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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
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lassen. Er stand einfach auf und
nahm an einem andern Tisch Platz, wo bereits einige ihm anscheinend bekannte
Jungen und Mädchen sassen. Auch die anderen beiden, deren Namen mit «ic»
endeten, nahmen sich einen freien Stuhl und schoben ihn in seine Nähe.
    So war das nicht geplant gewesen. Die Glatzköpfe sahen sich
genötigt, neue Anweisungen von Imobstgarten einzufordern, der die Situation von
der gegenüberliegenden Strassenseite aus genau beobachtete. Angestrengt
schauten sie auf ihre Handys. Dann erhob sich der Grösste von ihnen, ein Kerl
in einer Bomberjacke und mit einer auffälligen Narbe an der Stirn, winkte den
Wirt herbei und grölte überlaut: «Wir wollen etwas essen und trinken.»
    Der Wirt nahm sich Zeit und fragte erst die anderen Gäste, ob sie
noch etwas bestellen wollten.
    «Bekommen wir nichts?», tönte es prompt vom grossen Tisch her.
«Zuerst musst du wohl noch deine geliebten Jugos, Albaner und Moslems füttern,
und dann kommen erst wir Schweizer, du Sauschwabe du!»
    Die Miene des Wirts verfinsterte sich. «Wenn es Ihnen hier nicht
passt», sagte er laut, «dann sind Sie herzlich eingeladen zu verschwinden. Ich
bediene nur anständige Gäste.»
    «Was hat er gesagt, dieser Scheisser?», maulte der mit der
Bomberjacke.
    «Wenn er nicht bald was zu essen ranschafft, schlagen wir ihm den
Laden kurz und klein», röhrte sein Nebenmann.
    Der Wirt griff zum Telefonhörer und stellte den Anruf auf
Lautsprecher, sodass alle im Lokal das Gespräch mitverfolgen konnten.
    «Posten Flurmühle, Wachtmeister Habegger.»
    «‹Café Wildstrubel›, ich habe hier einige angetrunkene junge
Radaubrüder, die Streit suchen.»
    «Wohl Albaner und andere Jugos? Wir kommen gleich!», war aus dem
Lautsprecher zu vernehmen.
    «Die Albaner und Jugos benehmen sich alle anständig», berichtigte
der Wirt. «Das Problem …», er zählte, «… sind acht Skinheads.»
    «Hören Sie mal, wegen denen brauchen wir gar nicht erst zu kommen»,
wurde er barsch abgefertigt. «Das sind unserer Erfahrung nach alles anständige
Jungs.»
    Vom Tisch der Glatzköpfe erklang dröhnendes Gelächter und
Schenkelklopfen über diese unerwartete Schützenhilfe. Dem Wirt blieb nichts
anderes übrig, als den Hörer aufzulegen, aber er machte keine Anstalten, die
Skins zu bedienen.
    Ein etwa siebzehnjähriges Mädchen rief dem Wirt über die Tische
hinweg zu: «Mach dir nichts draus, Klaus, diesen Habegger kenne ich. Er ist ein
Nachbar von uns, ein vollgefressener Spiesserbulle, blöder als ein
durchgedrehter Gockel. Wenn man den so reden hört, wundert man sich, dass er
nicht selbst mit einem Glatzkopf herumläuft. Eigentlich gehört der eher heute
als morgen bei der Polizei rausgeschmissen.»
    «Hört ihr diese Schlampe? Ich glaub, die muss ich heute Abend noch
schwängern!», brüllte der mit der Bomberjacke.
    Nun erhob sich Tadic. Laut und deutlich sagte er: «Wenn du diese
Frau anrührst, dann werde ich dir eine Abreibung verpassen, die du so schnell
nicht vergessen wirst.»
    «Was unterstehst du dich, hier derart das Maul aufzureissen und uns
zu beleidigen, du mieser Drecksjugo?», rief ein blank rasiertes Pickelgesicht,
während der Bursche mit der Bomberjacke sein Handy zückte. «Jetzt kannst du was
erleben!», krähte der Picklige weiter. «Wir treten dir mit unseren
Springerstiefeln die Eier platt. Dann gibt es immerhin einen weniger, der neue
Jugo-Brut zeugen kann!»
    Noch ehe er fertig gesprochen hatte, war das Telefonat seines
Kumpans beendet. Der Bomberjackenträger klopfte auf den Tisch und wartete, bis
es ruhig war. Auch als die Blicke der anderen auf ihm ruhten, blieb es noch
einige Sekunden still am Tisch. Dann rief er in die Stille hinein: «Los, Kameraden!»,
und die acht Skinheads erhoben sich wie ein Mann.
    Aber auch am Tisch von Tadic sprangen junge Männer auf. Biergläser
und Flaschen flogen, bald gingen die ersten Scheiben zu Bruch.
    Der Wirt rief erneut bei der Polizei an. Diesmal sagte man ihm Hilfe
zu, und als etwa zehn Minuten später zwei Polizisten zur Stelle waren,
forderten sie sofort Verstärkung an. Etwa dreissig junge Leute wurden in
Handschellen abgeführt und zur Vernehmung in eine nahe Turnhalle gebracht.
    «Die Schweizer auf die rechte, die Jugos auf die linke Seite»,
kommandierte Habegger. Alle gingen auf die rechte Seite. Habegger, ein
dickliches, ziemlich klein geratenes Männlein um die fünfzig, war empört, zumal
über das Kichern, mit dem man sich zusätzlich über ihn lustig machte. Er

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