Scharade
Ãrzte, um ihr ein neues Herz einpflanzen zu können, zuvor ein anderes herausschneiden muÃten. Diese Vorstellung lieà sie frösteln. Sosehr sie das nicht mehr funktionstüchtige Organ haÃte, das während der vergangenen zwei Jahre ihr Leben völlig bestimmt hatte, so groà war ihre unerklärliche Zuneigung zu ihm. GewiÃ, sie wollte ihr krankes Herz endlich loswerden, doch irgendwie kam es ihr obszön vor, wie gutgelaunt diejenigen nun waren, die es ihr gleich entfernen würden.
Natürlich war es jetzt zu spät für Skrupel. AuÃerdem war der Eingriff â verglichen mit anderen Operationen am offenen
Herzen â relativ simpel. Aufschneiden. Rausnehmen. Austauschen. Zunähen.
Während der Zeit des Wartens auf ihr Spenderherz war sie von den Ãrzten immer wieder ermuntert worden, Fragen zu stellen. Sie hatte sie in endlose Diskussionen verstrickt und so viele Informationen wie möglich aufgesogen. Bei den Treffen ihrer Selbsthilfegruppe, die aus anderen Patienten bestand, die ebenfalls auf eine Organspende warteten, waren ihre Ãngste offen ausgesprochen worden. Diese Sitzungen waren stets äuÃerst interessant und hilfreich für sie gewesen, weil eine Transplantation ein facettenreiches Thema mit sehr unterschiedlichen und kontroversen Positionen war. Diese waren von Person zu Person verschieden und reichten von allgemeinen Emotionen, religiösen Ãberzeugungen und moralischen Grundsätzen bis hin zu juristischen Problemen.
Während des monatelangen Wartens hatte Cat all diese Argumente durchdacht und war zu einer Entscheidung gelangt, von der sie zutiefst überzeugt war. Sie war sich der möglichen Risiken vollauf bewuÃt und vorbereitet auf die Schrecken, die ihr möglicherweise während der Genesung auf der Intensivstation bevorstanden. Sie akzeptierte sogar die Möglichkeit, daà ihr Körper das neue Herz abstieÃ.
Doch ihre einzige Alternative zu einer Transplantation war der sichere Tod â und zwar bald. Und so blieb ihr im Grunde keine Wahl.
»Ich bin bereit«, sagte sie entschlossen. »O Moment, eines noch. Wenn ich unter Narkose anfange, irgendwelche intimen Geständnisse von mir zu geben: Nichts davon ist wahr.«
Ersticktes Gelächter unter den Masken.
Sekunden später durchströmte die flüssige Mattigkeit der Narkose ihre Adern und lieà sie in seidenweiche Schläfrigkeit sinken. Sie sah zu Dean, lächelte und schloà die Augen â vielleicht zum letztenmal.
Und kurz vor der endgültigen BewuÃtlosigkeit schoà ihr
ein allerletzter Gedanke durch den Kopf, grell und gleiÃend wie ein explodierender Stern.
Wessen Herz ist es?
Kapitel 2
10. Oktober 1990
Â
»Wie könnte eine Scheidung die gröÃere Sünde von beiden sein?« fragte er.
Sie lagen in dem Bett, das sie normalerweise mit ihrem Mann teilte, der um diese Zeit Schichtarbeit bei seiner Fleischverpackungsfirma machte. Wegen eines Lecks in der Gasleitung war das Bürogebäude, in dem sie beide arbeiteten, für den Rest des Tages evakuiert worden. Sie hatten diesen unerwartet freien Nachmittag auf ihre Weise genutzt.
Im engen, vollgestopften Schlafzimmer roch es nach verschwitztem Sex. Der Schweià trocknete auf ihrer Haut, gekühlt vom träge kreisenden Deckenventilator. Die Laken waren feucht und zerknittert. Die Fensterläden sperrten die Nachmittagssonne aus. Die brennenden Duftkerzen auf dem Nachttisch warfen ein flackerndes Licht auf das Kruzifix an der Wand mit der ausgeblichenen Blumenmustertapete.
Doch die schläfrige Atmosphäre täuschte. Sie standen unter Zeitdruck; und sie versuchten verzweifelt, ihr jede Sekunde an Vergnügen abzuringen. Bald würden ihre Töchter von der Schule heimkommen. Sie haÃte es, die kostbaren kurzen gemeinsamen Augenblicke durch den ständig wiederkehrenden und schmerzlichen Streit zu vergeuden.
Es war nicht das erste Mal, daà er sie drängte, sich scheiden zu lassen und ihn zu heiraten. Aber sie war katholisch. Eine Scheidung war völlig indiskutabel.
»Ich habe Ehebruch begangen, ja«, sagte sie leise. »Aber meine Sünde betrifft nur uns beide. Wir sind die einzigen, die davon wissen. AuÃer meinem Beichtvater.«
»Du hast unser Verhältnis gebeichtet?«
»Nur so lange, bis es immer wieder geschah. Jetzt gehe ich nicht mehr zur Beichte. Ich schäme mich zu sehr.«
Sie setzte sich
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