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Schatten ueber Innsmouth

Schatten ueber Innsmouth

Titel: Schatten ueber Innsmouth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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sondern hatten einfach die Absicht, mir jeden Fluchtweg abzuschneiden. Das aber bedeutete, daß alle Straßen, die aus Innsmouth hinausführten, von ähnlichen Patrouillen überwacht wurden, denn die Leute konnten nicht wissen, in welcher Richtung ich fliehen würde. Wenn dies der Fall war, würde ich mich fernab von jeder Straße querfeldein durchschlagen müssen. Wie aber sollte ich das bewerkstelligen angesichts des sumpfigen Charakters der ganzen Umgebung und der vielen Flüsse, die sie durchschnitten? Einen Augenblick lang war ich wie betäubt, sowohl durch die Hoffnungslosigkeit meiner Lage als auch durch den zusehends stärker werdenden, allgegenwärtigen Fischgestank.
    Dann fiel mir die stillgelegte Eisenbahnlinie nach Rowley ein, die sich noch immer auf ihrem soliden, mit Unkraut überwucherten Erddamm von dem verfallenden Bahnhof am Rande des steilen Flußufers nach Nordwesten erstreckte. Es war immerhin möglich, daß die Städter daran nicht denken würden, denn die Strecke war wegen des Dornengestrüpps fast unpassierbar und deshalb die unwahrscheinlichste Route für eine Flucht aus der Stadt. Ich hatte sie vom Hotelfenster aus deutlich gesehen und wußte ungefähr, wo sie lag. Das erste Stück war leider zum größten Teil von der Straße nach Rowley und höhergelegenen Punkten der Stadt aus gut zu übersehen, aber vielleicht konnte ich das Unterholz als Deckung benutzen. Auf jeden Fall stellte sie meine letzte Fluchtmöglichkeit dar, und es blieb mir nichts anderes übrig, als es zu versuchen.
    Ich zog mich in den Innenraum meines verlassenen Verstecks zurück und studierte noch einmal mit Hilfe der Taschenlampe meine Kartenskizze. Das unmittelbare Problem war, wie ich die alte Eisenbahnstrecke erreichen sollte, und ich kam zu dem Schluß, daß ich am besten zunächst zur Babson Street ging, dann in westlicher Richtung zur Lafayette Street wo ich um einen ähnlichen Platz wie den anderen herumgehen würde, ohne ihn zu überqueren und schließlich abwechselnd in nördlicher und westlicher Richtung in einer Zickzacklinie durch die Lafayette, Bates und Bank Street diese letztere zog sich am Fluß entlang bis hin zu dem verlassenen und zerbröckelnden Bahnhof, den ich von meinem Fenster aus gesehen hatte. Bis zur Babson Street gehen wollte ich deshalb, weil ich weder noch einmal den offenen Platz überqueren noch meine Flucht nach Westen auf einer so breiten Querstraße wie der South Street beginnen wollte.
    Ich machte mich wieder auf und ging auf die rechte Straßenseite hinüber, um möglichst unauffällig in die Babson Street einbiegen zu können. Von der Federal Street drang noch immer der Lärm herüber, und als ich mich umblickte, glaubte ich einen Lichtschein in der Nähe des Gebäudes wahrzunehmen, durch das ich entkommen war. Um möglichst bald die Washington Street verlassen zu können, fiel ich in einen leisen Hundetrab und hoffte, daß kein wachsames Auge mich beobachten möge. Kurz vor der Kreuzung mit der Babson Street stellte ich beunruhigt fest, daß eines der Häuser noch bewohnt war, denn es hatte Gardinen an den Fenstern; aber drinnen war alles dunkel, und ich kam ohne Zwischenfall vorbei.

    In der Babson Street, die die Federal Street kreuzt und mich deshalb der Gefahr aussetzte, von meinen Verfolgern entdeckt zu werden, schlich ich mich so dicht wie möglich an den windschiefen Häusern entlang; zweimal versteckte ich mich in einem Torbogen, als der Lärm hinter mir für kurze Zeit anschwoll”. Der offene Platz vor mir lag vereinsamt im Mondschein da, aber ich war nicht gezwungen, ihn zu überqueren. Während der zweiten Pause vernahm ich von irgendwoher ein neues Geräusch, und als ich vorsichtig aus meiner Deckung hervorspähte, erblickte ich ein Auto, das in schneller Fahrt den Platz überquerte und auf der Eliot Street, die sowohl die Babson Street als auch die Lafayette Street kreuzt, stadtauswärts davonfuhr.
    Der Fischgestank, der einen Augenblick lang nachgelassen hatte, wurde plötzlich wieder unerträglich, und ich erblickte eine Horde unheimlicher, gebückter Gestalten, die hüpfend und watschelnd in derselben Richtung wie das Auto verschwanden; das mußte die Patrouille für die Landstraße nach Ipswich sein, die Verlängerung der Eliot Street. Zwei der Gestalten waren in wallende Roben gehüllt, und eine trug ein hohes Diadem, das weißlich im Mondlicht glitzerte. Der Gang dieses Wesens war so sonderbar, daß mich ein Schauder überlief, denn es schien mir fast, als

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