verpassen.«
    »Ich verstehe Eure Abscheu. Aber die Strafe ist nicht ungewöhnlich für so ein Verbrechen. Brutalen und hinterhältigen Mord mit dem Rad zu bestrafen hat eine lange Tradition und befriedigt das Rechtsempfinden der Menschen. Das wisst Ihr als Jurist noch besser als ich.«
    »Ja, aber Ihr wisst so gut wie ich, dass hier drei Unschuldige sterben werden. Und als sei das nicht genug, wurden sie alle drei zum zweifachen Tod verurteilt. Die Leichen der Gerichteten zu verbrennen ist nichts weiter als ein fragwürdiger Tribut an den Aberglauben des Volkes an Hexen und Zauberer.«
    »Niemand ist unschuldig. Auch wisst Ihr, dass die drei mit Kräutern und Tinkturen allerlei Schabernack getrieben haben.«
    »Aber sie sind unschuldig an diesem Mord. Claussen, ich habe Hinweise darauf, dass die Tote aus ganz anderen Gründen gestorben ist, die nichts mit diesen Menschen zu tun haben.«
    »Was für Hinweise?«
    Wrangel hielt inne. Konnte er Claussen vertrauen? Dieser rotblonde junge Mann, der wohl sein einziger Freund in Hamburgwar, war er aufrecht genug, um solche Ungeheuerlichkeiten wie jene um den chiffrierten Geldverkehr als Geheimnis zu wahren? Wer sonst, wenn nicht dieser Mann?
    »Es gibt Hinweise darauf, dass die Tote nicht ohne Grund genau an jenem Ort und zu jener Zeit in so einem aufsehenerregenden Zustand gefunden wurde. Sie war ein Zeichen.«
    »Ein Zeichen? Was redet Ihr da?«
    Wrangel zögerte.
    »Wrangel, mein Freund, versteigt Euch nicht in Vergeltungsphantasien. Habt Vertrauen zu

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