Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
Vom Netzwerk:
während du das Geld wahrscheinlich gar nicht brauchst, oder?«
    »Eigentlich wollte ich nicht über Ruben Nachtmann reden«, wich sie mir aus. »Nun sag, was hältst du von den beiden Jungs?«
    Ich verdrehte die Augen. »Hast du deinen Kunstlehrer denn schon verdaut?«
    Sie schenkte mir einen giftigen Blick und knabberte an einer Salzstange. »Interessieren Männer dich nicht? Lebst du nur für die Kunst?«
    »Ach«, gab ich zurück, »beim Abendessen hast du micheher so dargestellt, als würde ich mich ausschließlich für Geld interessieren.«
    Annas Lächeln sah aus wie der Versuch einer Entschuldigung und ich zog meine Krallen wieder ein.
    »Natürlich interessieren mich Männer«, sagte ich nach einigem Zögern. »Aber die Jungs, die ich bisher kennengelernt habe, waren alle so … hohl. Was will ich mit einem Typen, der keine Leidenschaft und kein Ziel hat? Ich meine, es muss ja nicht Kunst sein, aber sie sollten echte Begeisterung für irgendetwas zeigen. Die meisten interessieren sich höchstens für Fußball – ohne selbst ins Schwitzen zu geraten – oder Musik, wobei sie sich nie wünschen, sie selbst spielen zu können. Hauptsache, man fährt ein dickes Auto und hat die richtigen Klamotten an!«
    »Willst du mir wirklich erzählen, du hättest dir Cyriel und Gabriel nicht richtig angesehen?«, grinste Anna.
    »Okay, welchen von den beiden willst du denn?«, fragte ich. Wenn schon, dann sollte sie konkret werden, fand ich. Über Annas Gesicht huschte ein erstaunlich schüchternes Lächeln. Nanu? Sie würde doch nicht etwa rot werden?
    »Kannst du dir das nicht vorstellen? Wen findest du attraktiver?«
    Im gleichen Moment, als ich mit den Schultern zuckte, wusste ich die Antwort. Und dass Anna ihr Revier sicher verteidigen würde.
    »Ich finde, du würdest toll zu Gabriel passen«, sagte sie mit einem nicht ganz echten Beste-Freundin-Lächeln. »Er ist so … witzig.«
    »Lass mal«, wehrte ich ab. »Mach mir nicht die Reste schmackhaft!«
    Annas Blitzen in den Augen entging mir nicht. Aber warum sollte mich das stören? Schließlich war ich hier nicht auf Männerfang, sondern wollte mir meine Freiheit verdienen.
    »Dann hast du vermutlich nichts gegen Cyriel als Wachhund?«, sagte ich nachdenklich.
    Annas Mundwinkel zuckten. »Ein süßer Wachhund! Sag mal, du kannst nicht zufällig morgen, wenn er da ist, mal nach oben gehen, weil du etwas im Zimmer vergessen hast?«
    »Nein«, gab ich knapp zurück. »Sonst werden wir mit dem Fresko niemals fertig. Und wenn ich es richtig verstanden habe, hast du bisher noch keine Erfahrungen mit Fresken gesammelt?«
    Anna schüttelte den Kopf.
    »Oder mit Restaurieren?«
    Kopfschütteln.
    »Aber ich werde es lernen«, lächelte sie und ich hasste sie für ihre Überheblichkeit.
    Wie konnte jemand sich so wenig für Kunst interessieren und dann so malen, wie sie es tat?
    Sie zwinkerte mir zu und schnappte sich die letzte Salzstange vor meinen Fingern weg. »Wenn mich auch ein hübscher Kunstlehrer schon mal ablenken kann!«

Jessy
    Jessy wachte vom Knarren der Tür auf. Sie lag auf einer bequemen Matratze unter warmen Decken. Dennoch war ihr sofort klar, dass sie nicht in ihrem Bett lag. Es roch muffig und in der Ferne hörte sie jemanden weinen. Vom Gang drang das Gemurmel und Geschlurfe durch die Tür, das sie schon gestern auf ihren Wegen begleitet hatte, auf der Suche nach einem Ausgang. Gefunden hatte sie allerdings nur weitere endlose Gänge. Steinerne Wände und steinernen Boden.
    Die Menschen, die hier lebten, waren verwirrt. Die meisten von ihnen klangen alt. Auf Jessys Frage, wo sie sich befand, hatte niemand eine vernünftige Antwort geben können.
    Eine Frau, die nicht ganz so abwesend zu sein schien, hatte Jessy nach langem Herumirren gestern Nacht an die Hand genommen und ihr einen Schlafplatz gezeigt.
    »Du bist bestimmt hungrig. Komm mit!« Offenbar war sie es, die gerade in der Tür stand.
    »Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte Jessy noch leicht benommen. »Es muss schon sehr spät sein.«
    »Spät?« Die Frau schien zu überlegen, was das Wort bedeutete. »Alle schlafen sehr lange an ihrem ersten Tag hier. Und jetzt steh auf, sonst gibt es kein Essen.«
    Jessys Magen zog sich krampfhaft zusammen vor Hunger. Schnell tastete sie nach ihrem Stock und folgte der Frau.
    »Frühstück, Mittag­ oder Abendessen?«, fragte sie. Aber die Frau schien vergessen zu haben, dass Jessy existierte.
    Die Schritte der anderen führten sie eine Treppe hinunter zu

Weitere Kostenlose Bücher