Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)
das Ende?
»Sie wollen Rache für den gestohlenen Sieg in Heiligenhafen!«, schrie Simon durch den Lärm hindurch und drückte sie noch fester an sich. Pater Johannes betete mit lauter Stimme hinter ihnen. Hinrich hatte einen Arm schützend um Johanna gelegt.
Der Donner war grausam. Mehrere Kugeln durchschlugen das Schiff oberhalb der Wasserlinie. Ein Seemann wurde von Bord geschleudert, weitere von umherfliegenden Holztrümmern niedergestreckt. Zwei der Kanonen rutschten aus ihrer Verankerung und stürzten ins Wasser.
»Wir hätten doch kämpfen statt fliehen sollen«, sagte Simon. »Eine weitere Breitseite überstehen wir nicht.«
»Werden wir sterben?«, rief Barbara. Jannick nahm seine Schwester in die Arme. »Das liegt allein in Gottes Hand«, antwortete er.
Simon ließ Brida los.
»Brida, willst du meine Frau werden? Auf der Stelle?«
»Auf der Stelle?« In all ihre Angst mischte sich eine unbändige Freude. Wenn sie schon sterben musste, dann als Simons Frau!
»Wann, wenn nicht jetzt? Pater Johannes, würdet Ihr uns trauen?«
Der Pater nickte, dann nahm er ihre Hände. »Brida, willst du Simon zum Mann?«, fragte er ohne Umschweife.
»Ja, ich will!«, rief sie mit aller Kraft.
»Und du, Simon, willst du Brida zur Frau?«
»Ja!«
Der Pater legte ihrer beide Hände ineinander.
»Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes erkläre ich Euch zu Mann und Frau. Und nun küss die Braut, solange du noch Zeit dazu hast!«
Simon umarmte Brida voller Leidenschaft.
»Ich lasse dich niemals los, ganz gleich, was geschieht«, raunte er, bevor seine Lippen ihren Mund fanden. Sie schlang die Arme um ihn. Auch sie würde ihn niemals loslassen. Niemals, gleichgültig, was geschah. Sie schloss die Augen. Wollte nur Simon spüren, nichts sonst. Einen Hauch des Glücks fühlen, um das ein grausames Schicksal sie betrügen wollte. Sie hielten einander noch eng umschlungen, als abermals Kanonendonner über die Ostsee hallte …
26. Kapitel
D er Donner rollte über die See. Jeden Augenblick erwartete Simon den tödlichen Ruck, der durch das Schiff gehen würde. Er presste Brida fest an sich. Doch die Erschütterung blieb aus. Der Donner war verklungen, und sie lebten noch.
»Die Adela !«, rief Hinrich. Brida löste sich aus Simons Umarmung und spähte in die Richtung, in die ihr Vater wies.
Tatsächlich, die Adela . Simon atmete tief durch. Cunard war wie versprochen zurückgekehrt, hatte erkannt, in welcher Gefahr sich die Elisabeth befand. Es waren seine Kanonen, die gesprochen hatten. Simon blickte zurück zu dem dänischen Schiff. Die Adela hatte gut getroffen. Der Hauptmast der feindlichen Kogge neigte sich gefährlich zur Seite. Allerdings war das gegnerische Schiff noch immer manövrierfähig. Es ließ von der Elisabeth ab und schien die Adela ins Zielfeuer nehmen zu wollen.
»Wir müssen der Adela helfen!«, brüllte Simon. »Jannick, wenn wir die Elisabeth wenden, können wir das feindliche Schiff entern!«
»Bist du verrückt geworden?«
»Wenn wir nichts tun, trifft die nächste Breitseite die Adela . Und dann sind wir an der Reihe. Lass es uns versuchen! Wir sind zwei Schiffe gegen eins.«
Jannick zögerte kurz, nickte schließlich und gab die entsprechenden Befehle.
Die Besatzung des feindlichen Schiffs achtete nur auf die Adela , nicht auf die angeschlagene Elisabeth .
Cunard war ein tüchtiger Kapitän. Er manövrierte die Adela so geschickt, dass es dem Gegner schwerfiel, seine Kanonen auszurichten. Ob er wohl bemerkt hatte, was sie planten?
Erneuter Geschützdonner. Zum zweiten Mal sprachen die Kanonen der Adela . Der Hauptmast des Feinds fiel.
»Jawoll!«, schrie Kapitän Hinrich. »Und noch eins!«
Die Elisabeth hatte inzwischen gewendet und hielt auf das Heck der dänischen Kogge zu. Simon sah sich um. Elf unverletzte Seeleute, dazu kamen etwa fünfzehn männliche Passagiere, sein Bruder Jannick und er selbst. Sie konnten es schaffen, wenn sie auf die Kraft der Frauen zählten.
»Hört mich an!«, rief Simon, ehe die Elisabeth die feindliche Kogge erreicht hatte. »Die Männer auf dem Schiff da vorn, die kennen kein Gesetz. Wir wollten uns ergeben, doch sie haben auf unsere weiße Flagge geschossen. Sie wollen uns alle ins Verderben schicken – aus Rache dafür, dass wir ihnen nichts von unserer Heimat hinterlassen haben. Keine Beute, keine Häuser, die sie zu ihren neuen Stützpunkten ausbauen können. Sie wollen uns töten! Die Adela hat uns eine Atempause
Weitere Kostenlose Bücher