Scharfe Pranken
im Geringsten in der Stimmung, diese Arschlöcher zu verteidigen, die Blayne wie ein Stück Fleisch benutzt hätten. »Erzähl mir nicht, dass du denen auch nur eine Träne nachweinst.«
»Doch nicht die«, fauchte sie. »Sie werden all die Hybriden umbringen.«
Bo sah zu seinem Onkel hinüber und erkannte die Wahrheit in seinen Augen. Er verstand zwar, warum, aber das bedeutete noch lange nicht, dass es auch richtig war. Und wie hätte ein Vollblut das jemals verstehen können?
»Blayne, es ist am besten so«, sagte Van Holtz mit ruhiger, ausdrucksloser Stimme, die Bos Haarwurzeln zum Kribbeln brachte.
Blayne starrte Van Holtz für einen sehr langen Augenblick an. Bo musste zugeben, dass er erwartete, dass sie ausrasten und anfangen würde zu weinen, um sich zu treten und zu schreien. So war Blayne nun mal. Sie kämpfte immer für die Hilflosen. Aber sie ließ nur den Kopf hängen, nickte und ging zu ihrem Vater hinüber.
»Ich verstehe«, flüsterte sie.
Van Holtz sah zu seinem Alpha hinüber, und der ältere Wolf nickte und holte ein Funkgerät aus seiner Hosentasche.
»Kann losgehen«, sagte er in das Gerät.
Da keiner der Schwächlinge im Raum Blayne zu nahe kommen wollte, suchten sie alle nach einer anderen Beschäftigung, was zu jeder Menge unsinnigem, wahnsinnig geschäftigem »Kommandozentralen«-Geplapper führte. Die Einzigen, die nicht einstimmten, waren Bo und Ezra Thorpe. Seine Tochter hatte sich hinter dem Wolf verkrochen und ihre Stirn auf seine Schulter gelegt. Als Bo den Wolf ansah, deutete Mr. Thorpe auf den leeren Platz neben ihm.
Bo war zwar ein wenig verwirrt, sah jedoch keinen Grund, der Aufforderung nicht nachzukommen, und stellte sich neben ihn. Der Wolf machte einen Schritt auf ihn zu, sodass ihre Arme sich beinahe berührten. Mr. Thorpe war nur rund einen Meter achtzig groß, und es musste ziemlich lächerlich aussehen, wie sie so dicht nebeneinanderstanden. Aber als Bo sah, wie Blayne zur Hintertür hinausschlüpfte, ergab mit einem Mal alles einen Sinn.
Bo senkte seinen Blick, und der kaltherzige Wolf, der – laut Blayne – seine eigene Tochter nicht ausstehen konnte und jedermann hasste zuckte mit den Schultern und wartete still darauf, dass die Hölle losbrach.
Kapitel 28
»Wo soll’s denn hingehen, Zwergpudel?«
Dee-Ann sah, wie die Wolfshündin erstarrte. Offenbar hatte sie keine Ahnung, wohin sie eigentlich wollte, und war bereits in die eine Richtung gegangen, dann wieder umgedreht und in die andere Richtung gelaufen, nur um im nächsten Moment wieder zurückzurennen. Und dabei hatte sie zu keinem Zeitpunkt bemerkt, gespürt oder gerochen, dass Dee in unmittelbarer Nähe stand und sie beobachtete.
Natürlich hatte Dee geahnt, dass das passieren würde. Sicher, die Männer glaubten, sie könnten ihren Zwergpudel allein mithilfe ihrer überwältigenden Männlichkeit kontrollieren. Aber Dee war sich sicher gewesen, dass Blayne wegen dieser Hybriden, die von den Menschen eingesperrt worden waren, irgendeine Dummheit versuchen würde. Nicht, dass Dee sie nicht verstanden hätte. Dee verstand sie sehr gut. Verdammt, schließlich baute sie nun schon seit Monaten ihr eigenes kleines Hybriden-Team auf. Sie waren noch jung, aber in jedem Einzelnen von ihnen steckte Potenzial. Es bestand jedoch ein Unterschied zwischen einem gerissenen Streuner von der Straße und einem Hybriden, der wochen-, vielleicht sogar monatelang durch die schlimmste Hölle gegangen war. Nein. Sie konnten sie nicht wieder zurückbringen. Sie konnten sie nicht frei in New York oder in Ursus County herumlaufen lassen. Deshalb würde ihr Team die Sache schnell und leise erledigen und alle auf einmal loswerden. Genauso, wie sie es im Training gelernt hatten.
Dee hatte allerdings nicht die geringste Lust, sich schon wieder um diese idiotische Wolfshündin zu kümmern, falls ihr etwas passieren sollte. Sie war es leid, dass man ihr ständig die Schuld an allem gab. Sie war es leid, dass Leute, die sie für ihre Freunde hielt, nicht mehr mit ihr redeten. Und sie war es leid, überhaupt über all das nachdenken zu müssen. Also hatte sie draußen gewartet, während die Männer sich um ihre Angelegenheiten kümmerten. Sie hatte draußen gewartet, weil sie geahnt hatte, dass die Wolfshündin sich hinausschleichen würde … und sie hatte recht behalten.
»Dee-Ann.«
Dee trottete zu der Wolfshündin hinüber. »Ich weiß, was du vorhast, Süße, aber das kann ich nicht zulassen.«
»Es fällt dir
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