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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
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wies mit
ausgestrecktem Zeigefinger auf Tadic und fragte ihn nach seinem Namen.
    Lächelnd antwortete er: «Bruno Tadic … Tadic mit ‹ic›.»
    «Also doch: Du bist ein Jugo. Wenn du meinen Befehlen nicht Folge
leistest, kannst du noch grau werden in unserer Arrestzelle.»
    «Erstens: Ich bin Schweizer, und das seit meiner Geburt. Zweitens:
Ich bin erwachsen und mit Ihnen nicht auf Du. Bitte siezen Sie mich also.»
    «Wo arbeitet dein Vater?»
    «Im Spital Interlaken.»
    «Ist er im Putzdienst?»
    «Er ist Arzt.»
    «Waas? Erzähl keinen Scheiss!»
    «Du kannst meine Klassenkameraden fragen. Du kannst aber auch im
Telefonbuch unter ‹Tadic› nachschauen …»
    «Was fällt dir ein, mich zu duzen?»
    «Das Gleiche wie dir, du duzt mich ja auch.»
    Lautes Lachen, besonders von den jungen Frauen.
    Habegger behagte dieses Verhör längst nicht mehr. Ausserdem kam ihm
der Verdacht, dass er lächerlich wirkte, weil er sich den Hals so verrenken
musste, um dem baumlangen Frechling überhaupt ins Gesicht schauen zu können. Er
wirbelte seinen Schlagstock in der Luft umher, dann wandte er sich an seinen
Kollegen: «Lauber, schlag du dich mit diesem Kerl herum. Ich kümmere mich um
den mit der Bomberjacke und dessen Kollegen.»
    Lauber, ein schlaksiger Mittzwanziger, widersprach: «Derjenige, der
Tadic verhört, sollte auch denjenigen mit der Bomberjacke befragen. Es gilt
schliesslich abzuklären, wer für die Schäden im ‹Wildstrubel› aufkommen muss.»
    «Dann mach du doch den ganzen Mist allein!», verfügte Habegger
unwirsch. «Blatter und Wampfler können dir dabei assistieren. Ich gehe wieder
auf den Posten zurück. Die anderen sollen mich begleiten.» Er warf Lauber, der
sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte, einen bösen Blick zu. Konnte es sein,
dass dieser Grünschnabel es mit seiner Bemerkung darauf angelegt hatte, ihm das
Verhör abzuluchsen? Zur Gesichtswahrung, entschied er, blieb ihm so oder so nur
noch ein geordneter oder wenigstens geordnet aussehender Rückzug. Den trat er
an, und das Letzte, was er vernahm, als er das Feld räumte, war der Protest des
Kerls mit der Bomberjacke: Er werde sich von Wachtmeister Habegger oder gar
nicht befragen lassen.
    Den Burschen kannte er, wenn auch nur vom Sehen – auch Habegger
besuchte regelmässig die Gaststätte «Winkelried». Er hörte noch, wie Lauber ihm
ziemlich unwirsch ins Wort fiel: «Das hätte gerade noch gefehlt, wenn solche
Radaubrüder sich auch noch die Polizisten aussuchen könnten!»
    Habegger ärgerte sich plötzlich sehr darüber, seinem Kollegen dieses
Verhör überlassen zu haben.
    * * *
    Die acht Skinheads wurden nach dem Verhör durch den
Polizeibeamten Beat Lauber bis zum nächsten Morgen in den Arrestzellen des Polizeipostens
Flurmühle eingesperrt, wegen Hausfriedensbruch angeklagt und in der
nachfolgenden Gerichtsverhandlung zu happigen Bussen verurteilt. Zudem mussten
sie für den angerichteten Schaden im «Wildstrubel» aufkommen. Die anderen
Festgenommenen durften noch am selben Abend nach Hause.
    Am folgenden Tag war die Schlägerei der Lokalzeitung «Oberländer
Bote» eine Schlagzeile wert. Irritiert las Lauber morgens beim Kaffeetrinken
den Artikel, der überhaupt nicht dem entsprach, was er erlebt hatte. Von einer
«Schlägerei zwischen Rechts- und Linksextremen» wurde berichtet; der
Sachschaden sei gross, mehrere Randalierer aus beiden Gruppen seien noch in
Haft.
    Ob er bei der Zeitung anrufen und die Fehler richtigstellen sollte?
Er hätte grosse Lust dazu gehabt. Dann kam ihm ein anderer Gedanke: Noch besser
war es wohl, eine Medienmitteilung zu schreiben und sie Leutnant Binggeli
weiterzugeben. Damit war der Dienstweg korrekt eingehalten, und sein
Vorgesetzter konnte sich nicht übergangen fühlen.
    Lauber fiel aus allen Wolken, als Binggeli nur den Kopf
schüttelte, nachdem er seine Richtigstellung gelesen hatte. Das zu
veröffentlichen sei nicht mehr nötig.
    «Hat denn schon jemand eine Richtigstellung veranlasst?», erkundigte
er sich. Dass es einer seiner Kollegen gewesen sein könnte, erschien ihm schwer
vorstellbar.
    «Niemand», musste der Postenkommandant zugeben. «Es ist nicht nötig,
wegen jeder Kleinigkeit mit den Zeitungen herumzustreiten. Die schreiben
ohnehin, was sie wollen.»
    «Aber das grenzt doch an üble Nachrede!», protestierte Lauber. «Die
Angreifer waren eindeutig die Glatzköpfe. Und wieso Linksradikale? Die anderen
waren ganz normale junge Leute.»
    «Jugos», berichtigte Binggeli.
    «Nur

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