Schilf im Sommerwind
konnte.
Sie hörte, dass Allie das Gleiche flüsterte. Dann griff Tante Dana hinein, und als die Asche aus ihrer Hand geweht wurde, erinnerte sich Quinn, was ihre Mutter über Schwestern gesagt hatte:
Liebe deine Schwester, Quinn, genauso wie ich meine liebe.
Und so nahm Quinn, während Tante Dana die Asche ihrer Schwester in alle Himmelsrichtungen verstreute, die Hand ihrer Schwester Allie.
»Du auch, Sam.«
»Oh, nein. Ich gehöre –«
»Doch, du gehörst zur Familie«, sagte Quinn mit Nachdruck. »Wenn du nicht wärst, hätten wir dieses Boot gar nicht bekommen. Mach schon.«
»Ja, bitte«, sagte Allie.
Und so kam die Reihe an Sam, während Tante Dana ihren Arm um seine Taille schlang und ihr Gesicht an seiner Schulter barg, damit niemand sie weinen sah. Danach trat Allie mit den weißen Blumen vor und warf sie ins Wasser.
Allies Blumen, Quinns Geschenke. Sie waren hinterher verschwunden gewesen, ein Zeichen dafür, dass ihre Gaben angenommen wurden. Jedes Mal, dachte Quinn nun.
Sie musste sich abwenden, weil ihr ebenfalls die Tränen kamen. Der Augenblick des Abschieds war gekommen. Ihre Eltern waren dem Meer übergeben, für immer. Sie sah zu, wie das Sonnenlicht funkelte und die Asche und die Blumen immer weiter wegtrieben. Sie dachte an den Vollmond gestern Abend und fragte sich, ob ein Rest des silbernen Scheins auf den Wellen blieb und den Meerjungfrauen den Weg beleuchtete, die zur Oberfläche schwammen, um ihre Eltern in eine bessere Welt zu geleiten.
»Leb wohl, Mommy«, flüsterte Quinn; Tränen glänzten auf ihren Wangen wie das Sonnenlicht auf den strahlend blauen Wellen.
Leb wohl, mein Liebes, leb wohl, Aquinnah Jane … Ich weiß, dass ihr geborgen seid, dass ihr geliebt werdet …
Quinn hörte die Worte im Wind, und als sie sich umdrehte, um über die Schulter ihrer Schwester nach der Stimme zu spähen, sah sie, wie sich eine Welle an der Klippe brach und eine kristallklare Spirale bildete, angefüllt mit winzigen, bunten Fischen und einer glänzenden grünen Schwanzflosse. Und Quinn hätte schwören mögen, obwohl die Sonne noch am Himmel stand, dass sie das Netz einer Meerjungfrau sah, angefüllt mit Liebe, Meeresleuchten und einem Arm voll weißer Blüten.
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Über Luanne Rice
Luanne Rice hat in den USA zahlreiche Romane veröffentlicht und gilt dort als Bestsellerautorin. In Deutschland erschienen von ihr unter anderen »Wo das Meer den Himmel umarmt«, »Wo Träume im Wind verwehen«, »Wolken über dem Meer« und »Wenn du mir vertraust«. Sie stammt aus Connecticut und lebt heute mit ihrem Mann in New York City.
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Über dieses Buch
Als ihre geliebte Schwester Lily und deren Mann ums Leben kommen, muss die Malerin Dana wohl oder übel in ihre Heimat an der amerikanischen Ostküste zurückkehren, denn Lily hat ihr in ihrem Testament ihre beiden Töchter anvertraut.
Nur mit Mühe gelingt es Dana, das Vertrauen der zwei Mädchen zu gewinnen.
Da taucht Sam auf, ihr Freund aus Jugendtagen und seit damals heimlich in sie verliebt. Doch Dana ist nicht bereit für eine Beziehung, da sie vor nicht langer Zeit von einem Mann tief verletzt wurde.
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Impressum
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2002
unter dem Titel »Safe Harbor« bei Bantam Books, New York.
eBook-Ausgabe 2011
Knaur eBook
© 2002 Luanne Rice
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2003 Knaur Verlag
Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt
Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: Zefa/Masterfile Photograph: Dana Hursey
ISBN 978-3-426-41445-3
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