Schattenblume
das Ganze von oben anzusehen.»
Frank schlug vor: «Warum gehen wir nicht einfach durch die Zwischendecke rein?»
«Die Platten brechen zu leicht ein. Außerdem wollen wir nicht, dass Staub herabfällt und sie gewarnt werden –»
«Aber», unterbrach er aufgeregt, «die Zwischendecke geht über das ganze Gebäude. Wir könnten einfach hinten einsteigen und uns dann fallen lassen –»
«Und dann gibt es da drin noch ein Blutbad», schnitt Wagner ihm das Wort ab. «Wir sind noch lange nicht am Ende unserer Möglichkeiten, Detective Wallace. Im Moment wollen wir vor allem sehen und hören, was dort drin vor sich geht. Wenn wir die Lage unter Kontrolle bringen wollen, ist der erste Schritt herauszufinden, was sie vorhaben.»
Wagner winkte ihr Team heran, und über die Karte gebeugt berieten sie, wie sie am besten ins Gebäude kamen. Lena sah ein paar Minuten zu und versuchte dem Jargon zu folgen, als sie die nötigen Geräte aufzählten. Sie bemerkte, dass Nick etwas abseits stand, sein Gesicht war wie versteinert. Lena hatte keine Ahnung, wie sein Abschied von dieser Truppe gelaufen war. Es musste mehr an der Geiselnahme von Whitfield dran gewesen sein, als Frank wusste. Aber weiß Gott, was sich die Leute zusammenreimten, weswegen Lena damals aus der Polizeiarbeit ausgestiegen war.
Pat Morris trat zu ihr an den Tisch mit der Kaffeemaschine. «Verstehst du irgendwas von dem, was die da reden?», flüsterte er.
Sie schüttelte den Kopf.
«Immerhin scheinen sie zu wissen, was sie tun», sagte er dann. Lena sagte nichts, doch sie war der gleichen Meinung.
«Es war so unheimlich», sagte Morris immer noch flüsternd. «Die Kerle da drin können nicht viel älter seinals mein kleiner Bruder, und der geht noch zur Highschool.»
Lena sah ihn an, irgendwo in ihrem Kopf begann es zu rattern. «Ist das dein Ernst?», fragte sie. «Wie jung? Wie jung sahen sie aus?»
Er zuckte die Achseln. «Bestimmt sind sie älter, aber sie sehen aus wie Achtzehnjährige.»
«Warum meinst du, dass sie älter sind?», fragte Lena. Sie merkte, dass Wagner und ihr Team aufhorchten, doch es war ihr egal. «Sind sie schmal gebaut? Irgendwie feminine Typen?»
Morris trat von einem Fuß auf den anderen. Ihr Nachhaken war ihm unangenehm. «Ich weiß auch nicht, Lena. Es ist alles so schnell gegangen.»
Jetzt mischte sich Wagner ein. «Woran denken Sie, Detective Adams?»
«An den letzten Fall, an dem ich gearbeitet habe, bevor ich meine Auszeit genommen habe», sagte Lena, der Kloß in ihrem Hals schnürte ihr die Kehle zu.
Nick schlug mit der Faust auf den Tisch und knurrte: «Gottverdammt.» Er hatte an dem Fall mitgearbeitet und das Drama mit eigenen Augen gesehen.
«O nein», sagte Molly. «Du glaubst doch nicht etwa …»
Wagner war mit ihrer Geduld am Ende. «Macht es nicht so spannend, Leute.»
«Jennings», sagte Lena endlich, und mit dem Namen hatte sie einen galligen Geschmack im Mund. «Ein Pädophiler, der gerne junge Männer die Dreckarbeit erledigen lässt.»
KAPITEL ACHT
Montag
J effrey half den Sanitätern, Robert die Stufen herunterzuschleppen. Aus unerfindlichen Gründen hatte sich Robert geweigert, sich auf die Trage zu legen, und jedes Mal wenn Jeffrey versuchte, mit ihm zu reden, schüttelte er nur den Kopf.
Jeffrey sagte: «Ich komme ins Krankenhaus, sobald Hoss hier ist.»
Robert schüttelte zum hundertsten Mal den Kopf. «Nein, Mann. Mir geht’s gut. Kümmer dich lieber drum, dass Jessie sicher zu ihrer Mutter kommt.»
Jeffrey klopfte ihm auf die Schulter. «Wir reden morgen, wenn dir das lieber ist.»
«Mir geht’s gut», beharrte Robert. Und selbst als sie ihn in den Krankenwagen hievten, bat er nur: «Kümmer dich um Jess.»
Jeffrey schlenderte zum Haus zurück, doch er ging nicht hinein. Er setzte sich auf die Stufen und wartete auf Hoss. Clayton «Hoss» Hollister war der Sheriff von Sylacauga – seit Jeffrey denken konnte. Als Jeffrey den Schusswechsel meldete, hatte man ihm gesagt, dass der Alte übers Wochenende angeln war. Jetzt war Hoss auf dem Rückwegvon Lake Martin, etwa eine halbe Autostunde von Sylacauga entfernt. Am Telefon hatte Jeffrey vorgeschlagen, schon mal mit der Untersuchung des Tatorts anzufangen, doch sein alter Mentor hatte abgewehrt. «Lebendig wird er davon auch nicht mehr.»
Zwei Hilfssheriffs standen auf der Straße und befragten Roberts Nachbarn. Sie wussten, dass sie drinnen nichts zu suchen hatten, bis ihr Boss auftauchte. Hoss führte ein eisernes
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