Schattenwandler 01. Jacob
besten Absichten schon bald nichts mehr wert sein würden. Wenn er in ihrer Nähe blieb, würde er sie vor rauer Wollust in Fetzen reißen.
Der Vollstrecker wusste, dass er nicht weiterhin so engen Kontakt mit Noahs Haus halten konnte, solange Isabella dort wohnte. Sie führte ihn viel zu sehr in Versuchung. Daher war er vor Noahs Schreibtisch auf und ab gegangen und hatte nach einem Weg gesucht, dem Dämonenkönig zu sagen, dass er sich so weit wie möglich vom Zentrum der dämonischen Kultur entfernen musste. Und er durfte die Verantwortung dafür auch nicht auf die unschuldige Frau abwälzen. Es war nicht ihr Problem. Er war es, dem es an Selbstbeherrschung fehlte. Es hatte ihn auf eine niedere Ebene verschlagen. Er hatte genau das getan, weswegen er Kane gemaßregelt hatte. Nun wusste er selbst, wie es war, wenn man in unmoralische Handlungen hineingezogen wurde, obwohl die eigenen Prinzipien einen dazu aufriefen, das Richtige zu tun.
„Jacob?“ Als sein Name über ihre Lippen kam, bemerkte er, dass er auf ihre Frage nicht geantwortet hatte.
„Zu mir nach Hause“, sagte er und nutzte die Gelegenheit, um sein Gesicht in ihrem Haar zu vergraben. Sie nahm, das merkte er, jeden Tag mehr von seinem Duft an. Obwohl sie geduscht hatte und wieder ganz staubig geworden war seit ihrem letzten lustvollen Zusammentreffen, rochen ihre Haut und ihr Haar nach ihm. Er wusste, dass sie Gerüche annahm, aber er hatte noch nie ein Chamäleon getroffen, das einen Duft auch dann noch an sich behielt, wenn er eigentlich bereits abgewaschen war. Die Erkenntnis erfüllte ihn mit einer Welle von Besitzerstolz. Es erinnerte ihn daran, dass sich direkt unter seinem Kinn, unter dem weichen Stoff ihrer Bluse, das Zeichen befand, das er auf ihrer Schulter hinterlassen hatte.
Sie landeten auf einem breiten Kliff, und als Isabella, von Jacob ermutigt, ihren Kopf hob, raubte ihr der Ausblick den Atem. Sie befanden sich an der äußersten Spitze einer Landzunge. Es sah aus wie die Küste von England. Das Haus, zu dem er sie gebracht hatte, ragte majestätisch hinter ihnen auf, wenn man von der mit Brettern zugenagelten Wand absah, die repariert werden musste. Nachdem Noah neben ihnen wieder seine normale Gestalt angenommen hatte, gingen sie gemeinsam zum Haus und benutzten eine ganz gewöhnliche Tür.
„Man könnte meinen, bei deinen Möglichkeiten könntest du einfach mit den Fingern schnippen und die Mauer wäre wieder in Ordnung“, bemerkte sie atemlos.
„Wenn das so einfach wäre, könnten wir uns auch vor denen schützen, die unbedingt mit den dunklen Kräften spielen müssen“, bemerkte Jacob sanft.
„Nun ja, das ist sicher keine Entschuldigung, aber die Menschen verstehen nicht, dass ihr tatsächlich eine eigene Gattung seid, intelligent, mit Familien, Gebräuchen und einer eigenen Kultur.“ Sie runzelte die Stirn und seufzte, als sie bemerkte, was für eine armselige Begründung das war. „Aber ich fürchte, das war im Lauf der Geschichte viel zu oft unsere Entschuldigung. Es tut mir leid.“
Jacob legte seine Fingerspitze unter ihr Kinn, ihr süßes Mitgefühl für sein Volk berührte ihn tief, besonders nachdem die Ältesten nicht gerade freundlich zu ihr gewesen waren. Er hatte völlig vergessen, dass Noah im Raum war, und beugte sich vor, um zärtlich ihre weichen Lippen zu küssen, ohne auf den Schmerz zu achten, den ihm dies bereitete.
„Es tut mir leid, kleine Blume. Die Ältesten hätten dich niemals so schlecht behandeln dürfen, wo du dir doch so viel Mühe gegeben hast, uns zu helfen.“
„Sie wussten es nicht besser“, flüsterte sie entschuldigend, und ihre Güte zog ihm das Herz zusammen. „Sie haben Angst, und das zu Recht.“ Sie ließ eine Strähne seines Haars durch ihre Finger gleiten, dann strich sie sie sanft hinter sein Ohr. „Auch der Älteste benimmt sich mal daneben, wenn er sich fürchtet.“
Noah räusperte sich, um daran zu erinnern, dass er auch noch im Raum war. Sie fuhren auseinander, und der König beobachtete voller Verwunderung, wie die elektrische Spannung, die nur er sehen konnte, zwischen den beiden Funken sprühte, einen flackernden blauen Bogen schlug und verglomm. Noch nie hatte Noah so etwas zwischen einem Dämon und einem Menschen gesehen und auch nur selten zwischen zwei Dämonen. Es faszinierte ihn, und es machte ihm Sorgen. Die Blitze waren das Feuer sich ergänzender Seelen, die zueinanderfanden. Eine Feuerdämonin wie seine Schwester Hannah würde noch mehr über
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