Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
Rest des mächtigen Baumes lag, von der Natur längst mit Moosen und Kräutern zugedeckt, etwas abseits am Waldrand.
Berthold setzte sich ins Gras und schloss die Augen. Ihm war übel und ihm graute davor, Katharina seine Entscheidung mitzuteilen. Das Knacken eines Zweiges riss ihn aus seinen Gedanken. Als er sich umwandte, sah er Katharina durch den Waldweg auf die Lichtung treten. Wie hübsch sie doch war. Es schnürte ihm die Kehle zusammen, als er an den Abschied dachte.
Katharina war erst fünfzehn, ein Jahr jünger als Berthold. Ihre Mutter hatte die Geburt nicht überlebt, aber ihr Vater hatte sich trotz seiner guten Stellung als offizieller Schreiber nie wieder eine andere Frau genommen, obwohl es an entsprechenden Angeboten nicht mangelte. Es schien, als habe er das Interesse am anderen Geschlecht zusammen mit seiner Frau begraben. Daher fehlte auch ein männlicher Nachkomme, denn Katharina war das einzige Kind geblieben. So erlernte sie stattdessen das Handwerk des Schreibens, auch wenn ihr Vater sich anfangs gegen diesen Gedanken gewehrt hatte. Doch schließlich wurde er von Katharina mit Bitten, Betteln und Argumenten überzeugt. Sie sagte, dass man zum Stemmen von Federkiel und Schreibzeug keine großen Kräfte brauche, sondern nur einen gesunden Verstand.
Katharina setzte sich zu Berthold.
„Wie lange bist du schon hier?“, fragte sie.
„Nicht allzu lange“, antwortete Berthold kurz, sah aber nicht auf dabei. Er riss einen Grashalm aus und zerrieb ihn zwischen seinen Fingern.
„Es ist etwas, nicht wahr?“, fragte Katharina.
Berthold riss den nächsten Grashalm aus.
„Ja. Es ist etwas.“
„Ich habe es gewusst. Schon seit gestern Abend. Ich kenne dich lange genug. Vor mir brauchst du dich nicht zu verstellen.“
Katharina nahm Bertholds Kopf sanft in beide Hände und drehte sein Gesicht zu ihr. Sie blickte in traurige Augen.
„Du wirst fliehen, oder?“, fragte sie leise.
Berthold fiel einerseits ein Stein vom Herzen, weil sie nun selbst ausgesprochen hatte, wovor er sich so sehr fürchtete. Andererseits tat es ihm so unendlich weh, seiner geliebten Katharina die Wahrheit sagen zu müssen.
„Du hast es gewusst?“
„Nein, Berthold, nicht gewusst. Aber ich bin nicht dumm und kann eins und eins zusammenzählen. Nach den Drohungen von Etzelroth gestern beim Maigeding und nachdem ich deine Augen gesehen hatte, habe ich es mir schon gedacht. Und was bleibt dir anderes übrig? Ich halte dich nicht. Ich kann es verstehen.“
Entgeistert schaute Berthold sie an.
„Du bist mir nicht böse? Du bist nicht einmal traurig?“
Katharina blickte Berthold ihm fest in die Augen: „Nein, natürlich nicht. Warum sollte ich? Ich werde nämlich mit dir kommen.“
Berthold sprang aus dem Gras auf.
„Nein, das wirst du nicht! Bist du verrückt? Weißt du denn nicht, was dir blühen kann? Ich bin dann vogelfrei! Jedermann kann mich gefangen nehmen und töten, ganz wie es ihm beliebt. Oder mich an den Vogt verkaufen. Du würdest dieses Schicksal mit mir teilen. Monate oder vielleicht gar Jahre auf der Flucht. Immer die Angst vor den Verfolgern im Nacken.“
Katharina blieb ganz ruhig. Sie hatte mit Bertholds Gegenwehr gerechnet und sich ihre Worte bereits sorgsam zurechtgelegt.
„Ja, das mag stimmen. Aber dann müssen wir eben so weit weg ziehen, dass uns der Vogt nicht mehr finden kann.“
„Und dein Vater?“, rief Berthold. „Was ist mit ihm? Willst du ihn einfach im Stich lassen?“
„Es ist mir egal, ob ihm das gefällt!“, entgegnete Katharina bestimmt, „es ist schließlich mein Leben.“
Mit Frauen zu diskutieren, soviel hatte Berthold bereits früh erkannt, hatte wenig Sinn. Darum sagte er nun etwas, wofür er sich eigentlich hasste. Aber er sah keinen anderen Ausweg mehr.
„Nein, Katharina. Wenn du wirklich darauf bestehst, mich zu begleiten, dann sehe ich nur einen Weg, um dich davon abzubringen. Ich werde mich Vogt Etzelroth stellen. Gleich morgen früh gehe ich nach Dreieichenhayn und begebe mich in seine Hände. Ich kann wohl über mein eigenes Leben bestimmen, aber wenn dir etwas zustieße, das würde ich niemals vor mir und dem Allmächtigen rechtfertigen können. Ich spaße nicht. Es ist mir ernst!“
Jetzt war es an Katharina, aufzuspringen.
„Du verdammter Dickschädel! Tu mir das nicht an! Lass mich nicht allein! Wie soll ich denn ohne dich leben?“, schrie sie und Tränen liefen aus ihren Augen. Berthold wollte sie in die Arme nehmen, doch sie stieß ihn weg
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