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Schattenwelten

Schattenwelten

Titel: Schattenwelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Henz
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Lippen kräuselten sich spöttisch. „Ich bin ein Geschöpf der Dunkelheit. Ich habe meine Seele gegen grenzenlose Macht und ewiges Leben getauscht.“ Er beugte sich weiter vor und blies eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. „Weißt du, was es heißt, keine Seele zu haben?“
    Es gelang ihr, den Kopf zu schütteln.
    „ Nein? Nun, ich kann tun, was immer ich tun will. Ich habe kein Gewissen. Ich kenne kein Bedauern und keine Reue. Ich lebe nur für den Moment. Und ich halte die Entscheidung über Leben und Tod in meinen Händen.“
    Sie blickte in die Augen über ihr. Es stand keine Liebe in ihnen. Kein Hass. Nur völlige Gleichgültigkeit. Und das war, wie sie mit plötzlicher Klarheit begriff, die schlimmste aller Möglichkeiten. Sie versuchte zu sprechen, sich zu verteidigen, aber sie brachte kein Wort heraus. Stattdessen spürte sie, wie seine kalte, tote Hand nach ihrem Kinn griff. Sein Daumen und sein Zeigefinger bohrten sich in ihre Wangen und so konnte sie ihre Lippen nicht zusammenpressen, als er sie küsste. Musste seine Zunge in ihrem Mund dulden.
    Er ließ sie so unvermittelt los, dass sie verwirrt blinzelte.
    „ Bitter und faulig. Aber was kann man von einem Mund, aus dem nur Schmutz und Lügen kommen, auch anderes erwarten.“ Er stand auf und goss sich ein weiteres Glas Wein ein, das er in einem Zug austrank. Unbegreiflicherweise fühlte sie sich durch diese Geste mehr erniedrigt als durch alles andere.
    „ Sterne, hell und funkelnd über dir“, sang die Frau. „Sterne hier in diesem Zimmer, nehm’ ich mir.“
    Der Schmerz brannte mit glühender Schärfe durch Isabelle, so heftig, dass er jeden Schrei erstickte. Fassungslos betrachtete sie ihren Ohrring in den Fingern der Frau. Den kleinen goldgefassten Diamanten, an dem ein Tropfen Blut hing. Die Frau warf ihr dunkles Haar zurück und leckte das Schmuckstück genießerisch ab. Dann beugte sie sich vor und saugte an der Wunde. Isabelles Magen hob sich und sie kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit.
    Der Mann stand neben dem Bett und sah auf sie hinunter. „Vivienne, sie gehört mir“, sagte er mit sanften Tadel in der Stimme. „Nur mir.“
    Die Frau richtete sich auf und schmiegte ihren Körper an ihn. „Aber du gehörst mir, André. Und alles, was dir gehört, gehört deshalb auch mir.“
    Er strich über ihren Rücken und lächelte. „Ich liebe deine Logik, Vivienne.“
    Dann ließ er sie los und kniete sich wieder zwischen Isabelles Beine. Während er abwesend ihren Schenkel streichelte, fragte er: „Was hast du Montignard alles gestattet? Ein paar keusche Küsse, einen Blick auf deine Knöchel? Oder hatte er schon einen kleinen Vorgeschmack auf die Hochzeitsnacht?“
    Er studierte ihr Gesicht. „Hätte mich auch gewundert“, meinte er dann. „Der gute Montignard hat also keine Erinnerung, an der er sich im Jenseits erfreuen kann. Dabei war er so besessen von dir.“
    Seine Finger kamen wieder in dem Nest zwischen ihren Schenkeln an. „Was würde er wohl sagen, wenn er dich so sehen könnte? Wirklich schade, dass er tot ist.“
    Er grinste boshaft. „Aber der liebe Landais ist noch sehr lebendig. Genauso wie sein Busenfreund Saint-Just und der schwachsinnige Woronski. Was wäre wohl, wenn sie dich so sehen würden? Nackt, an ein Bett gefesselt ...“, er tätschelte das Ding zwischen seinen Beinen liebevoll, „... und deine lilienweiße Brüste befleckt mit gar unaussprechlichen Substanzen.“
    Eine wohlberechnete Pause unterstrich die Wirkung seiner Worte. „Dein gesellschaftliches Leben wäre beendet. Niemand würde dich mehr ansehen, von Einladungen ganz zu schweigen. Kein Mann, der dich heiraten wird, keine Kinder, kein Ansehen. Es wäre fast so, als wärest du lebendig begraben. Und das alles kostet mich nicht mehr als ein paar Worte auf einem Stück Papier, das ich Landais überbringen lasse, damit er mit seiner Clique hier aufkreuzt.“
    Isabelles Gedanken überschlugen sich. Er hatte Recht. Wenn ein Mitglied der vornehmen Gesellschaft sie so sah, konnte sie all ihre Zukunftspläne vergessen. Es spielte keine Rolle, dass sie gegen ihren Willen entführt worden war. Sie war unrein, besudelt und man würde immer ihr selbst die Schuld zuschieben. Sie wäre eine Außenseiterin, gemieden, verachtet, weniger als eine Straßendirne.
    „ Worte auf einem Stück Papier“, wiederholte er nachdenklich. „Darüber hast du immer gelacht, hast nie die Bedeutung geschriebener Worte verstanden. Oder verstehen wollen. Ich denke, das

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