Schatten der Angst (German Edition)
Pierce sein Alibi bestätigt hatte. Er hätte seinem Instinkt folgen müssen. Teufel noch eins, er hätte auf Amanda hören sollen, als sie ihre Schlussfolgerungen zur Identität des Mörders aufgeschrieben hatte. Aber das hatte er nicht. Er hatte sie abgewimmelt, zu stur, um auf sie zu hören, und in der Überzeugung zu wissen, was am besten für sie war. Alles, woran er an jenem Tag gedacht hatte, war, sie an einen sicheren Ort zu bringen. Wenn er ihr zugehört hätte, dann hätte sie keine Schmerzen mehr leiden müssen.
Er hatte sie in jeder Hinsicht enttäuscht. Und dann hatte er mit seinem Geldgeschenk alles noch schlimmer gemacht. Er schüttelte den Kopf und trat gegen einen Bauholzstapel, sodass die Dielen polternd über die Veranda flogen.
Auf der Treppe waren Fußtritte zu hören. War Amanda zurückgekommen? Hatte sie ihre Meinung geändert, entschieden, ihnen beiden noch eine Chance zu geben, trotz allem, was er getan hatte? Der Hoffnungsschimmer in seiner Brust erlosch wieder, als Pierce auf dem Treppenabsatz auftauchte. Er war früher am Morgen schon einmal hier gewesen und hatte mit Logan über seine Kündigung bei der Polizei gestritten. War er für eine zweite Runde zurückgekehrt?
»Sparen Sie sich die Mühe, Pierce. Ich werde nicht wieder als Polizeichef arbeiten, und ich bin nicht in der Stimmung für höfliche Gespräche.«
»Gut. Mir ist nämlich nicht nach Höflichkeit. Was zum Teufel ist Ihr Problem? Sie haben Amanda einen Abschiedsbrief geschrieben, statt persönlich mit ihr zu sprechen?«
Logan fluchte und begann das Holz, das er über den Verandaboden verstreut hatte, wieder aufzustapeln. »Ich werde das jetzt nicht mit Ihnen diskutieren. Wenn das der Grund für Ihr Kommen ist, dann können Sie gleich wieder gehen.«
»Wussten Sie, dass sie dabei ist, nach Tennessee zu ziehen?«
»Ich hab davon gehört.«
Pierce griff nach seinem Arm. »Wussten Sie, dass sie heute fliegt?«
Logan ließ das Kantholz fallen, das er in den Händen hielt, und schubste Pierce von sich weg. »Was wollen Sie mir sagen? Dass ich’s vermasselt habe? Okay, ich hab’s vermasselt. Ich habe sie enttäuscht. Wegen mir ist sie beinahe gestorben – zweimal. Sie will mich nicht mehr. Und ich … ich respektiere ihre Entscheidung.« Er ging zur Verandatür und öffnete sie mit einer so heftigen Bewegung, dass sie gegen die Wand krachte.
Pierce folgte ihm in die Küche. Logan holte sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und nahm einen großen Schluck.
»Das war’s? So einfach geben Sie auf?«, fragte Pierce.
Logan wirbelte herum. »Es gibt nichts, was ich aufgeben könnte. Es ist vorbei.«
»Wenn Sie das wirklich glauben, dann sind Sie ein noch größerer Idiot, als ich geglaubt habe. War das nicht Amandas Auto, das da vorhin weggefahren ist? Was hat sie gewollt?«
»Das geht Sie verdammt noch mal nichts an.«
Pierce schüttelte den Kopf. »Ich wette, dass sie Ihnen entgegen aller Wahrscheinlichkeit noch eine Chance gegeben hat – und Sie haben sie weggeworfen. Verflucht noch mal, Logan. Was ist Ihr Problem?«
Logan wollte sich an ihm vorbei aus der Küche drängen, doch Pierce drückte ihn mit der Hand gegen die Wand. »Sie gibt Ihnen nicht die Schuld, Logan. Wovor haben Sie wirklich Angst?«
Der Schmerz schnürte Logan die Kehle zusammen. Pierce wusste nicht, wovon er da sprach. Sie gab ihm die Schuld, ja, aber nicht mehr, als er es selbst tat. Er lehnte den Kopf gegen die Wand, aller Kampfeswille schien aus ihm herauszusickern. »Habe ich Ihnen von den Nachforschungen erzählt, die Amanda angestellt hat? Sie ist die Fallakten durchgegangen und hat eine Verdächtigenliste zusammengestellt. Riley stand ganz oben auf der Liste. Sie hatte sogar notiert, dass wir seine Unterlagen überprüfen sollten, für den Fall, dass er seine Urlaubstermine gefälscht hatte. Sie wollte, dass ich mir die Liste ansehe, aber ich habe nicht zugehört.«
Pierce ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. »Das ist alles? Guter Gott, Logan, haben Sie mir nicht zugehört? Sie gibt Ihnen nicht die Schuld für das, was passiert ist. Das hat sie mir gesagt. Davon abgesehen haben Sie Riley schon verdächtigt, lange bevor sie die Liste geschrieben hat. Wenn Sie jemandem die Schuld geben wollen, dann mir. Ich bin derjenige, der Rileys Alibi bestätigt hat. Wenn ich meine Männer früher angewiesen hätte, gründlicher nachzuforschen, dann hätte er Amanda nicht noch einmal in die Finger bekommen. Verdammt, Karen würde
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