Schiffbruch Mit Tiger
im Zoo ein Tier nicht an seinem gewohnten Platz in seiner gewohnten Haltung zur gewohnten Stunde ist, dann bedeutet das etwas. Vielleicht ist es nur der Niederschlag einer winzigen Veränderung in seiner Umgebung. Ein zusammengerollter Schlauch, den der Wärter vergessen hat, wirkt wie eine Bedrohung. Eine Pfütze ist entstanden und irritiert. Eine Leiter wirft einen Schatten. Aber es könnte auch mehr bedeuten. Im schlimmsten Falle könnte es das sein, was ein Zoodirektor am meisten fürchtet: ein Symptom, das Vorzeichen einer kommenden Katastrophe, ein Anlass, den Kot zu inspizieren, den Wärter ins Verhör zu nehmen, den Tierarzt zu rufen. Und alles nur, weil ein Storch anderswo steht und nicht an seinem üblichen Platz!
Aber zunächst wollen wir uns auf einen einzelnen Aspekt dieser Frage konzentrieren.
Wenn Sie zu einem Haus gingen, die Tür einträten, die Leute, die dort wohnen, hinaus auf die Straße scheuchten und riefen: »Geht! Ihr seid frei! Frei wie ein Vogel! Hinaus mit euch!« — meinen Sie, die Leute würden vor Freude tanzen? Bestimmt nicht. Vögel sind nicht frei. Die Leute, die Sie gerade vertrieben haben, würden protestieren: »Was gibt dir das Recht, uns hinauszuwerfen? Das ist unser Zuhause. Das gehört uns. Wir wohnen hier schon seit Jahren. Wir holen die Polizei, du Ganove.«
Sagen wir denn nicht: »Trautes Heim, Glück allein«? Und genau das sagen die Tiere auch. Tiere haben ein Revier. Das ist die Grundlage für ihre Orientierung. Nur in einem festen Revier können sie die beiden Aufgaben bewältigen, die ihnen die Wildnis ihr Leben lang stellt: nimm dich in Acht vor deinen Feinden, suche Nahrung und Wasser. Ein biologisch korrektes Zoogehege- ob Käfig, Grube, Insel, Pferch, Terrarium, Aquarium oder Volière — ist ein Territorium wie jedes andere; der einzige Unterschied ist die beschränkte Größe und die Nähe zum Revier der Menschen. Gewiss, es ist kleiner als in der Natur. Aber Reviere in der Natur sind nicht groß, weil die Tiere es gern haben, sondern weil die Notwendigkeit es fordert. In einem Zoo bieten wir den Tieren das, was wir uns selbst mit unseren Häusern bieten: wir konzentrieren auf engem Raum, was in der Wildnis weit verteilt ist. In früheren Zeiten war hier die Höhle, dort der Fluss, die Jagdgründe eine Meile entfernt, der Ausguck zwei Felsen weiter, und die Beeren wuchsen wiederum anderswo - und überall Löwen, Schlangen, Ameisen, Blutegel und Fingerhut —; heute kommt der Fluss aus dem Wasserhahn, und wir können uns gleich an unserem Schlafplatz waschen, wir können da essen, wo wir kochen, und wir können alles mit einer Mauer umgeben, die uns schützt und die uns hilft, es sauber und warm zu haben. Ein Haus ist ein komprimiertes Revier, in dem wir unsere Grundbedürfnisse in Sicherheit und in nächster Nähe erfüllen können. Das Gegenstück für ein Tier ist ein gutes Zoogehege (wobei, anders als in menschlichen Behausungen, die Feuerstelle oder Vergleichbares fehlt). Wenn ein Tier an diesem einen Ort alle Orte findet, die es braucht — einen Beobachtungsposten, einen Ruheplatz, Nahrung, Wasser, einen Platz, an dem es baden und sich pflegen kann und so weiter -, und wenn es feststellt, dass es gar nicht mehr jagen muss, weil alle Tage lang der Fressnapf gefüllt wird, dann wird ein Tier seinen Lebensraum im Zoo genauso in Besitz nehmen, wie es sich in einem neu gefundenen Raum in der Wildnis einrichten würde, es würde ihn erforschen und nach der Art seiner Spezies markieren, mit Urin vielleicht. Ist dieses Einzugsritual erst einmal beendet und das Tier hat sich eingerichtet, wird es sich nicht unsicher wie ein Mieter fühlen und schon gar nicht wie ein Gefangener, sondern eher wie ein Landbesitzer, und es wird sich in seinem Gehege genau so verhalten, wie es das in seinem Revier in der Wildnis tun würde - und es mit Zähnen und Klauen verteidigen, sollte jemand eindringen wollen. Ein solches Gehege wird ein Tier weder als besser noch als schlechter empfinden als die Wildnis; solange es die Bedürfnisse eines Tieres erfüllt, ist ein Revier, ob nun künstlich oder natürlich, einfach da, es wird nicht beurteilt, sondern als selbstverständlich genommen wie die Flecken eines Leoparden. Man könnte sogar anführen, dass ein Tier, könnte es mit Verstand seine Lebensbedingungen wählen, sich für den Zoo entscheiden würde, denn der Hauptunterschied ist, dass es im Zoo keine Parasiten und keine Feinde gibt, dafür Nahrung im Überfluss, anders als in
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