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Scharfe Pranken

Scharfe Pranken

Titel: Scharfe Pranken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. A. Aiken
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eine Beziehung führten? Er wusste, dass sie Angst davor hatte, was ihre Kinder sagen würden. Sie hatten ihren Dad geliebt und bewundert, und das aus gutem Grund. Aber sie waren inzwischen alle erwachsen und hatten eigene Kinder.
    Dabei fiel ihm wieder ein, dass Rebecca Luntz-Peters die Bar noch immer nicht verlassen hatte und sich, wie es ihre Art war, schon den ganzen Abend an einem Bier festhielt. Er schaute zu ihr hinüber, und ja, da saß sie und gaffte sie mit offenem Mund an. Dann griff sie nach ihrem Telefon, vermutlich, um ihre ältere Schwester in Boston und ihre jüngere Schwester in Nevada anzurufen.
    Irgendwie unangenehm.
    Da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, sagte Grigori: »Lass uns tanzen.«
    Er nahm Marci bei der Hand und zerrte sie, betrunken wie sie war, hinter dem Tisch hervor und auf die Tanzfläche. Dann nahm er sie in die Arme und drückte sie in dem Versuch an sich, sie unter Kontrolle zu halten.
    »Das wirst du morgen früh bedauern«, sagte er.
    »Blayne hat gesagt, ich soll mir holen, was ich will. Das habe ich auch gemacht.«
    Natürlich, schuld war wieder einmal diese verfluchte Wolfshündin. Noch keine drei Tage in der Stadt, und schon war hier die Hölle los! War es nicht schon schlimm genug, dass ihretwegen ein Hund unter seiner Couch wohnte?
    »Vielleicht hättest du diese Entscheidung treffen sollen, als du noch nüchtern warst.«
    »Ich bin nicht betrunken. Ich habe mich nur gestärkt. Blayne hingegen …«
    »… trinkt schon den ganzen Abend Shirley Temples.«
    »Genau. Und die sind voller Zucker.«
    »Na und?«
    Als seine Schwarzbärin nur kicherte, hatte Grigori ein ziemlich ungutes Gefühl.
    Bo sah zu, wie sein Onkel die Tür des Lieferwagens schloss und um den Wagen herumging.
    »Kommst du zurecht?«, fragte er Grigori.
    »Ja. Ich fahre nur schnell Marci nach Hause.«
    »Du musst mich nich’ nach Hause fahr’n, du Mis’kerl. Mir geht’s gut.«
    Bo hätte ihr mehr Glauben geschenkt, wenn Dr.   Luntz auf dem Beifahrersitz gesessen hätte anstatt auf dem Boden des Lieferwagens – und wenn ihre Augen geöffnet und nicht geschlossen gewesen wären. Und wenn sie nicht so genuschelt und seinen Onkel einen »Mis’kerl« genannt hätte.
    »Ja, sicher.« Grigori sah seinen Neffen an und verdrehte die Augen. »Ich sorge dafür, dass sie gut ins Bett kommt. Also, äh …«
    Anstatt eine Erklärung abzuwarten, die ihm nur peinlich gewesen wäre, schnitt Bo ihm das Wort ab: »Kein Problem. Lass dir Zeit.«
    Grigori nickte ihm zu, stieg in den Wagen und fuhr davon. Bo drehte sich um und ging durch den Wald zum Haus seines Onkels. Er blieb jedoch stehen, als die Last, die er über seiner linken Schulter trug, aus seinen alten Eishockeyshorts rutschte – jedenfalls hatte er sie als Shorts getragen, als er zwölf gewesen war. Für Blayne waren es hingegen Skihosen. Sie knallte auf den Boden. Bo seufzte genervt und beugte sich nach unten, um sie aufzuheben, aber sie war bereits davongerannt.
    »Du fängst mich nie im Leben!«, schrie sie ihm über ihre Schulter hinweg zu.
    Das Ganze wäre nicht so schlimm gewesen, wenn sie wie Dr.   Luntz nur betrunken gewesen wäre. Blayne war jedoch stocknüchtern und hatte eine Überdosis Koffein und Zucker intus, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte.
    »Verdammt sollst du sein, Zucker«, brüllte Bo in den Himmel hinauf. »Verdammt sollst du sein!«
    Es wäre leichter für ihn gewesen, eine Sechsjährige unter Kontrolle zu bringen, der man eine Ladung Zucker direkt in den Mund geschüttet hatte, als eine durchgeknallte Wolfshündin, die im Schnee durch Ursus County rannte … ohne Hosen.
    »Blayne Thorpe, komm sofort zurück!«
    Sie lachte und rannte weiter, und er war schon zum zweiten Mal an einem Tag gezwungen, ihr nachzulaufen.
    Dank ihrer vermischten Blutlinien war Blayne ohnehin blitzschnell, aber fügte man der Gleichung auch noch Zucker und Koffein hinzu, verwandelte sie sich in einen Jet, der durch die Wälder und Bärenreviere schoss, bis er das Haus seines Onkels erreichte. Erst dort blieb Blayne stehen und wartete, bis Bo sie eingeholt hatte.
    »Nicht bewegen«, sagte Bo und näherte sich ihr vorsichtig.
    Er hätte sie beinahe gehabt, als sie rief: »Fang mich!«
    »Ich will dich aber nicht fangen.«
    »Dann wirst du es auch nie schaffen, fürchte ich.«
    Damit rannte sie laut lachend erneut davon. Bo ging ein paar Schritte zurück, machte einen Satz nach vorn, platzierte einen Fuß auf dem Treppenabsatz, drückte

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