Schatten Blut
nicht, es sei denn, der dahinter stehende Glaube ist unerschütterlich. Doch haben Sie jemals einen Menschen getroffen, der absoluten Glaubens und ohne Zweifel ist? Und das auch noch im Angesicht unvorstellbaren Grauens? Sehen Sie? Ich auch nicht.
Na ja, und Knoblauch ist eine Gewürzzwiebel, damit kann man höchstens werfen. Stellen Sie sich einen Vampir vor, der genussvoll in eben eine solche Zwiebel beißt, während Sie damit vor ihm herumwedeln. Ja, genau so habe ich auch geguckt! Und glauben Sie mir, der anschließende Mief ist für sterbliche Nasen schädlicher als für einen ohnehin schon Ausgesaugten. Denn wenn das Gegenüber den Willen hat, sein Opfer zu beißen, schreckt ihn auch der Gestank von Knoblauch nicht ab.
Köpfen wäre eine relativ sichere Methode, ist aber auch eine riesige Sauerei. Abgesehen davon, dass die Überreste trotz allem verbrannt werden sollten, damit nichts, aber auch gar nichts mehr übrig bleibt, was sich eventuell regenerieren könnte.
Das war der Grand, warum ich seit geraumer Zeit modifizierte Holzpflöcke mit mir herumtrag. Innen sind sie hohl und mit zwei kleinen Behältern mit je einer chemischen Substanz gefüllt, die beim Zusammentreffen in Flammen aufgehen. Sobald der Pflock auf ein hartes Hindernis trifft, wird die Spitze eingedrückt, die Behälter brechen und die Substanz vermischt sich. Das Resultat kennen Sie bereits. Genau, Asche.
N achdem ich wieder Luft bekam, rappelte ich mich an der Wand hoch und ging leicht humpelnd auf den Aschehaufen zu, der einst Lagat gewesen war. Um sicher zu gehen, dass wirklich alles verbrannt war, stocherte ich mit der Schuhspitze kurz in dem Haufen herum und hob ein Andenken als Beweismittel auf.
»Du wirst keinen Schaden mehr anrichten«, murmelte ich dem Häufchen zu. Dann verließ ich die Halle.
– Kapitel Eins –
S icherlich fragen Sie jetzt, wie ich dazu kam, solch lichtscheue Gestalten zu jagen. Diese Frage ist durchaus berechtigt und manches Mal frage ich mich das selbst. Einige würden es Zufall nennen, ich persönlich bevorzuge den Begriff Schicksal.
Eigentlich fing es ganz harmlos an. So wie man einen leichten Windhauch spürt, der das Herannahen eines Sturmes ankündigt, welcher jedoch noch nicht zu erkennen ist. Oder wie ein Regentropfen einem bei strahlendem Sonnenschein und wolkenfreiem Himmel auf die Nase fällt und man diesem keinerlei Bedeutung beimisst. Genau so fing es an. Harmlos, nichtssagend, behutsam. Und genau an so einem wolkenlosen, angenehm warmen Tag schleppte mich meine Schwester in London von einer Boutique zur nächsten, um das geeignete Outfit für eine dieser mächtig angesagten Londoner Szene-Partys zu finden. Armani, Chantal, Dior und Co, etliche schon hatten wir durch und ich war froh, dass es ein paar Boutiquen weniger gab als das Alphabet Buchstaben hatte. Nicht auszudenken, wie meine Füße sich anfühlen würden, wenn wir weiter die komplette Innenstadt abklappern müssten.
Als wir in Sichtweite des Harrods kamen, streikte ich. »Da gehe ich mit dir jetzt noch rein, aber wenn du dort nichts findest, Julie, setze ich mich in die nächste U-Bahn und fahre heim.«
»Ist ja gut, Faye«, gab Julie sich lachend geschlagen. »Ich wollte da sowieso noch rein. Wenn wir fertig sind, spendiere ich dir auch eine Cola.« Damit warf sie ihren goldblonden, langen Zopf zurück über die Schulter und strebte der Eingangstür entgegen. Ich konnte nur aufseufzend folgen.
Natürlich schleppte sie mich auch dort die Rolltreppe rauf und runter, in diese und jene Designer-Abteilung, bis sie schließlich von Milly ein kleines atemberaubendes Schwarzes mit einem ebenso atemberaubenden Preis erstand. Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum viele Kleider einander sehr ähnlich sehen und sich doch im Preis so wahnsinnig unterscheiden, nur weil ein Label darin klebt, das sowieso niemand liest? Ich meine, solange die Trägerin es trägt!
Nun, Julie war jedenfalls glücklich mit ihrem neuen Cocktailkleid, und ich war glücklich darüber, dass die Odyssee endlich ein Ende gefunden hatte. Innerlich schwor ich mir, sollte sie nochmals ein Kleidungsstück suchen, gleich hierher zu kommen.
Ihre Eröffnung, sie benötige nun noch das nötige Accessoire, quittierte ich daher mit stoischer Ruhe. Also ging die Suche nach den passenden Schuhen los, die allerdings schnell gefunden wurden. Dann kam der passende Schmuck und eine Handtasche. Danach folgte ich dem Hinweis auf den Ausgang und rief ein Taxi.
Auf der Fahrt
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