Schattenblume
Möglichkeiten durchzugehen. «Für all das hatten sie mehr als genug Zeit, was bedeutet, dass sie bald zu Schritt vier übergehen, nämlich Forderungen zu stellen. Hier fangen die Verhandlungen an. Zuerst wollen sie, dass Wasser und Strom wieder angestellt werden, dann wollen sie Lebensmittel. Wir dagegen wollen in das Gebäude rein.» Sie sah, wie Lena den Mund aufmachte, doch Wagner hob die Hand und sagte: «Dazu kommen wir, wenn es so weit ist.»
Frank sagte: «Wir haben Eltern, die mit ihren Kindern reden wollen.»
«Wird nicht passieren», erklärte Wagner. «Unser Ziel ist es, so wenig Emotionen wie möglich ins Spiel zu bringen. Wir werden hier keine heulenden Eltern haben, die um das Leben ihrer Kinder flehen. Unsere Schützen kennen den Wert der Geiseln, ohne dass wir sie extra darauf hinweisen müssen.»
«Was dann?», fragte Lena. «Wie geht es weiter?»
«Erst bekommen sie Hunger oder wollen sich selbst im Fernsehen sehen. Irgendwann kommt dann der Punkt, an dem sie alles haben, was wir ihnen geben können, und sie rauswollen. Bis dahin müssen wir wissen, was sie außer Geld wollen. Geld wollen sie immer – in kleinen, nicht gekennzeichneten Scheinen.» Sie machte eine Pause. «Wir müssen den Wagen finden. Sie haben sich wohl keine Flügel wachsen lassen, um hierher zu fliegen, und für die Flucht haben sie das bestimmt auch nicht vor.»
Lena sagte: «Hinter dem College ist ein See.»
«Privat?»
«Halb, halb», sagte sie. «Es ist nicht ganz leicht, ungesehenein Boot ins Wasser zu lassen, aber auch nicht unmöglich, wenn man es drauf anlegt.»
Wagner wandte sich an einen von Nicks Leuten. «Ma chen Sie das, bitte? Nehmen Sie ein paar Männer, und suchen Sie das Ufer ab. In einem Umkreis, der zu Fuß zu erreichen ist. Die beiden planen im Anschluss ja wohl keine Wanderung.» Frank fragte sie: «Ich schätze, alle Berichte über gestohlene Boote in der letzten Woche befinden sich auf dem Revier?»
«Ja.»
«Haben Sie die Notrufe umgeleitet?»
«Ja», sagte Frank wieder. «Zur Feuerwehr die Straße runter.»
«Könnten Sie bitte rausfinden, ob jemand heute Morgen ein gestohlenes Boot gemeldet hat?»
Frank nahm eins der Telefone von der Kundentheke und wählte.
Wagner wandte sich an die zwei Männer ihres Teams, die noch da waren. «Als Erstes tauschen wir die Kinder gegen Lebensmittel und Wasser ein.» Sie fragte Lena: «Gibt es da drin einen Wasserspender?»
«Nur hinten bei den Zellen.»
«Wie viele Toiletten?»
Lena verstand den Sinn der Frage nicht, doch sie antwortete: «Eine.»
Als sie Lenas Verwirrung sah, erklärte Wagner: «Trink wasser . Im Tank sind knapp sechs Liter. Das werden sie erst mal unter sich aufteilen.»
Frank legte den Hörer auf. «Keine vermissten Boote», sagte er. «Ich habe einen Funkspruch rausgeschickt, ob sich irgendjemand an einen entsprechenden Bericht erinnert.»
«Gut gemacht», sagte Wagner. Dann zu ihrem Team: «Nach den Kindern versuchen wir die alte Frau oder den Streifenpolizisten rauszuholen. Sie werden keinen großen Wert auf die beiden legen; der Polizist ist nicht ganz koscher, und die alte Frau ist Ballast. Ich schätze, die Kinderärztin wollen sie behalten.» Sie fragte Frank und Lena: «Ist sie hübsch?»
Lena zögerte. «Na ja, sie ist nicht gerade –», doch Frank unterbrach sie: «Ja.»
«Wahrscheinlich ist sie selbstbewusst», fuhr Wagner fort. «Mit falscher Bescheidenheit kommen Frauen nicht durchs Medizinstudium.» Sie runzelte die Stirn. «Das wird ihnen nicht gefallen.»
Molly sagte: «Ich bin Krankenschwester in der Klinik. Sara ist der vernünftigste Mensch, den ich kenne. Sie würde nichts tun, was die anderen in Gefahr bringt, vor allem wenn Kinder im Spiel sind.»
Wagner betrachtete ihr Team. «Was meint ihr, Jungs?»
Derjenige, der vorher telefoniert hatte, sagte: «Sie werden garantiert ein Problem mit ihr haben.»
Der andere ergänzte: «Irgendwo müssen sie das Adrenalin loswerden.» Er nickte. «Ich wette, dass sie die Frau behalten.»
«Dem stimme ich zu», sagte Wagner, und Lena lief es eiskalt über den Rücken.
Molly begann: «Glauben Sie, das sie …»
Wagners Antwort war messerscharf. «Die haben vier Polizisten getötet und auf Kinder geschossen, von denen sie eins schwer verletzt haben. Glauben Sie, die machen vor sexueller Nötigung Halt?» Sie wandte sich wieder an Frank. «Sie waren dort drin, Detective. Was wollten sie? Was werden sie noch wollen?»
Er zuckte die Achseln, und Lena spürte
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