Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
braunen Augen hochgezogen.
Sie antwortete nicht, sprang stattdessen geschmeidig auf die Theke und kickte den Block mit den Rech nungsvordrucken vom Tisch. Der oberste, mit ihrem Namen beschriftete Beleg, wehte wie ein Laubblatt durch den halben Laden. Der Blick des Mannes haf tete kurz an ihrem rechten Stiletto und glitt dann an ihrer von schwarzen Nylons bestrumpften Wade nach oben zum Rocksaum. Sie hob das Bein an, setzte dem Mann den Fuß auf die Schulter. Sein Lächeln war von jener Mischung aus Unglauben und Freude, die ihr zeigte, dass sie bereits gewonnen hatte. Seine Hände umfassten ihren Oberschenkel. Sie waren rau und warm, ein angenehmes Gefühl durch den dünnen Strumpf.
„Es wird wie ein Überfall aussehen“, sagte sie.
„Was?“
Ihre Worte hätten ihn warnen sollen, ebenso die unmenschliche Leichtigkeit ihrer Bewegungen. Aber die Lust verschleierte seinen Blick; er war blind, der arme Mann, vollkommen blind. Sie nahm seine Hand in ihre, fuhr die Adern auf d em Handrücken nach und stellte sich vor, sie aufzureißen und das Blut spru deln zu sehen. Wie gern sie den Moment hinaus zögerte, das letzte bisschen Misstrauen arbeiten ließ. Sie liebte es, wenn Menschen sich nicht entscheiden konnten zwischen der instinktiven Furcht und dem Gefühl, den Glücksgriff ihres Lebens gemacht zu haben.
Sie hätte ihn länger am Leben gelassen, wenn er ein bisschen weniger plump vorgegangen wäre. Zu schnell tasteten sich sein e Finger über den nackten Streifen Haut bis zu ihrem Höschen, und dass er es gleich beiseiteschob und tiefer glitt, besiegelte sein Schicksal. Sie zog ihren Fuß zurück, spannte die Wade an und trat den Absatz des Stilettos quer durch seine Kehle. Eine Sekunde lang geschah nichts, er runzelte bloß die Stirn. Dann quoll Blut hervor, vermischte sich mit den röchelnden Versuchen , zu atmen. Der Mann ging in die Knie, sie verlor den Schuh – er blieb in dem durchbohrten Hals stecken. Winzige Blutsprit zer leuchteten auf ihrem Strumpf wie glänzend rote Sterne. Der Antiquitätenhändler starb langsam, aber er fand sich erstaunlich schnell mit dem Tod ab. Das war sehr freundlich von ihm. Kaum etwas war so lästig wie das erbärmliche und sinnlose Auflehnen gegen das Unvermeidliche. Das hatte dieser Mann nicht nötig. Ohne Gegenwehr blieb er hinter seiner Theke liegen und blutete den speckigen Teppich voll.
Sie sprang auf seine Brust, ließ sich dort nieder und widmete sich endlich diesen hübschen Adern auf seinem Handrücken, bevor sie verdorren würden, was doch wirklich eine Schande gewesen wäre.
2
D
er Streifen auf dem Teststäbchen war von einem äußerst blassen Rosa. Kaum zu erkennen. In Joanas Magen kribbelte es, die ersten Anzeichen einer beginnenden Übelkeit, die sie sich sicher nur einbildete. Eine Klischeeschwangerschaft mit Morgenübelkeit kam überhaupt nicht infrage. Ach verdammt, eigentlich kam überhaupt keine Schwangerschaft infrage! Ihr stieg ein kleiner Schwall bittere Galle in die Kehle. Das war nur der Schreck.
Schwanger.
Es konnte nicht wahr sein. Nein, nicht möglich.
Nicht, weil ihr Liebster kein Mensch war. Sie war inzwischen hinreichend mit der Welt der Dämonen vertraut, um auf Bauernweisheiten wie ‚paranormale Wesen zeugen keine Kinder‘ nichts zu geben. Gerade sie war prädestiniert für eine solche Verbindung, schließlich waren Menschen mit Fähigkeiten, wie sie sie besaß – Clerica – den Legenden nach aus einem schlechten Scherz der Dämonengöttin Lilith entstan den. Über unzählbare Ecken waren Dämonen und Dämonenjäger miteinander verwandt, es gab also kei nen Grund, warum sie nicht in jeglicher Hinsicht miteinander harmonieren sollten. Sie musste kichern, doch das Lachen versoff in einem Schluchzen und sie begann zu weinen.
Langsam ließ sie sich auf den Rand der Badewanne sinken. Sie berührte ihren Bauch mit der Spitze ihres Zeigefingers. Behutsam, als tick t e in ihrem Leib eine Bombe. Nichts geschah. Nichts deutete auf eine fremde Anwesenheit hin, nichts weckte den Anschein, als bestünde ein Problem außer der bekannten kleinen Schwäche für Weingummi und portugiesisches Gebäck. Ein paar Tränen tropften auf den Stoff ihres Trägertops. Der Schwangerschaftstest in ihrer anderen Hand zitterte vor sich hin. Vielleicht irrte sie. Sah sie wirklich einen rosa Streifen oder erkannte sie nur die Kontaktfläche, die auf Schwangerschaftshormone im Urin rosa werden sollte? Sie hielt den Streifen ins Licht, drehte ihn leicht hin
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