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Schicksalsmord (German Edition)

Schicksalsmord (German Edition)

Titel: Schicksalsmord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Limar
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ganz anders. Lydias Mittelpunktstellung wurde noch deutlicher und die drei Männer schienen in einem von ihr erzeugten Spannungsfeld zu stehen. Lydia hatte offenbar gerade etwas Originelles geäußert und sah kokett und beifallheischend zu dem sie um Haupteslänge überragenden Holger auf. Er erwiderte ihren Blick sichtlich amüsiert und überrascht. Thomas stand einen halben Schritt hinter Lydia, auch er sah sie mit einem Lächeln an, doch er wirkte eher müde, fast ein wenig resigniert. Allerdings hatte das nicht viel zu besagen, es war eine Miene, die ich bei Thomas oft beobachtet hatte und hinter der sich wohl nur Verlegenheit verbarg. Thomas mochte keine Veranstaltungen dieser Art, keine Fototermine und keinen Smalltalk.
    Dietrich dagegen wirkte elastisch wie eine gespannte Feder, er neigte sich zu Lydia hinüber, hing mit einem hingerissenen Gesichtsausdruck an ihren Lippen und verdeckte Thomas dadurch sogar etwas. Nie zuvor war mir diese Konstellation so aufgefallen.
    Natürlich kommentierte die Presse das Foto entsprechend. Dass die schöne Frau Tanner überall sofort im Mittelpunkt gestanden hätte, hieß es, dass ihr zweiter Ehemann Dr. Tanner ihr völlig verfallen gewesen sei, und dass der erste Ehemann, Herr Thomas G., ihren Verlust nie verwunden habe. Nur über Holger schrieben sie nichts. Dabei hätte es durchaus eine Geschichte zu erzählen gegeben, nur passte sie nicht ins aktuelle Bild, das sich die Leser von Lydia machen sollten. Denn in dieser Geschichte war Lydia die Betrogene und Verlassene gewesen. Eine Zeit lang hatte eine enge Freundschaft zwischen Lydia, Thomas, Holger und Ulla bestanden, die beiden Ehepaare unternahmen viel gemeinsam. Einmal war ich mit allen zusammen in Gießen in einer Bar gewesen, als ich Lydia und Thomas mal wieder übers Wochenende besuchte. Damals fiel mir gleich auf, wie gut sich Thomas und Ulla verstanden. Irgendwann soll dann aber mehr zwischen ihnen daraus geworden sein, und Thomas hatte sich von Lydia getrennt.
    Meine Mutter und ich hatten uns gut mit Thomas verstanden, doch Mutter war über seinen Verrat an Lydia so erbittert, dass sie jeden weiteren Kontakt strikt ablehnte. Ich hätte mich nicht so rigoros verhalten, im Gegensatz zu Mutter wusste ich, dass die Ehe zwischen Thomas und Lydia nicht mehr glücklich gewesen und meine Schwester daran nicht unschuldig war. Doch Mutter und Lydia entschieden damals einfach für mich mit, und ich fügte mich.
    Obwohl Thomas unmittelbar darauf wieder nach Bödersbach zog und wir uns ab und zu über den Weg liefen, fiel kein persönliches Wort mehr zwischen uns. Zwei oder drei Mal traf ich ihn in Begleitung von Ulla, erfuhr dann aber, dass die Beiden nicht zusammenlebten. Ulla war wohl zu ihrem Mann zurückgekehrt. Wie es dazu gekommen war, interessierte mich nicht weiter. Und auch sonst interessierte sich niemand für diese Geschichte, hätte Lydia Thomas verlassen, wäre es sicher anders gewesen.
    Mich beunruhigten diese ganzen Veröffentlichungen vor allem wegen unserer Mutter. Martina, die ich deshalb anrief, beruhigte mich umgehend. „Mach dir keine Sorgen, ich habe das im Griff“, sagte sie. „Deine Mutter hat auf die Nachricht von Dietrichs möglicherweise gewaltsamen Tod – so vorsichtig habe ich das erstmal ausgedrückt – mit einem Herzanfall reagiert. Rein psychosomatisch, wie immer. Wir haben vorsichtshalber ein EKG ableiten lassen, mit dem üblichen Ergebnis. Um ihr Herz würde sie mancher Zwanzigjährige beneiden. Ich habe die Situation allerdings ausgenutzt und ihr jede Aufregung untersagt, keine Zeitungen, kein Fernsehen. Zum Glück hält sie sich mustergültig daran, und zum Trost habe ich ihr aus der Klinik stapelweise Liebesromane herangeschafft. Du weißt schon, diese Heftchen, Fürstenliebe und so. Sie wirkt ganz zufrieden damit.“
    Natürlich wusste ich, wovon Martina sprach. Wenn unsere Patienten entlassen wurden, ließen sie diese Lektüre meistens zurück, und wir gaben sie dann auf Wunsch an die Neuzugänge weiter. Auf die Idee, sie für meine Mutter mitzunehmen, war ich noch nie gekommen. Jetzt war ich glücklich über Martinas Idee. Alles was Mutter ablenken und erfreuen konnte, war einfach ein Segen.
    Ich kündigte meine Heimkehr für den übernächsten Tag an. Meine Hoffnung, dass Lydia ganz schnell wieder freikommen würde, hatte sich inzwischen zerschlagen. Lydias Verteidiger Dr. Hoffmann, auf den meine Schwester inzwischen große Stücke hielt, hatte alles versucht, um die

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