Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
Chance zu überleben.“
Karolina fuhr mit der scharfen Messerklinge über ihren Unterarm. Blut quoll aus dem Schnitt, das sie über Dominiks Mund tropfen ließ. Seine Zunge glitt über die Lippen, um den Leben spendenden Saft zu trinken.
Es dauerte nicht lange, und sein blasser Teint verfärbte sich rosa. Er fühlte sich stärker, spürte, wie die Lebensenergie in seinen Körper zurückgelangte, und konnte nicht genug von dem süßen Blut bekommen.
Karolina senkte ihren Arm, damit Dominik aus der Wunde trinken konnte. Mit jedem Schluck wurde sein Griff, mit dem er ihren Arm umklammerte, fester.
Plötzlich schob er ihren Arm von sich und rückte von ihr ab. Entsetzen lag in seinem Blick. „Was hast du getan? Ich wollte nicht ...“, stammelte er und wischte sich mit dem Handrücken über den blutverschmierten Mund.
Karolina lächelte. „Ohne mein Blut wärest du gestorben. Ich habe es dir freiwillig gegeben. Weil ich dich liebe, Dominik.“
Er schwieg.
„Wer garantiert dir, dass ich es nicht wieder tue?“, fragte er dann.
„Es gibt im Leben für nichts eine Garantie. Aber ich weiß, dass du dich beherrschen kannst. Schließlich hast du es mir schon oft bewiesen.
Alles, was zählt, ist, dass du lebst. Ich bin fast wahnsinnig vor Angst um dich geworden, als ich hörte, du solltest in der Nacht des blauen Mondes geopfert werden.“ Sie unterdrückte die aufsteigenden Tränen.
„Wie hast du mich gefunden? Und wie konntest du an Jiri vorbei?“
„Wir hörten dein Klopfzeichen und haben alle Räume nach dir abgesucht.“
„Der Graf und seine Gefährtin wurden von Karolina zur Strecke gebracht“, unterbrach Malvina, ein triumphierendes Lächeln auf den Lippen.
„Du hast ... sie vernichtet? Wenn ich nur geahnt hätte, in welcher Gefahr du schwebst ...“ Fassungslos sah Dominik zu Karolina auf.
Sie nickte und legte ihm einen Finger auf den Mund.
„Es ist vorbei, Dominik. Wir sind frei. Lass uns gehen.“ Sie reichte ihm die Hand, die er ergriff.
Noch immer schwankte er ein wenig, als er vor ihr stand. Dann zog er sie in seine Arme und presste sie an sich.
„Jetzt wird uns nichts mehr trennen, Karolina“, flüsterte er in ihr Haar.
46.
Dominik stützte sich auf die Schultern der beiden Frauen, denn er fühlte sich noch immer benommen. Er atmete erleichtert aus, als er sah, dass Stufen aus den Katakomben nach oben führten. Nie wieder wollte er diesen Ort betreten.
Die Erinnerungen an die vergangenen Stunden schwirrten durch seinen Kopf. Nicht ohne Stolz blickte er auf die Versuchung zurück, der er widerstanden hatte. Fast hätte er sich auf Eliska gestürzt, um von ihrem Blut zu trinken. Er sah zu Karolina, deren Blut er noch immer in seinem Mund schmeckte. Nie hatte er etwas Köstlicheres probiert. Es machte süchtig. Aber es durfte nicht sein. Schließlich konnte er sich nicht jeden Abend auf sie stürzen, um davon zu trinken.
Dominik wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Malvina seinen Arm zurückschob, um die massive Holztür zu öffnen.
„Verdammt, wir haben den falschen Ausgang erwischt. Jetzt müssen wir durch die Stadt.“ Malvina schlug mit der flachen Hand gegen ihre Stirn.
„Ich schaff das schon“, beruhigte sie Dominik.
„Dann lasst uns weitergehen. Ich bin total erschöpft“, drängte Karolina.
Tief atmete Dominik die laue Luft ein. Über ihnen wölbte sich der Nachthimmel mit dem bläulich schimmernden Mond.
„Wenn du mich nicht gerettet hättest, dann wäre ich jetzt ...“, sagte er.
„Pst. Genieße den blauen Mond und betrachte dein Leben als neu gewonnen“, unterbrach ihn Karolina und hauchte einen Kuss auf seine Wange.
„Darüber könnt ihr auch später noch philosophieren. Ich will zu Hana.“ Malvina legte Dominiks Arm wieder um ihre Schultern.
Schweigend liefen sie die schmale Gasse hinab, die zur Moldau führte. Ein lauer Wind strich über den Fluss und trug Blütenduft mit sich.
Bald würden die Gärten in aller Pracht erblühen. Plötzlich blieb Dominik stehen und schnupperte.
„Was ist?“ Karolina sah zu ihm auf.
„Ich rieche einen Vampir.“
„Wer ist es?“
„Drazice!“
Sofort zückten Karolina und Malvina Schwert und Armbrust.
Dominik legte seine Hand auf ihren Arm und schnüffelte wieder.
„Drazice ist dort unten in dem kleinen Wald.“ Er streckte seinen Arm aus und deutete auf die Bäume, die im Wind rauschten.
„Hana!“, entfuhr es Malvina.
„O mein Gott, wir müssen sofort zu Carlottas Haus.“ Karolina wollte
Weitere Kostenlose Bücher