Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
einem überraschenden Ausfallschritt die Klinge durch die Brust. Der Schatten ging zusammengekrümmt und kreischend zu Boden, wo er für zwei Augenblicke fauchend gegen den Tod kämpfte, ehe er mit einem letzten Zucken erstarrte. Doch Ryan wäre nicht Ryan gewesen, wenn er nicht auf Nummer sicher gegangen wäre: Für ihn war der Kampf erst zu Ende, als er dem Schatten mit der Druidenklinge den Kopf abgeschlagen hatte.
»Bist du in Ordnung?«, rief er Derrien zu, gerade als Gwenhael vom Westwall in den Raum gelaufen kam.
»Ja«, ächzte Derrien und brachte sich in eine sitzende Position. »Macht, dass ihr das Fallgitter hochbekommt!«
Ryan steckte
Wasserklinge
zurück in die Scheide auf seinem Rücken. »Großartiges Schwert«, meinte er und eilte mit Gwenhael zur Winde, die sich an der Stirnseite des Raumes befand, eingroßer Mechanismus mit einem alten, gusseisernen Zahnrad und zwei langen, hölzernen Hebeln. »Ich wünschte nur, dein Bruder wäre nicht ganz so kräftig gewesen.«
Derrien nickte. Wie
Steinbeißer
hatte auch
Wasserklinge
Ronan gehört. Dank dessen magischer Stärke hatte sein Bruder das lange Schwert problemlos mit einer Hand führen können, doch selbst Derrien fand sie unhandlich. Er stand auf, als der Schmerz in seiner Flanke halbwegs erträglich geworden war, und suchte nach seinen Waffen, die er irgendwo zwischen den Türen fallen gelassen hatte. Nachdem er sie gefunden und wieder an sich genommen hatte, eilte er zur Tür zum Südwall, zog den Bolzen zurück und öffnete die Tür.
Inzwischen hatte sich eine stattliche Anzahl Nain im Burghof versammelt. Ihre Anführer riefen in mehreren Sprachen Kommandos durch die Gegend, neben dem Glockenturm lehnten bereits Leitern an den Wänden, über die die Nain auf die Wehrgänge kletterten. Murdoch und die beiden Vettern hatten sich mittlerweile auf den Südwall vorgekämpft und wehrten sich tapfer gegen einige Krieger, die ihnen vom Ostturm her nachsetzten.
»Murdoch!«, schrie Derrien. »Hierher!«
Die Druiden sahen sich hastig um, traten dann einen schnellen Rückzug an. Sobald sie an ihm vorbei waren, warf Derrien die Tür zu. Dieses Mal machte er sich die Mühe, sämtliche Riegel zuzuziehen und den schweren Balken vorzulegen. Sein Plan sah vor, diese Tür nicht mehr zu benutzen, bis sich Trollstigen in ihrer Hand befand.
»Danke«, keuchte Padern hinter ihm. Der Druide blutete aus zahlreichen Wunden, die jedoch bereits dabei waren, sich wieder zu schließen. »Lange hätten wir das nicht mehr durchgehalten!«
Von unten war ein lautes Quietschen zu hören. Offenbar war es Ryan und Gwenhael endlich gelungen, den Mechanismus des Fallgitters in Bewegung zu setzen. Es konnte nur noch Sekunden dauern, bis die Nain seine Pläne durchschauten. »Gut, Männer«, schrie er, »es ist so weit! Wir gehen runter. Ryan, du kommst nach, sobald das Gitter oben ist! Alles andere läuft wie geplant.«
»Orgetorix fehlt«, presste Ryan zwischen vor Anstrengung zusammengepressten Zähnen hervor.
»Wir schaffen das auch so!«, rief Derrien. »Los jetzt! Gwen, Padern, sobald Ryan draußen ist, verschließt ihr hinter ihm die Tür. Danach steigt ihr nach oben in den Mittelstock und bewacht die beiden Turmschultern.« Tor- und Glockenturm besaßen beide zwei Stockwerke oberhalb des Mauerniveaus, doch hatte das oberste Stockwerk eine kleinere Grundfläche als der Rest des Turms. Die Fläche außen herum besaß nur ein Stockwerk über den Mauern und bildete eine Schulter. Derrien befürchtete, dass die Schatten versuchen würden, diese Schultern zu erklettern und so in den Turm zu gelangen. »Los! Los!«
Er eilte nach draußen auf den Westwall, wo ihm eine einzelne Gestalt entgegengerannt kam – ein großgewachsener Krieger im Kettenhemd, ein Schwert an der Seite, über der einen Schulter Pfeil und Bogen, über der anderen einen Schild. Pfeile surrten um ihn herum, doch wie durch ein Wunder schaffte er es zum Torturm, ohne ein einziges Mal getroffen zu werden.
»Orgetorix, zur Hölle«, fluchte Derrien fassungslos. »Ich dachte, du liegst mit gebrochenem Genick irgendwo am Hang!«
»Hab mich dagegen entschieden!«, erwiderte der Helvetier, während er den Schild auf den Boden fallen ließ. »Sieht so aus, als ob ich gerade noch rechtzeitig gekommen wäre!«
»Gerade so«, erwiderte Derrien. Ein Stein, nein, ein ganzer Berg schien von seinem Herzen zu fallen. »Und jetzt los, wir haben keine Zeit mehr!«
Gemeinsam stürmten sie aus dem Turm, kletterten über
Weitere Kostenlose Bücher