Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
stöhnend zurückfiel. Er starrte Hermann hasserfüllt an.
„Wage es nicht, sie anzufassen, Hermann Etzelroth, oder …“
„Oder was? Willst du mir drohen?“ Hermann stemmte die Hände in die Hüften und grinste dreckig. „Warte nur, bis wir mit dir fertig sind, dann drohst du niemandem mehr!“
„Hermann! Komm jetzt!“, rief Wolfram Etzelroth gebieterisch, der dem Treiben von seinem Wagen aus zugesehen hatte.
„Ja, Vater, ich komme“, entgegnete Hermann widerwillig und sagte, an Berthold gewandt, verächtlich: „Und wir sprechen uns auch noch einmal, Krüppel!“
Dann warf er Katharina noch eine Kusshand zu und ging zu seinem Vater. Die umstehende Menge schwieg betroffen. Sie hatte auch geschwiegen, als Franz verurteilt wurde. Die Menge schwieg immer. Doch Berthold wusste nun, was zu tun war. Dann wurde ihm wieder schwarz vor Augen.
Katharina saß an Bertholds Bett und war sichtlich erleichtert, als dieser endlich wieder seine Augen aufschlug. Berthold sah sie an und wusste einmal mehr, warum er sie liebte. Es war nicht nur ihr Wesen, ihre Aufrichtigkeit und Anmut, sondern auch das, was ein Mann an einer Frau körperlich begehrte. Dazu diese wunderbar tiefgrünen Augen, die aufmerksam und offen in die Welt glitzerten. Die ein Jahr jüngere Katharina war oft genug die Sonne in weniger hellen Tagen gewesen, die ihm Mut und Kraft gegeben hatte. Sie beugte sich über ihn und küsste ihn zärtlich.
„Gott sei Dank!“, sagte sie glücklich. „Ich dachte schon, du würdest nie mehr aufwachen! Wie fühlst du dich?“
Berthold hatte noch immer den tauben und bitteren Geschmack im Mund. Er kannte diesen Geschmack nur zu gut, der stets seine Ahnungen begleitete. Nur, so mächtig wie jetzt war er niemals zuvor gewesen.
„Er hat niemandem etwas zuleide getan, Katharina! Und Etzelroth hat ihn ermordet. Franz war kein Hexer oder Zauberer und hatte mit dem Teufel so viel zu tun wie der Papst, wahrscheinlich eher weniger!“
„Ich weiß, Berthold.“
Katharina fasste die Hand ihres Verlobten. Dieser rieb sich nachdenklich das Kinn, blinzelte Katharina zu und sah sie fragend an.
„Was ist mit mir geschehen?“
„Du bist zuerst nur abwesend gewesen, mit einem Blick, ganz eigentümlich und fremd, so als wärst an einem anderen Ort. Und als das Feuer den armen Franz ergriffen hatte, da war es um dich geschehen. Es war schlimm. Gezuckt hast du und dich mit Schaum vorm Mund in Krämpfen gewunden.“
Berthold sah abwesend aus dem geöffneten Fenster.
„Weder Zeit noch Ort waren gut gewählt für einen solchen Ausbruch“, musste er eingestehen. „Gerade bei Franz’ Verbrennung so zusammenzubrechen, war äußerst unpassend. Aber das kann ich mir schließlich nicht aussuchen, wie du weißt.“
Katharina nickte betroffen.
„Wie hast du mich hergeschafft?“
„Schankwirt Gruber und ich haben dich auf seinen Karren gelegt und er hat uns hierher gefahren.“
„Gruber. Guter Mann. Danke ihm von mir, wenn du ihn das nächste Mal siehst.“ Verbittert fuhr Berthold fort: „Etzelroth hat nun endlich seinen so lange begehrten Anlass, mich anzuklagen. Ich bin ihm ohnehin schon seit Jahren ein Dorn im Auge und ihm war wohlbekannt, wie Franz und ich zueinander standen. Du kennst meine Gabe, Katharina. Sie ist meine Bürde. Es spielt keine Rolle, wem ich auf welche Art und Weise schon geholfen habe. Wenn es zur Anklage käme, würde niemand für mich sprechen, aus Angst, sich selbst in Verdacht zu bringen. Oder hat jemand den Finger gerührt für Franz, der zu allen immer voller Güte war und ein offenes Ohr für jedermann hatte? Ich muss etwas unternehmen. Ich muss uns schützen.“
Katharina wollte etwas einwenden, doch in diesem Augenblick betrat Bertholds Mutter den Raum.
„Ich bin so froh, dass es dir schon wieder besser geht, mein armer Sohn. Aber dennoch bin ich sehr betrübt über das Geschehene. Ich mache mir Sorgen um dich. Das, was an der Richtstätte geschehen ist, war Wasser auf die Mühlen derer, die dir deine Gabe neiden, allen voran Wolfram Etzelroth und dessen Sohn, mit denen man sich besser nicht anlegen sollte.“
Berthold schwieg.
„Lass uns einen Augenblick allein, Katharina“, wies Margarethe Graychen das Mädchen an, das sich widerspruchslos erhob, zur Tür schritt und sie leise hinter sich schloss. Katharina platzte zwar vor Neugier, hatte aber zu viel Respekt vor ihrer zukünftigen Schwiegermutter, um an der Tür zu lauschen, auch wenn ihr – sie musste es sich
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