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Schattenkinder

Schattenkinder

Titel: Schattenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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eigentlich war ihm nicht danach.
    Er stand auf und begann im Zimmer hin und her zu laufen. Das Knarren des Dielenbrettes, das dritte nach der Treppe, störte ihn. Und er hasste es, sich unter den Dachbalken auf der anderen Seite des Bettes ducken zu müssen. Sogar seine Modellautos, die im Regal in der Ecke fein säuberlich aufgereiht waren, gingen ihm heute auf die Nerven. Wofür brauchte er Modellautos, wenn er selbst noch nie in einem richtigen Auto gesessen hatte? Und es auch nie tun würde. Er würde nie irgendwas unternehmen oder irgendwo hinfahren.
    Er konnte genauso gut hier oben auf dem Dachboden verschimmeln. Darüber hatte er schon öfter nachgedacht, bei den wenigen Gelegenheiten, an denen Mutter, Vater, Matthew und Mark zusammen irgendwo hingegangen waren und ihn zurückgelassen hatten. Und wenn ihnen nun etwas zustieß und sie nicht wiederkamen? Ob ihn viele Jahre später jemand finden würde, tot und von aller Welt verlassen? In einem der alten Bücher auf dem Dachboden hatte er eine Geschichte über ein paar Kinder gelesen, die ein verlassenes Piratenschiff gefunden und in einer der Kabinen ein Skelett entdeckt hatten. Er würde wie dieses Skelett sein. Und jetzt, wo er nicht mal mehr ein Zimmer mit unverhängten Fenstern betreten durfte, würde er ein Skelett im Dunkeln sein.
    Bei diesem Gedanken hob Luke den Kopf, wie um sich daran zu erinnern, dass nichts als eine einzige Glühbirne über seinem Kopf die Dachbalken beleuchtete. Aber nein, da war Licht an beiden Schmalseiten des Daches!
    Luke stand auf, um sich das genauer anzusehen. Natürlich, darauf hätte er gleich kommen können. Oben im Giebel befanden sich auf beiden Schmalseiten des Hauses Ventilatoren. Der Vater schimpfte ab und zu darüber, dass er für Luke den Dachboden beheizen musste. »Das ist, als würde man das Geld zu diesen Ventilatoren rauswerfen«, pflegte er zu sagen. Aber Mutter bedachte ihn dann jedes Mal mit einem ihrer Blicke und alles blieb beim Alten.
    – 9 –
    Margaret Peterson Haddix - Schattenkinder
    Jetzt kletterte Luke auf eine der höchsten Truhen und spähte durch den Ventilator nach unten. Er konnte hinaussehen! Er erkannte einen Streifen Straße und das Maisfeld dahinter, dessen Halme im Wind schwankten. Der Ventilator drehte sich und verkleinerte sein Sichtfeld, aber wenigstens konnte ihn hier niemand entdecken.
    Einen Moment lang war Luke ganz aufgeregt, aber das ging bald vorbei. Schließlich hatte er keine Lust, für den Rest seines Lebens dem Mais beim Wachsen zuzusehen. Ohne viel Hoffnung kletterte er von der Truhe herunter und ging zum anderen Ende des Dachbodens, dem Teil, der dem Garten zugewandt lag. Er musste ein paar Kisten verschieben und einen hohen alten Hocker herbeiholen, aber schließlich waren seine Augen auf gleicher Höhe mit dem hinteren Ventilator.
    Der Garten war gar nicht zu sehen - er war viel zu nah -, stattdessen aber der frühere Wald. Luke war noch nie aufgefallen, dass das Gelände hinter dem Haus ein wenig abschüssig war, so dass man viele Morgen Land überblicken konnte, die einmal von Bäumen bedeckt gewesen waren. Jetzt herrschte dort ein emsiges Treiben. Am Rand einer Fahrspur, die man mit Schotter aufgeschüttet hatte, schoben riesige gelbe Bulldozer Buschwerk beiseite. Andere Fahrzeuge, deren Namen Luke nicht kannte, gruben Löcher für riesige Betonrohre. Fasziniert sah Luke zu. Er kannte Traktoren und Mähdrescher, klar, und er hatte sich den Holzhäcksler, den Mistwagen und die Silowagen seines Vaters in der Scheune genau angesehen. Aber diese Maschinen hier waren anders, für andere Aufgaben gebaut. Und alle wurden von unterschiedlichen Menschen bedient.
    Einmal, Luke war damals noch jünger, war ein Landstreicher zum Haus heraufgekommen. Luke hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft, sich unter dem Spülstein in der Waschküche zu verstecken, ehe der Mann im Haus war, um Essen zu erbetteln. Da die Schranktür einen Riss hatte, konnte Luke hindurchlinsen und die geflickten Hosen und die löchrigen Schuhe des Mannes erkennen. Und er hatte sein Jammern gehört: »Keine Arbeit und drei Tage nix zu beißen gehabt... nee, nee, ich kann für mein Essen nich arbeiten. Was denkt ihr denn von mir? Ich bin krank und am Verhungern...«
    Außer dem Landstreicher und auf Bildern in Büchern hatte Luke noch nie einen anderen Menschen gesehen als seine Eltern, Matthew und Mark. Er hätte nie gedacht, dass es so viele verschiedene gab.
    Viele der Leute, die die Bulldozer und die

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