Angelique Der Gefangene von Notre Dame
Kapitel 1
D er König war vorbeigeritten.
Von lautem Beifall getragen, zog er weiter durch die StraÃen seiner Hauptstadt Paris. Vor dem Hôtel de Beauvais hatte er sein Pferd gewendet und mehrmals gegrüÃt, denn oben auf den Balkonen des Hauses saÃen die Menschen, mit denen ihn eine tief empfundene Zuneigung verband: seine Mutter, Königin Anna von Ãsterreich, und Kardinal Mazarin, sein Pate und Ratgeber.
Dann war auch die Königin vorbeigefahren.
Die junge Königin Maria Theresia, die Infantin, die als Pfand des Friedens auf der Fasaneninsel empfangen worden war.
Zart und klein auf ihrem römischen Wagen, aber strahlend wie ein Stern, hatte sie die Ovationen des gerührten französischen Volkes entgegengenommen.
Sie und die Angehörigen ihres Haushalts bildeten den Abschluss des gewaltigen, märchenhaften Umzugs.
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Im Hôtel de Beauvais strömte die lärmende, zufriedene Schar der Gäste von Stockwerk zu Stockwerk, von den Dachkammern bis hinunter in die Prunkgemächer, wo die ersten Bediensteten bereits die Speisen auftrugen. Freude spiegelte sich in allen Gesichtern, und bewundernde, erfreute Rufe erschallten während des langsamen Abstiegs von den obersten Etagen des Hauses hinab zu den Räumen, wo die höchsten Persönlichkeiten des Königreichs einander begrüÃten.
Die Hausherrin, Madame de Beauvais, die hinter vorgehaltener Hand auch weiterhin von allen »die einäugige Catheau« genannt wurde, stand am Fuà der Treppe und schien nach jemandem Ausschau zu halten.
»Na? Habt Ihr auch alles gut sehen können?«, rief sie mit ihrer rauen Stimme, als das bescheidene Grüppchen der Poitevinerinnen, zu dem auch Angélique gehörte, auf dem Absatz auftauchte.
Mit vor Aufregung immer noch geröteten Wangen bejahten sie eifrig und dankten ihr überschwänglich.
»Schon gut, schon gut. Geht nur da hinein und esst ein paar kleine Kuchen.«
Dann klappte sie ihren Fächer zusammen und klopfte Angélique damit auf die Schulter.
»Und Ihr, meine Schöne, kommt erst einmal mit mir.«
Ãberrascht folgte die junge Frau Madame de Beauvais durch die Räume, in denen sich die Gäste drängten.
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Endlich gelangten sie in ein verlassenes kleines Boudoir.
»Puh«, stöhnte die Hausherrin und fächelte sich Luft zu. »Es ist gar nicht so leicht, in diesem Haus ein ruhiges Fleckchen zu finden.«
Sie musterte Angélique mit forschendem Blick. Trotz der dicken Schicht Schminke und der prächtigen Kleider strahlte sie immer noch die schlichte Gutmütigkeit aus, die einem die unmittelbare Nähe zu den GroÃen verleiht, bei denen man sich unentbehrlich macht, indem man für ihr Wohlbefinden sorgt.
»Ich glaube, hier wird es gehen«, sagte sie nach einer Weile. »Was würdet Ihr von einem groÃen Schloss in der Nähe von Paris halten, meine Schöne, mit einem Haushofmeister, Dienern, Lakaien, Dienstmädchen, sechs Karossen, Stallungen und einer Pension von einhunderttausend Livres?«
»Das soll alles für mich sein?«, fragte Angélique lachend.
»Ihr sagt es.«
»Und wer bietet mir dieses Geschenk an?«
»Jemand, der Euch wohlgesinnt ist.«
»Das kann ich mir denken. Aber um wen handelt es sich?«
Madame de Beauvais beugte sich mit verschwörerischer Miene vor.
»Um einen reichen Herrn, der sich unsterblich in Eure hübschen Augen verliebt hat.«
»Ach, Madame«, entgegnete Angélique, die sich bemühte, ernst zu bleiben, um die gute Frau nicht zu kränken, »ich bin diesem Herrn, wer auch immer er sein mag, sehr dankbar. Trotzdem fürchte ich, man versucht mit diesem fürstlichen Angebot lediglich meine Naivität auszunutzen. Dieser Herr kennt mich schlecht, wenn er glaubt, allein die Erwähnung solch prächtiger Gaben könnte mich dazu bewegen, ihm zu gehören.«
»Lebt Ihr denn hier in Paris in so üppigen Verhältnissen, dass Ihr es Euch leisten könnt, die Hochmütige zu spielen? Ich habe mir sagen lassen, dass Euer Besitz versiegelt wurde und Ihr gezwungen wart, Eure Kutschen zu verkaufen.«
Ihr lebhafter Vogelblick fixierte das Gesicht der jungen Frau.
»Ich sehe, Ihr seid gut informiert, Madame, aber noch habe ich nicht die Absicht, auch meinen Körper zu verkaufen.«
»Wer redet denn davon, dummes Ding?«, zischte die Hausherrin, mit einem Mal verärgert.
»Ich
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