Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenwandler: Kane (German Edition)

Schattenwandler: Kane (German Edition)

Titel: Schattenwandler: Kane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
Vom Netzwerk:
Sonnenaufgang liebten, und er war ja auch wirklich schön, doch für ihn war er eine Grenze, die er nicht überschreiten konnte, eine Beschränkung. Er verdammte ihn dazu, Schutz zu suchen und zu ruhen – und zwar unerbittlich, denn bei einem so jungen Dämon wie ihm konnte Sonnenlicht eine tödliche Wirkung haben. Die hellen Tagesstunden musste er in seiner sicheren Zuflucht verschlafen, ob er wollte oder nicht. Erst, wenn der Tag vergangen war, konnte er sich wieder hinauswagen.
    Aber das war immer ihre Welt gewesen. Und so wie der Tag sich dem Abend zuneigt, musste auch sie sich vom blauen Himmel verabschieden, denn als seine Gefährtin würde sie sich an ihn anpassen müssen – ein großes Opfer, wie ihm bewusst wurde, viel größer als sein eigenes. Was gab er schon auf außer den Qualen der einsamen Samhain- und Beltanenächte?
    Corinne blickte sich um und bemerkte, dass die Luft, die sie atmete, etwas Fremdartiges an sich hatte. Sie war irgendwie anders. Aber das war bei der weiten grünen Landschaft, die sie umgab, ja auch kein Wunder. Ein endloses Meer aus grünen Hügeln umgab sie, und in einiger Entfernung erspähte sie ein gemauertes Gebäude, eine richtige Burg sogar. Das Fundament war sehr breit, und es sah so aus, als wäre das Bauwerk über die Jahrhunderte stetig erweitert worden. Trotzdem wirkte es ebenmäßig. Noch nie hatte sie so etwas gesehen. Doch trotz aller Anmut war es eine Festung, ein Bollwerk aus Stein, auf dessen Zinnen Flaggen wehten, die sie keinem Land zuordnen konnte. Auf den Wappen schien etwas geschrieben zu stehen, doch selbst wenn sie nicht so weit entfernt gewesen wären, hätte sie die fremdartigen Zeichen wahrscheinlich nicht entziffern können. Sie konnte Hecken, Brunnen und breite weiße Kieswege ausmachen und musste an die herrschaftlichen Anwesen denken, die Jane Austen in ihren Romanen beschrieb. Die Eichen, die die Wege säumten, winkten ihr mit ihren blassgrünen Blättern zu.
    „Sind wir dort? In dieser Burg?“, fragte sie Kane, denn sie erinnerte sich wieder an den gemauerten Raum, der anmutete wie eine Ritterburg.
    „Ja, wir sind dort, in der Burg des Dämonenkönigs Noah. Wir sind im dritten Stock hinter den bunten Glasfenstern. Ich wollte dir meine Welt auch einmal von einem anderen Blickwinkel aus zeigen, damit du siehst, wer wir sind und was wir sind.“
    Unvermittelt erschien eine Rauchwolke vor ihr und wirbelte herum wie ein mannsgroßer Tornado. Schwarze, graue und silberne Schwaden drehten sich umeinander und formten sich dann zu einer Gestalt. Corinne kannte viele Spezialeffekte aus dem Film, aber so etwas hatte sie noch nie gesehen. Sie hätte die Gestalt so gern berührt, um sich zu vergewissern, dass sie auch tatsächlich existierte. Wie konnte das sein? Ein Mann erschien wie aus dem Nichts. Ein anderer Mann konnte ihre Gedanken lesen. Das alles war reine Fantasie, schlicht und einfach. Und doch auch wieder nicht. Hier war es real.
    „Corinne, ich möchte dir König Noah vorstellen.“
    Mit angehaltenem Atem verfolgte Corinne, wie der Sonnenuntergang plötzlich schneller ablief, wie der Himmel sich verdunkelte und wie schließlich, umhüllt von Finsternis, der stattliche Dämonenkönig erschien. Er war um einiges größer und kräftiger als Kane, und seine Haltung und seine Bewegungen deuteten auf seinen hohen Rang hin. Er war mächtig und trug Verantwortung für das Wohlergehen eines ganzen Volkes, und das wusste er.
    Die Dunkelheit brach herein, und nun erfuhr Corinne, dass es mit dem Dämonenkönig noch mehr auf sich hatte. Er zeigte ihr kurz seine Handflächen. Eben waren sie noch leer, doch schon Sekunden später standen sie in Flammen, und seine Hände und Handgelenke waren ganz in Feuer getaucht. Langsam begann er, sie durch die Finsternis zu bewegen und hinterließ strahlende Kreise, Spiralen und Bögen in der Schwärze der Nacht. Dann folgte eine schnelle Bewegung aus den Handgelenken, und schon loderte sein ganzer Körper. Der Mensch in Corinne wollte beim Anblick des brennenden Mannes losschreien, und sie atmete so heftig vor Erregung, dass sich die frische Herbstluft in ihren Lungen gleichzeitig kalt und heiß anfühlte. Sie versuchte, sich zu beruhigen und das Unmögliche zu akzeptieren.
    Dann stoben die Flammen auseinander, bildeten einen Ring um sie herum und entzündeten einen Kreis aus Fackeln, den Corinne bisher nicht bemerkt hatte. Nachdem er ihnen den Weg beleuchtet hatte, verschwand der Dämonenkönig.
    Corinne drehte sich nach

Weitere Kostenlose Bücher