SchattenHaut
dazu kann ich euch später mehr sagen – ist zu weit in Richtung Nacken eingedrungen und wurde mit nicht genug Kraft ausgeführt. Das könnte dafür sprechen, dass es das erste Mal war, dass er versucht hat, jemanden zu enthaupten. Wenn das Opfer Glück hatte, ist es dadurch bereits bewusstlos geworden. Schlag Nummer zwei wurde durch den fünften Halswirbel gebremst, hat aber die Aorta durchtrennt und für das Blutbad hier gesorgt. Schlag Numero drei hat den Rest besorgt. Er ist zwischen C5 und C6 durchgegangen und hat den Kopf, der da wahrscheinlich schon nach vorne hing, endgültig vom Körper getrennt.“
Hetzer zog seinen Schal dichter. Er schauderte.
„Und der Kopf, wo hast du den?“
„Die Augen habe ich geschlossen. Du kannst ihn gerne sehen.“ Mica hob ihn an den Haaren hoch. Die Beamten traten einen Schritt zurück.
„Was habt ihr denn, ihr Mimosen? Ich will die Haut nicht berühren. Er muss noch untersucht werden.“ Mica legte den Kopf wieder ab. „Seppi, ihr könnt sie jetzt mitnehmen. Ich mache in der Rechtsmedizin weiter. Danke.“
„Mica, ich bin gekommen, weil ich vermute, dass diese Tote etwas mit unseren Fällen zu tun hat. Ich muss unbedingt sofort Bescheid wissen, wenn du sie auf dem Tisch hattest.“
„Wie kommst du denn darauf? Du kannst gerne mitkommen. Dann bist du hautnah dabei.“
„Lieber nicht. Es reicht, wenn du mich gleich anrufst. Dann erzähle ich dir auch, warum mir diese Idee kam.“
„Na, da bin ich aber mal gespannt. Hast übrigens Glück gehabt. Ich hatte schon den Nienburger Kollegen angerufen. Er wird das Vergnügen meiner Gesellschaft am Sektionstisch haben. Bis später dann.“ Mica schnappte ihren Koffer, wechselte noch zwei Worte mit Dickmann und Hofmann und bahnte sich dann ihren Weg durchs Gesträuch zum Auto.
„Ja, dann lasst uns doch mal auf die Wache fahren“, sagte Dickmann und rieb sich die kalten Finger.
„Dort reden wir weiter. Ich bin echt gespannt.“
„Ich muss eben noch zu Hause vorbei. Meine Ledersohlen sind ganz durchgeweicht.“
Hofmann war von einer Feier direkt zum Tatort gefahren. Das hatte den feinen Hirschledernen nicht gutgetan.
„Ich komme dann nach. Ihr könnt ruhig schon anfangen.“
„Kannst du mir auf dem Rückweg was von der ,Quickteria’ mitbringen? Ich hab noch nichts intus.“ Peter machte sich Sorgen um seine Kalorienversorgung.
„Was soll es denn sein?“
„Na was wohl. Currywurst, Pommes rot-weiß!“
„Noch jemand was?“
„Bring mal für uns alle was mit. Gemischt“, warf Dickmann ein. „Ich schätze, wir kommen sonst nicht dazu und der Magen hängt uns in den Knien.“
„Alles klar, bis später dann. Du kannst ja mit Hetzer und Kruse fahren.“
Es roch noch genau wie früher auf der Wache in der Ulmenallee. Hetzer überlegte, dass sich die Sinne solche Dinge vor allem einprägten. Wie etwas duftete, wie das Licht durch die Fenster fiel, was für ein Gefühl man dabei hatte. Er schob die Erinnerungen weg, die auf ihn einstürmen wollten, und konzentrierte sich auf das Jetzt. Kruse hatte einen Teller Lebkuchenherzen entdeckt, hoffte, dass sie mit Marmelade gefüllt waren, und platzierte sich passend.
„Mensch ja“, dachte Hetzer, „ist schon bald der erste Advent. Ziemlich früh in diesem Jahr.“
„So, Wolf, nun bin ich gespannt, was dich über den Berg getrieben hat. Schieß los!“
„Ihr habt doch verfolgt, dass wir vor einigen Wochen eine männliche Leiche am Ufer der Weser gefunden hatten. Sie war kastriert und der Adamsapfel war entfernt worden. Anschließend hatte man das Opfer in der Weser ertränkt. Tatort war Hameln. Die Rattenfängerstadt.“
„Klar haben wir das mitgekriegt“, schmunzelte Dickmann. „Wir schlafen doch hier auch nicht auf dem Baum. Ihr habt dann die Moko ,Orchidee’ ins Leben gerufen. Der Name ist etwas ungewöhnlich, aber Ulf ist drauf gekommen, was ihr damit meint. Das war aber nicht euer einziger Toter, dem die Genitalien fehlten, oder?“
„Nein, wir hatten noch den Politiker Benno Kuhlmann. Er wurde ebenfalls kastriert, ist aber vorher einige Zeit gefangen gehalten worden. An einem uns immer noch unbekannten Ort. Gefunden wurde er in der Eulenburg in Rinteln. Aufgehängt und abgestochen wie ein Schwein.“
„Und was hat das nun mit unserer geköpften Frauenleiche zu tun? Eine Verbindung kann ich nicht erkennen.“
„Dazu muss ich auch etwas weiter ausholen. Zu jedem Mord lag etwas vor meiner Haustür. Ein Geschenk quasi, wahrscheinlich vom
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