SchattenGrab
dessen Knöpfe plötzlich hochsprangen, als Detlef auf die Fernbedienung drückte. In diesem Moment hatte er schon längst nicht mehr damit gerechnet und zuckte zusammen. Das war ja der Hammer! Er hatte den Wagen tatsächlich gefunden. Das würde hoffentlich auch Peter Kruse beeindrucken und etwas friedlicher stimmen.
Zunächst dachte er darüber nach, seine Handschuhe aus der Innentasche zu ziehen und selbst im Fahrzeug nach Hinweisen auf den Halter zu suchen. Doch dann zähmte er seine Neugier und rief auf der Wache an. Ergab das Kennzeichen zwecks Überprüfung und Halterfeststellung an und bat darum, die Spurensicherung zu ihm zu schicken. Vielleicht kam wieder das Team, das er schon kannte. Bei dem Gedanken wurde ihm heiß und kalt und damit eines klar: Er hatte Feuer gefangen.
Toni
An diesem Tag hatte Toni die Schnauze voll. Sie war froh, dass sie wieder nach Hause fahren konnte in ihr wohlgeordnetes Chaos. Das Leben als alleinerziehende Mutter war stressig, wenn man „nebenbei“ noch den ganzen Tag arbeiten musste. Da war es gut, auch mal den einen oder anderen Freiraum zu nutzen, wenn beispielsweise Feiertage gerade dazu einluden, den Brückentag freizumachen.
Dass sich der heutige Tag aber so entpuppen würde, hätte sie nicht vermutet.
Zuerst diese merkwürdige Begegnung mit Sophies Gesicht in einem Engel, der in Mariannes Diele schwebte, dann der Streit mit ihrer Schwester. Sie wusste überhaupt nicht, was sie von diesen beiden Ereignissen halten sollte.
Hätte sie Marianne darauf ansprechen sollen? Hätte sie ihre Schwester sanfter behandeln müssen, eher wie eine Kranke? Mit Verena hatte sie als Schwester mehrere Phasen durchmachen müssen. Früher hatten sie eine sehr enge Beziehung gehabt, dann war Justus gekommen und für Toni war keine Zeit mehr geblieben. Dann wieder eine Spanne von Anhänglichkeit bis zu dem Zeitpunkt, als Sophie auf die Welt gekommen war. Da war sie plötzlich abgemeldet. Toni hatte das sehr wehgetan, denn der Zustand änderte sich nicht mehr, nicht einmal, als die Kleine verschwand. Vorher war Sophies zeitraubende Betreuung der Grund der Distanz zwischen den Schwestern gewesen, jetzt war es der Schmerz ihres Verschwindens.
Toni beschlich das Gefühl, dass es nie mehr so werden würde, wie es in jungen Jahren einmal gewesen war. Sie befanden sich in einer Art Lauerstellung. Da war die Angst vor der Kritik der anderen, den Vorstellungen nicht genügen zu können. Das machte es der Geschwisterliebe schwer, sich zu zeigen. Keine wollte die Schwächere sein. Jede wollte beweisen, dass sie dem Leben durchaus gewachsen war – bis jetzt, wo Sophie verschwunden war. Da war die Fassade fadenscheinig geworden und bröckelte. Sie gab den Blick auf Verenas Verwundbarkeit frei, die mit Händen und Füßen versuchte, genug Staub aufzuwirbeln, um unentdeckt zu bleiben.
Sie ließ den Schrei, der aus ihr selbst herauskam, nicht zu und erstickte ihn mit Tabletten.
Toni hätte gerne geholfen, aber sie drang nicht durch zu Verena, weil sie selbst in ihren eigenen Mauern gefangen war.
Die Sektion
Wie immer sah Nadja entzückend in ihrer grünen Kleidung aus, fand Peter. Zu dem blonden Wuschelhaar der Rechtsmedizinerin und ihrem hellen Teint, passte der Farbton wunderbar. Etwas bizarr war allerdings der Clip im Ohr, der sich zur Wange hin verjüngte.
„Ach, Wolf, das ist ja schön. Bist du wieder im Dienst? Ich dachte, du bringst den Neuen mit, Peter“, sagte sie.
Peter warf einen Seitenblick auf Hetzer und antwortete: „Wir hatten beide Sehnsucht nach dir. Der Kollege ist außerdem nicht so ein Freund von Körperöffnungen.“ Das brachte ihm wegen der Doppeldeutigkeit einen weiteren strengen Blick von Wolf ein.
„Na gut, dann lasst uns gleich anfangen. Ihr werdet die ersten Augenzeugen meiner neuen Errungenschaft. Ich diktiere hier gleich in dieses Mikro im Headset. Ist doch irre, oder? Da kann ich gleichzeitig mit den Händen arbeiten während ich spreche.“
„Heißt das, dass wir keine Zwischenfragen stellen können?“, wollte Wolf wissen.
„Nein, wieso? Das kommt dann mit ins Protokoll. Vielleicht solltet ihr Anzüglichkeiten oder eure Hahnenkämpfe unterlassen“, sagte sie und grinste. „Na, dann kommt mal mit rein, ich hab ihn schon auf dem Sektionstisch.“
„Noch ganz gut in Schuss, der alte Mann“, stellte Peter bewundernd fest, als Nadja das Tuch von seinem Körper entfernt hatte. Der Tote war noch vollständig bekleidet.
„Manch einer achtet eben auf sich,
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