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Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen

Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen

Titel: Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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hereingebrochen. Die Verletzten jammern nach mehr Rum, die Gesunden ebenfalls. Und es gibt eine Menge Reparaturen, die erledigt werden müssen. Die Grobarbeiten sind abgeschlossen, aber der Feinschliff, insbesondere im Heckbereich, wird noch einige Tage in Anspruch nehmen.«
    »Einige Spanferkel, frische Kleidung und eine Doppelration Rum werden die Stimmung heben.«
    »Oder aber den Leuten klarmachen, dass weitere schlechte Zeiten bevorstehen.« Der Steuermann schüttelte den Kopf. »Wir befinden uns derzeit im Auge des Sturms. Jedermann weiß, dass rings um uns schreckliche Dinge geschehen und dass wir diese Geschichte längst nicht hinter uns haben.«
    »Diese Geschichte ... Man wird sie einmal an den Himmelslagerfeuern erzählen. Man wird ein Garn draus spinnen, das golden ist und dessen Fasern von Heldentaten triefen. Das Garn wird länger und kräftiger werden mit jeder Wiederholung, so lange, bis seine Festigkeit die von Stahl übertrifft.«
    »Wie poetisch, Käpt'n.«
    »In mir ruht ein verkappter Romancier, Steuermann. Wusstest du das denn nicht?«
    »Bei allem Respekt: Du hast viele verborgene Talente – aber das des Dichters befindet sich nicht darunter. Überlass diese Arbeit denjenigen, die dafür geeignet sind. Den Sesselfurzern, die in irgendeiner dunklen Wohnhöhle hausen, Geschichten zugetragen bekommen und sie dann mit wohlgesetzten Worten zusammenfassen. Sie seufzen dabei laut vor sich hin, weil sie niemals die Gelegenheit erhalten, das zu sehen, zu spüren und zu leben, was wir sehen, spüren und leben.«
    »Manchmal denke ich mir, dass du der Weisere von uns beiden bist und einen weitaus besseren Käpt'n als ich abgeben würdest, Steuermann.«
    »Aber niemand kann so tollkühn lächeln wie du angesichts größter Gefahr. Und du fichtst nicht nur mit deinen Waffen, sondern auch mit deinen Worten.«
    »Schmeichler.« Arun grinste, wurde aber gleich wieder ernst. »Also schön. Lass den Matrosen einen zusätzlichen halben Becher Rum zukommen. Sie werden es als Aufmunterung verstehen. Und die Nachtwache soll auf der Hut sein. Wir treiben auf unbekanntes Land zu.«
    »Sollen wir ankern? Es wäre noch Zeit dafür.«
    »Nein. Ich möchte, dass wir so rasch wie möglich so viel wie möglich Land in Innistìr durchkreuzen. Solange wir keinerlei Hinweise haben, wohin Girne diesmal verschwunden ist, müssen wir diese geringste aller Chancen ergreifen.«
    »Du hoffst, dass wir den Dolch erfühlen? «
    »Nicht wir, sondern Nidi. Er hat Girne sorgfältig begutachtet und beschnüffelt. Er weiß über seinen Wert und seine innere Qualität besser Bescheid als jeder andere von uns.«
    »Können wir uns denn auf den Kleinen verlassen? Er ist ein wahrer Schlingel, und die Leute haben ihren Spaß mit ihm. Auch Laura hat ihm vertraut. Doch wissen wir denn wirklich, wer und was er ist?«
    »Ja. Dieselbe Frage könnte ich mir über dich stellen, Steuermann. Was weiß ich über dich? Wie lange ist es her, dass wir uns begegnet sind? Wie waren die Umstände? Hast du vielleicht all die Jahre, Jahrzehnte oder Jahrtausende auf diese eine Chance gewartet?«
    »Um was zu tun, Käpt'n?«
    »Sag du es mir ...«
    Der Steuermann sah ihn an. Lange und zweifelnd, bevor er sich beiseitedrehte und die wenigen Stufen zum Oberdeck hinabstieg. Arun hörte ihn gleich darauf Befehle bellen, mit jener lauten Stimme, die Schlafende aus der Hängematte riss.
    Arun schluckte, sein Herz war schwer. Tat er denn das Richtige, indem er jene, die ihn mochten, immer wieder mal zurückwies? Sein besonderes Schicksal ließ es nicht zu, dass er allzu tiefe Bindungen einging.
    Matrosen huschten übers Deck. Manche refften die Segel für die langsamere Nachtfahrt, andere kümmerten sich um Alltagsarbeiten. Die Planken mussten gewischt und gebohnert werden; Pollenflug, Vogeldreck und mitunter salzige Regengüsse sorgten für eine schlickige Auflage, die regelmäßig weggeputzt und abgekratzt werden musste.
    Arun beobachtete den alten Harmeau. Die Pfeife zwischen die Zähne geklemmt, kümmerte er sich eben um eines der Reservetaue. Er ölte es mit einem breiten Pinsel ein, konzentriert und hingebungsvoll. Aus dem Kopf seiner Pfeife entwichen skizzenhafte Darstellungen, die hübsche und meist nackte Frauen in den irrwitzigsten Posen zeigten. Das Kraut, das er rauchte, wandelte einen Teil von Harmeaus Gedanken in Bilder um. Arun konnte sich nicht erinnern, jemals etwas anderes als Obszönitäten aus dem Kopf der langstieligen Pfeife schlüpfen gesehen zu

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