Scharade
Augenwinkel nahm sie eine Gruppe von OP-Technikern wahr, die über eine Kühltruhe gebeugt hantierten.
»Wenn du aufwachst, wird es in deiner Brust schlagen«, sagte Dean.
»Bereit?« fragte Dr. Jeffries.
War sie bereit?
Natürlich hatte sie, als die Möglichkeit einer Herztransplantation zum erstenmal mit ihr besprochen wurde, Bedenken gehabt. Doch mittlerweile hatte sie diese für komplett ausgeräumt gehalten.
Kurz nachdem Dean ihr Herzproblem erstmalig diagnostizierte, hatte sich ihre Verfassung langsam, aber stetig verschlechtert. Ãber die tiefe Müdigkeit und den Mangel an Energie halfen kurzfristig Medikamente hinweg, doch gegen die Krankheit selbst gab es laut Dean keine Kur. Doch sogar zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich geweigert, den Ernst ihrer Erkrankung anzuerkennen.
Erst als sie sich wirklich krank zu fühlen begann, als schon das Duschen oder Essen zu einer wahren Strapaze und mühseligen Ãbung für sie wurde, begriff sie, daà ihre Herzschwäche tödlich sein konnte.
»Ich brauche ein neues Herz.«
Bis zu ihrer tapferen und gewagten Ankündigung gegenüber ihren Chefs beim Fernsehsender hatte niemand etwas von ihren gesundheitlichen Problemen geahnt. Ihre Schauspielerkollegen und das Aufnahmeteam der Vormittagsfernsehserie Der Lauf der Dinge hatten, obwohl sie sich jeden
Tag bei der Arbeit sahen, nie etwas von der zunehmenden und verräterischen Blässe unter ihrer Schminke bemerkt.
Und so reagierten ihre Kollegen wie ihre Vorgesetzten beim Sender â niemand wollte es wahrhaben. Niemand wollte glaubten, daà Cat Delaney, dreimalige EMMY-Preisträgerin, ihr Star, deren Rolle der Laura Madison unverzichtbar für die Serie war, daà ausgerechnet Cat Delaney ernsthaft krank sein sollte. Und so hatte sie noch eine Weile ihre Arbeit fortgesetzt, unterstützt von ihrem Team und mit Hilfe ihres schauspielerischen Könnens und ihrer robusten Art.
Doch dann war unweigerlich der Punkt gekommen, als sie â ungeachtet ihres groÃen Ehrgeizes â den strapaziösen Drehplan nicht mehr bewältigen konnte, und so war sie vorübergehend aus der Serie ausgeschieden.
Mit fortwährender Verschlechterung ihres Zustands verlor sie so viel an Gewicht, daà ihre groÃe Fangemeinde sie nicht mehr erkannt hätte. Sie hatte tiefe Ringe unter den Augen, weil sie trotz ihrer völligen Erschöpfung nicht schlafen konnte. Ihre Fingerkuppen und Lippen färbten sich blau.
Die Boulevardpresse dichtete ihr alle möglichen Krankheiten an; angefangen von Windpocken bis hin zu Aids. Normalerweise hätte diese Art häÃlicher Ausbeutung durch die Medien sie wütend gemacht und beunruhigt, doch dazu fehlte ihr längst die Energie. Also ignorierte sie derartige Meldungen und konzentrierte sich aufs Ãberleben.
Ihre Verfassung wurde derart instabil und ihre Depressionen so schlimm, daà sie eines Nachmittags zu Dean sagte: »Ich habe es so satt, schwach und nutzlos zu sein, von mir aus kann bald der Abspann kommen.«
Für gewöhnlich miÃbilligte Dean ihre Anspielungen auf den Tod, auch die scherzhaften, doch an diesem Tag spürte er ihr Bedürfnis, sich die plagenden Ãngste von der Seele zu reden.
»Sag, was geht dir durch den Kopf?« fragte er.
»Ich führe schon tägliche Gespräche mit dem Tod«, gestand sie leise. »Ich verhandle mit ihm. Morgens sage ich: âºGönn mir noch diesen einen Tag. Bitte, einen Tag noch.â¹ Bei allem, was ich tue, bin ich mir bewuÃt, daà es vielleicht das letzte Mal ist. Das letzte Mal, daà ich den Regen sehe. Ananas esse, einen Song der Beatles höre.«
Sie hob den Blick und sah Dean an. »Ich habe meinen Frieden mit Gott geschlossen. Ich habe keine Angst vor dem Sterben, aber ich hoffe, daà es nicht schmerzvoll und beängstigend ist. Wie wird es sein, wenn ich mich verabschiede, Dean?«
Er tat ihre Ãngste nicht leichtfertig ab, sondern antwortete ihr aufrichtig: »Dein Herz wird ganz einfach aufhören zu schlagen, Cat.«
»Keine Fanfare? Kein Trommelwirbel?«
»Nein. Es wird nicht so traumatisch sein wie ein Herzinfarkt. Kein Kribbeln im Arm. Dein Herz wird einfach â«
»Aufgeben.«
»Richtig.«
Dieses Gespräch war erst einige Tage her. Nun sah ihre Zukunft durch eine Laune des Schicksals völlig anders aus: Leben.
Doch plötzlich wurde ihr bewuÃt, daà die
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