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Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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über die Lippen. Stattdessen sagte ich: »In den letzten Jahren war ich an jedem Auftrag meines Vaters beteiligt und ich kannte seine Arbeit sehr gut.«
    »Beteiligt – auch finanziell?«, fragte Cyriel.
    »Ja, ich habe immer einen Anteil bekommen.«
    »Möchten Sie also Kunst studieren, um damit möglichst viel Geld zu verdienen?«
    Nun begriff ich. Er hatte meine Bemerkung im Keller missverstanden und hielt mich für geldgeil. Und er provozierte mich, damit ich das vor Ruben zugab. Aber konnte es mir nicht absolut egal sein, was dieser blöde Assistent von mir hielt? Und Ruben vertraute mir.
    »Nein, ich möchte nicht Kunst studieren, sondern BWL. Mit Kunst kann man erst Geld verdienen, wenn man tot ist«, schlug ich ihm meine Antwort um die Ohren.
    Cyriel reagierte erstaunlich ruhig und blickte aus dem Fenster, als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen, während Gabriel mir schmunzelnd zunickte.
    »Eine Frau, die Prioritäten setzen kann!«
    »Aber es geht doch nicht ums Geld«, ließ Anna sich leise vernehmen, während sie Cyriel einen sanften Augenaufschlag schenkte. »Kunst kann nur entstehen, wenn man nicht darüber nachdenkt, was sie wert ist.«
    »Wie schön du das ausdrücken kannst«, entfuhr es mir.
    Vermutlich hatte sie noch nie ein paar Wochen lang Milchreis gegessen, weil das Geld für den letzten Auftrag auf sich warten ließ. Und wenn ihr Vater mal das Zeitliche segnen sollte, würde sie wohl auch nicht feststellen müssen, dass er kurz vor seinem Tod ihr Ausbildungskonto leer geräumt hatte!
    Cyriel musterte mich wieder auf seine beunruhigend intensive Art. »Was möchten Sie denn nach dem BWL-Studium anfangen? Haben Sie einen Traumberuf?«
    »Können wir jetzt bitte über die Arbeit der nächsten Tage sprechen?«, fragte ich mit der letzten Luft, die mir zur Verfügung stand. Musste ich hier Rede und Antwort stehen? Vor allem auf Fragen, die ich selbst noch nichtbeantworten konnte! Mein Leben lang hatte ich Restauratorin werden wollen. Ich musste mich erst daran gewöhnen, dass ich einen anderen Entschluss gefasst hatte, einen, der mich möglichst weit weg von Paps’ Lebensweise – und seinem Ende – führte.
    »Gern«, mischte Herr Nachtmann sich ein. »Kira, Sie sind unsere Restauratorin. Tun Sie, was Ihr Vater getan hätte, um das Fresko für die Zukunft zu erhalten. Und Sie, Anna, sind unsere Malerin und Spezialistin für Gesichter. Sie werden den Gesichtern ihre Lebendigkeit zurückgeben. Wir haben ausreichend Pigment vorrätig, das Sie benutzen können. Wenn Sie noch mehr Material benötigen …«
    Gerade als ich gedacht hatte, Herr Nachtmann würde mich nicht mehr überraschen können – tat er es.
    »Sie soll das Bild noch mal übermalen? «, fragte ich. »Sie haben also kein Interesse daran, den alten Zustand des Bildes wiederherzustellen? Restaurieren bedeutet …«
    »… bewahren. Ich weiß!«, nickte er. »Ich kenne die moralischen Grundsätze Ihrer Zunft. Aber hier geht es um etwas anderes. Ich möchte, dass zumindest die Gesichter wieder aussehen wie neu. Die Farben sollen leuchten! Glauben Sie mir, Ihre Einschätzung war richtig, es handelt sich wirklich nicht um das Werk eines bekannten Meisters. Sie werden also kein Kulturerbe vernichten.«
    Jetzt wurde mir auch klar, warum er mir Anna zur Seite gestellt hatte. Natürlich! Jede von uns hatte ihr Spezialgebiet!
    Ruben schmunzelte. »Außerdem möchte ich noch mal darauf hinweisen, dass das Honorar nur ausbezahlt wird, wenn Sie Schweigen bewahren – und meinen Anweisungen Folge leisten.«
    Ich schluckte alles hinunter, was mir auf der Zunge lag, und lehnte mich zurück. Was konnte ich schon tun? Am besten das, was der Auftraggeber wollte.
    »Machen Sie bitte gemeinsam eine Liste, was Sie noch brauchen und was genau getan werden muss. Allerdings bin nicht ich der Fachmann – das ist Cyriel. Er wird regelmäßig bei Ihnen vorbeischauen und den Fortschritt Ihrer Arbeit prüfen.«
    Auch das noch! Ein Fachmann also! War der Typ nicht Chemiker oder wobei assistierte er Herrn Nachtmann? Und wenn er angeblich alles konnte – warum machte er den Kram dann nicht selbst? Hatte er Angst, bunte Finger zu bekommen? Oder giftige Schimmelpilze einzuatmen, wenn er sich zu lange dort unten aufhielt?
    Cyriel erwiderte meinen Blick und ich war mir sicher, dass er bemerkt hatte, wie wütend ich war. Erstaunlicherweise sah ich auch in seinen Augen Wut. Worüber? Reichte es ihm nicht aus, unser Kerkermeister zu sein?
    Als wir vom Tisch

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