Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
das Niemandsland gesäubert ist, meint Ihr nicht? Ohne Rushais Armee werden die Germanen Dachaigh na Làmthuigh pflücken wie eine Blume!«
Derrien zog grimmig die Augenbrauen zusammen. Wütendwandte er sich um und starrte den Helvetier an. »Nicht mehr lange dauern? Ha! Dasselbe hat man mir vor zehn Jahren gesagt, nach den Siegen von Trollstigen und Jostedalsbreen. Du siehst ja, wie weit uns das gebracht hat. Selbst wenn wir Rushai kriegen sollten, ist da draußen noch immer Rabenfeder 26 . Er ist es, der den Dämon kontrolliert, nicht Rushai. Falls der Krieg tatsächlich ein Ende finden sollte, wird er das erst tun, wenn wir Bergen eingenommen und gesäubert haben. Wir brauchen Bergen,
und
wir brauchen eine Antwort auf die große Frage.«
»Die große Frage«, murmelte Baturix nachdenklich. »Woher kommen die Schatten? Wie vermehren sie sich und wie können wir sie aufhalten.« Er schnäuzte sich in einen Hemdsärmel. »Wie viel Wahres ist dran an den Gerüchten über das Buch, das Ihr in Bergen erbeutet habt? Hätten darin die Antworten gestanden?«
Derrien zog eine Grimasse. »Laut Keelin waren die Pikten der Antwort dicht auf den Fersen.« Und dann hatte ihr jemand das Buch gestohlen, im Umfeld der Versammlung des Hohen Rates, inmitten der größten und mächtigsten Druiden des keltischen Volks. Seitdem war es verschollen.
»Ich habe gehört«, murmelte Baturix, »dass die Pikten ziemlich eifersüchtig sein können, was mystisches Wissen angeht. Vielleicht wollten sie das Buch für sich alleine?«
Derrien brummte unwirsch. »Falls es tatsächlich die Pikten waren, verstecken sie es außergewöhnlich gut. Ich habe einen Spion zu ihnen geschickt, der bisher keine Spur davon entdeckt hat.« Dabei war Alistair sein bester Mann. Gesichtstauscher waren unter den keltischen Druiden eine wahre Seltenheit, Alistairs Begabung war außergewöhnlich. Wenn
er
dort nichts fand, standen die Chancen gut, dass die Pikten das Buch tatsächlich nicht hatten. Wer jedoch sonst noch Interesse daran haben könnte, die Geheimnisse der Schatten unter Verschluss zu halten, war ihm ein Rätsel.
»Also sind wir von einer Antwort ebenso weit entfernt wie eh und je«, kommentierte Baturix.
Derrien nickte. »Ganz genau. Es ist unser Fluch, auf diese Frage keine Antwort zu finden.«
»Herr Derrien!«, rief eine Stimme vom Glockenturm herab. »Sie kommen! Sie kommen!«
Derrien wandte sich um und sah in das Tal hinab. Der Lagerfeuer-Kreis der Nain-Nachhut hatte eine Beule bekommen, wie der Buchstabe Q. Das Schwänzchen zeigte direkt in ihre Richtung.
Fackeln.
Nain-Krieger.
»Ich sehe es«, rief er zurück. »Bleibt ruhig. Wir können nichts tun, als zu warten!« Er starrte weiter nach draußen.
Zwanzigtausend Mann gegen zweihundert Waldläufer, die ihm nach der Erstürmung der Festung noch geblieben waren. Es war Rushais Hammerschlag, den er überstehen musste. Er betete zu den Göttern, dass die Festung Trollstigen Schild genug war, ihn abzuwehren.
»Das sind so verdammt viele«, murmelte Rieg mit ehrfurchtsvoller Stimme. Der schmale Bretone, der in seinem zu großen Wintermantel beinahe verschwand, hatte sich weit über die Brustwehr gebeugt und starrte wie gebannt das Tal hinab.
Baturix neben ihm nickte. Es waren wirklich viele. Der Fackelzug der Nain erstreckte sich mittlerweile vom Lager der Nachhut durch das gesamte Tal bis hin zur Treppe. Langsam wand sich der Heerwurm nach oben, Serpentine um Serpentine. Es waren Tausende. Zehntausende. Rushais gesamte Armee oder zumindest ein Großteil davon. Und sie waren gerade einmal zweihundert …
Er kommandierte immer noch die gleiche Truppe, die er schon seit der Insel Sekken anführte. Budog war im Schildwall gefallen, so dass ihm nun noch die beiden Bretonen Rieg und Alan sowie die Schotten Robert, Leod, Kenzie und Duncan blieben. Sechs Mann, die mit ihm die linke, die westliche Schulter des Glockenturmshalten sollten. Sieben Schwerter, sieben Schilde, sechs Bögen, seine Armbrust und eine Axt, um Taue zu kappen und Leiterhaken zu zerschlagen. Er schickte ein Stoßgebet zu Dagda, dass es reichen würde.
»Eine Scheißidee, sich hier oben zu verschanzen«, murrte Robert. Die Verachtung in seiner Stimme war nur zu deutlich zu hören. »Wir werden hier alle draufgehen.«
»Tatsächlich«, brummte Alan. Der bretonische Fischer saß in seinen Umhang eingehüllt in der Ecke zwischen der Brustwehr der Turmschulter und der Mauerwand zum Hauptturm, wo ihn der Wind nicht erreichen
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