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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
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wegen war es meist
Imobstgarten, der unter ihnen das grosse Wort führte, sondern auch weil er
reden konnte wie ein Buch – «Fast wie ein Studierter!», fand der Jüngste in der
Runde, Markus Blaser. Vermutlich war es seine unverhohlene Bewunderung für
Imobstgarten, die ihm den Platz unter seinen Kumpels verschafft hatte, denn er
war einige Jahre jünger als die anderen und noch nicht einmal volljährig.
Jedenfalls war Imobstgarten empfänglich genug, um Markus Blasers Heldenverehrung
zu geniessen.
    Obwohl Handwerker wie alle anderen in seinem Freundeskreis, hatte
Imobstgarten unter ihnen nach und nach die Führungsrolle übernommen. Auch
seinen Glatzenlook kopierten längst alle. Wenn er befand, Tadic müsse aus dem
Verkehr gezogen werden, dann fanden die anderen das auch. Nur wie sollte man
das anfangen? Bert Glauser stellte diese praktische Frage. Einfach würde das
nicht werden, denn Tadic war nicht nur kräftig, sondern auch eigentlich nie
allein.
    Dazu kam noch eine weitere Schwierigkeit. «Mir sind sozusagen
einstweilen die Hände gebunden», erklärte Imobstgarten. «Dieser übergeschnappte
Bulle, der mir dauernd hinterhergeschnüffelt hat, weil er mich unbedingt in den
Knast bringen wollte, ist jetzt zwar in der Klapsmühle, aber schon die kleinste
Kleinigkeit kann bedeuten, dass ich meine bedingte Gefängnisstrafe absitzen
muss.»
    Dafür hatten seine Kumpane volles Verständnis. Ein Angriff auf
Tadic, schlug einer vor, müsse eben ohne den stärksten Mann der Gruppe
ausgeführt werden. Imobstgarten selbst sollte sich auf die Planung beschränken.
Das schien durchführbar.
    «Allein der Gedanken wegen kann man jemanden ja nicht einbuchten»,
sagte Imobstgarten. Und er hatte die richtigen Gedanken, davon war er selbst
genauso überzeugt wie seine engsten Vertrauten.
    * * *
    Eine halbe Stunde vor dem geplanten Überfall sassen Imobstgarten
und acht seiner Freunde in ihrer bevorzugten Gaststätte «Winkelried». Das Lokal
«Wildstrubel», wo der Überfall stattfinden sollte, lag auf der
gegenüberliegenden Strassenseite. Über dessen Namen wunderte sich so mancher,
denn nirgends vom Bödeli aus konnte man den Wildstrubel, einen imposanten
Gletscherberg in den Berner Alpen, sehen. Doch der deutschstämmige Wirt hatte
gar nicht an den Berg, sondern an seine Ehefrau gedacht, als er dem Lokal
diesen Namen gab, eine rassige Jenische mit wilden roten Haaren, fast fünfzehn
Jahre jünger als er. Der Wirt und seine ungewöhnliche Lebenspartnerin waren
einer der Gründe, weshalb Imobstgarten und seine Anhänger sich fast nie im «Wildstrubel»
blicken liessen.
    Imobstgarten stellte den Aktionsplan vor, sozusagen in aller
Öffentlichkeit. Weder ihn noch seine Befehlsempfänger – es wurde nicht
diskutiert, sondern angeordnet – schien es zu stören, dass die nicht
beteiligten Gäste etwas davon mitbekamen. Schliesslich waren das alles Leute,
die so dachten wie sie selbst; Imobstgarten kannte ja die meisten vom Sehen.
    «Alles klar!», wies er seinen kampfbereiten Schlägertrupp an. «Tadic
ist eben mit zwei Begleitern im ‹Wildstrubel› eingetrudelt. Die Namen der
Begleiter kenne ich nicht, aber es sind auch irgendwelche ‹ics› . Davor sind noch einige Bubis mit ihren Gören im
Schlepptau hineinstolziert. Das sind wahrscheinlich Einheimische; kann sein,
dass sie mit Tadic zusammen die gleiche Klasse im Gymnasium besuchen. Die
werden sich hüten, sich einzumischen, ansonsten vermöbeln wir sie eben auch.
Jetzt trinkt alle noch ein grosses Bier. Ich bleibe hier und koordiniere über
Handy den Einsatz. Und haltet euch daran: Die ersten zehn Minuten provozieren
wir nur, genau so, wie wir es abgesprochen haben.»
    Imobstgarten setzte ein breites Grinsen auf, wohl wissend, dass er
nie etwas mit anderen absprach, sondern immer nur
befahl. Das hatte sich vor allem deshalb ergeben, weil die anderen so hohl im
Kopf waren, dass sie froh sein mussten, wenn jemand ihnen sagte, was sie tun
sollten. Aber natürlich gefiel es ihm auch, dass er selbst kommandieren konnte
und andere auf sein blosses Wort hin sprangen.
    Der «Wildstrubel»-Wirt fluchte leise, als er die acht bereits
angetrunkenen Skinheads ins Gastzimmer torkeln sah. Demonstrativ setzten sie sich
an den grossen Tisch, an dem Tadic und fünf weitere Gäste Platz genommen
hatten. Der Platz dort reichte allerdings nur für alle aus, wenn die
Neuankömmlinge die Anwesenden ein wenig wegschoben. Und das taten sie. Aber
Tadic dachte nicht daran, sich provozieren zu

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