Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
jedoch versuchen, so weit ins Weiße Licht vorzudringen, würdest du verloren gehen – vergessen, wer du bist.«
»Nicht wenn mir jemand den Weg zurück weist. Jemand, der heller strahlt als das Weiße Licht. Samuel, du würdest mich bestimmt begleiten, oder?«
Sichtlich erschrocken über diese Bitte zuckte Samuel zusammen, woraufhin Asami der Diskussion ein Ende bereitete. »Niemand begibt sich ins Weiße Licht! Was für eine absurde Vorstellung, dass der Schatten sich befreit haben und sich erneut über der Sphäre ausbreiten könnte. Unser Problem liegt im Jetzt und nicht in der Vergangenheit. Ich werde nicht zulassen, dass einige von uns einem Gespenst hinterherjagen und dabei zu guter Letzt noch im Weißen Licht verloren gehen. Jemand bedient sich der alten Techniken, so viel steht fest. Aber wenn es sich wirklich um den Schatten handeln würde, hätte er sich gewiss nicht damit
begnügt, uns eine Lektion zu erteilen. Wenn er sich aus seinem Gefängnis befreit hätte, dann wäre jetzt keiner mehr von uns am Leben. Noch einmal würde er zweifelsohne nicht das Risiko auf sich nehmen, uns in die Falle zu gehen.«
Aufgebracht setzte Kastor zu einer Erwiderung an, die jedoch in der allgemeinen Zustimmung zu Asamis Beschluss unterging. Ob es nun daran lag, dass keiner sich auch nur vorstellen wollte, dass ein vernichtet geglaubter Feind sein Unwesen trieb, oder an dem Verdacht, dass die Nennung des Schattens bloß von den gegenwärtigen Problemen ablenken sollte, war unklar. Doch darin, dass die Schattenschwingen Kastors Vorschlag nicht das Geringste abgewinnen konnten, waren sich ausnahmsweise alle einig.
Obwohl die Versammlung der Schattenschwingen noch nicht zu Ende war, musste er seinen Beobachtungsposten aufgeben. Seine Präsenz begann zu schwinden, der Faden aus Grau löste sich bereits auf. Wenn er nicht sofort in seinen Kerker zurückkehrte, lief er Gefahr, ausgelöscht zu werden. Die Kraft, die er über seine Verbindung zu Samuel bezog, reichte für einiges aus, aber er war noch weit davon entfernt, ein wahrer Bestandteil der Sphäre zu sein. Nicht, solange er seinen – oder einen anderen – Körper nicht wieder in Besitz nehmen konnte. Doch das kümmerte ihn im Moment wenig. Er hatte genug gesehen und noch viel mehr gehört.
Mehr denn je staunte er darüber, dass es ihm nicht gelungen war, diesen armseligen Haufen gleich bei seinem Angriff zu zerschlagen, so schwach, wie die Schattenschwingen waren. Nun, wenigstens vermochten sie ihn selbst nach der schieren Ewigkeit, in der er durch die Träume der Menschen gewandert war, noch zu amüsieren: Maurus und seine Auftritte, denen nichts als heiße Luft folgte. Es grenzte fast an ein Wunder, dass er sich überhaupt noch an diesen Schwätzer erinnerte. Oder Juna, das alte Biest.
Andererseits war das genau die Sorte, die überlebt hatte. Unnütze Kreaturen und solche, die ihre Rolle bereits ausgespielt hatten. Die ernst zu nehmenden Gegner hatte er in der letzten Schlacht geschlagen, kurz bevor er in die Falle gelaufen war.
Sofort verdrängte er den Gedanken an Shirin, was ihm allerdings schwerfiel. Denn trotz alldem, was sie getan hatte, gehörte sie ihm. Sobald er wieder Hand an sie legen konnte, würde er noch ausreichend Gelegenheit haben, sich Gedanken darüber zu machen, wie er mit ihr verfahren wollte. Sobald er wieder einen Körper besaß. Jetzt musste er sich ganz und gar auf seinen Weg aus dem Weißen Licht konzentrieren.
Die Alten konnten nichts und die Jungen wussten nichts. Die Uneinigkeit, die er damals nach Kräften unter den Schattenschwingen gefördert hatte, trug bis heute Früchte. Es war geradezu verblüffend, dass die alten Schergen es überhaupt zu diesen Versammlungen schafften – auch wenn sie kaum den Mut aufbrachten, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Lieber leugneten sie das Offensichtliche, aber das hatten sie ja schon immer getan.
Einzig diejenigen, die erst nach seiner Zeit in der Sphäre eingetroffen waren, bereiteten ihm Sorge. Die asiatisch aussehende Schattenschwinge namens Asami etwa. Er war der Einzige neben Samuel, der Zeichen der Macht in sich trug. Und dann dieser Grieche, der allerdings kurz vor seinem Fall in die Sphäre eingetreten war. Wenn er wollte, dann konnte er noch immer Kastors verwirrte Gedanken hören, als er sich nach seinem ersten Wechsel in einer Welt wiederfand, die dem Untergang geweiht war. Damals hatte der Junge nicht die Gelegenheit bekommen zu zeigen, was in ihm steckte. Jetzt war er
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