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Schiffbruch Mit Tiger

Schiffbruch Mit Tiger

Titel: Schiffbruch Mit Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yann Martel
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befestigt war, alles in allem also neunzig Zentimeter, kaum genug, dass er aufrecht stehen konnte. Der Boden, aus schmalen, imprägnierten Dielen gebildet, war eben, und die Seitenwände der Schwimmtanks standen im rechten Winkel dazu. So kurios das klingen mag, war also das Boot, das außen gerundete Spitzen und gerundete Flanken hatte, innen rechteckig.
    Anscheinend gilt Orangerot - eine so schöne Hindufarbe - als Farbe des Überlebens, denn das ganze Innere des Boots und die Plane und die Schwimmwesten und der Rettungsring und die Ruder und die meisten anderen größeren Objekte an Bord waren orange. Sogar die Plastiktrillerpfeifen waren orangerot.
    Die Worte
Tsimtsum
und
Panama
prangten in gro-ßen schwarzen Lettern auf beiden Seiten des Bugs.
    Die Plane bestand aus schwerem Öltuch, das einem die Haut aufscheuern konnte. Sie war bis zu einem Punkt knapp hinter der mittleren Querbank aufgerollt. Eine Bank verbarg sich also noch unter der Plane, in Richard Parkers Höhle; die mittlere Bank lag offen, unmittelbar am Ende der Plane; und die dritte lag zerbrochen unter dem toten Zebra.
    Das Boot hatte sechs Ruderdollen, u-förmige Vertiefungen im Dollbord, die als Lager für die Ruder dienten, und fünf Ruder, denn eines hatte ich ja bei dem Versuch Richard Parker fortzustoßen verloren. Drei Ruder waren auf der einen Seitenbank befestigt, eines auf der anderen, und eines war als der Vordersteven, der mir das Leben gerettet hatte, unter die Plane gesteckt. Ich bezweifelte, dass mit diesen Rudern etwas anzufangen war. Das Rettungsboot war schließlich kein Leichtgewicht. Es war eine solide Konstruktion, die vor allem zum Schwimmen, erst in zweiter Linie zur Navigation da war. Obwohl wir wahrscheinlich, hätten zweiunddreißig Mann zum Rudern zur Verfügung gestanden, schon vorangekommen wären.
    All diese Einzelheiten - und viele, die noch dazukommen sollten - nahm ich nicht auf Anhieb wahr. Ich bemerkte sie nach und nach, von der Not getrieben. Gerade wenn ich in größter Pein war und allen Glauben an die Zukunft verloren hatte, entdeckte ich eine Kleinigkeit, ein winziges Detail, das mein Verstand plötzlich in neuem Licht sah. Und dann war es keine Kleinigkeit mehr, sondern das Wichtigste überhaupt auf der Welt, das, wovon mein Leben abhing. So geschah es mir ein ums andere Mal. Not macht erfinderisch, wie das Sprichwort so treffend sagt.

Kapitel 51
    Doch das eine, das ich suchte, fand ich bei dieser ersten Musterung des Bootes nicht. Nirgends in Heckund Seitenbänken war eine Fuge zu sehen, und auch die Seiten der Schwimmtanks waren glatt. Der Schiffsboden war flach, unter den Brettern konnte nichts sein. Ich war mir sicher: Nirgends verbarg sich eine Klappe oder Kiste oder sonst ein Behältnis. Alles war glatte, gleichmäßige, orangefarbene Oberfläche.
    Allmählich verlor ich das Vertrauen in Kapitäne und Schiffsausrüster. Meine Hoffnung auf Überleben schwand. Mein Durst blieb.
    Und wenn die Vorräte im Bug waren, unter der Plane? Ich machte kehrt und kroch zurück. Ich kam mir vor wie eine von der Sonne verdorrte Eidechse. Ich versuchte, unter der Plane etwas zu ertasten. Sie war fest gespannt. Wenn ich sie aufrollte, bekam ich Zugang zu dem, was darunter verstaut sein mochte. Doch damit rollte ich auch das Dach von Richard Parkers Höhle auf.
    Mir blieb keine andere Wahl. Der Durst trieb mich weiter. Ich zog das Ruder unter der Plane hervor. Ich legte mir den Rettungsring um. Das Ruder legte ich quer über den Bug. Ich lehnte mich über den Bootsrand und drückte mit beiden Daumen das Seil, mit dem die Plane gehalten war, von einem der Haken. Es war schwere Arbeit. Aber beim zweiten und dritten ging es schon leichter. Diese Prozedur wiederholte ich dann auf der anderen Seite des Bugs. Die Plane gab unter meinen Ellbogen nach. Ich lag flach darauf, mit den Beinen zum Heck.
    Ich rollte sie ein kleines Stück von vorn her auf, und gleich wurden meine Mühen belohnt. Der Bug war genauso gebaut wie das Heck, auch hier eine Bank in der Spitze. Nur dass in dieser Bank ein Schnappschloss funkelte wie ein Edelstein. Ich sah die Umrisse einer Klappe. Mein Herz schlug schneller. Ich rollte die Plane noch ein Stück weiter auf. Ich blickte nach unten. Der Deckel war dreieckig, nur mit abgerundeten Ecken, neunzig Zentimeter breit, sechzig tief. Plötzlich erblickte ich etwas Orangefarbenes. Ich fuhr zurück. Aber das Orange regte sich nicht und war auch nicht ganz der richtige Ton. Ich sah noch einmal hin. Es war

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