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Schilf im Sommerwind

Schilf im Sommerwind

Titel: Schilf im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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von dir, Kind.
    Plötzlich schien der Wind noch lauter zu heulen, aber es war eine große Segelyacht, die sich näherte. Quinn wusste, dass sie schreien und winken sollte, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, aber sie wollte nicht, dass ihre Mutter wieder verschwand. Allie erging es genauso: Sie spähte in die Wellen nach dem Ursprung der Stimme aus, die sie beide liebten.
    »Geh nicht weg!«, rief Allie.
    »Mommy!«, schrie Quinn.
    Das Segelschiff drehte aus dem Wind. Das Großsegel wurde gerefft, dann eingeholt, der Motor angeworfen. Der Skipper fuhr näher heran, spähte über die Reling.
    »Alles in Ordnung, ihr beiden?«
    »Ja«, erwiderte Quinn mit klappernden Zähnen.
    »Seid ihr alleine? War sonst noch jemand an Bord?«
    »Niemand war
an Bord
«, sagte Quinn, so ehrlich wie möglich. Der Mann trug einen weißen Regenmantel, und als er sich hinunterbeugte, schob Quinn ihm ihre Schwester in die Arme.
    Sie wollte, solange es ging, im Wasser bleiben. Die Wellen stießen gegen ihre Beine. Sie spürte den Druck an ihren Knöcheln, ihren Knien – oder war es etwas anderes? Als sie klein war, hatte sie gerne in der Badewanne gespielt. Ihre Mutter hatte sie an den Füßen festgehalten und ihr den Beinschlag beim Schwimmen beigebracht.
    Ich möchte, dass du eine gute Schwimmerin wirst, Quinn. Wir leben am Meer, und du wirst bestimmt deine Liebe zum Wassersport entdecken, wie deine Tante und ich. Bei starkem Wellengang oder wenn du weit von der Küste entfernt bist und schwimmen musst, tritt kräftig mit den Beinen, um ans sichere Ufer zu gelangen. Tritt, tritt, tritt. Gut so, Liebes.
    »Tritt, tritt, tritt«, sagte Quinn nun laut, wie damals.
    Schwestern sind etwas Kostbares
, sagte ihre Mutter.
Liebe deine Schwester, Quinn, so wie ich meine liebe.
    »Tante Dana.«
    Die Wellen wurden immer höher.
    »Ich liebe sie auch, Mommy. Und Sam liebt sie. Du kennst ihn nicht. Er ist jung, aber Klasse …«
    Ich kenne ihn, Liebes.
    »Sam hat in meinem Auftrag herausgefunden, dass es ein Unfall und keine Absicht war.«
    Nie im Leben, Quinn. Ich hätte euch niemals absichtlich verlassen.
    Quinn hatte einen Kloß im Hals. Ihr fehlten die Worte vor Freude und aus Liebe, die sie für ihre Mutter empfand.
    »Okay, und jetzt du«, sagte der Mann. Er streckte ihr die Arme entgegen und wartete, dass sie sich daran festhielt. Sie zögerte, sah sich um.
    In diesem Moment stieg im Westen eine Brandungswelle empor, breitete sich aus und bildete eine lange grüne Spirale, kurz bevor sie brach. Der Wellenkamm war glasklar und mit Fischen angefüllt. Quinn sah sie alle – blau, rot und orange glichen sie einem tropischen Schwarm oder den winzigen Fischen in der Meerjungfrau-Kugel.
    Allie wartete an Deck. Sie war in eine Decke gewickelt, die sie nun öffnete, um ihre Schwester hineinschlüpfen zu lassen. Quinn schmiegte sich an sie, und gemeinsam blickten sie über die Reling ins Meer.
    Die Männer waren am Funkgerät. Quinn hörte, wie sie die Küstenwache verständigten. Im Äther rauschte es, als sie meldeten, dass sie zwei Mädchen an Bord genommen hatten, die am Ausgang der Narragansett Bay Schiffbruch erlitten hatten.
    »Nicht vor Martha’s Vineyard?«, fragte Allie.
    »Nicht ganz«, sagte der Skipper. »Wolltet ihr dorthin?«
    »Ja. Wir hatten dort etwas zu erledigen«, sagte Quinn.
    »Bei dem Wetter?«
    »Es war wichtig«, antwortete Allie betrübt.
    »Wir bringen euch nach Newport«, sagte der zweite Mann an Bord, ein großer Blonder mit Bürstenhaarschnitt. »Wenn es recht ist. Eure Tante wartet dort auf euch.«
    Quinn fiel wieder ein, was ihre Mutter über Schwestern gesagt hatte. Sie hatte Tante Dana eine Menge zu erzählen. Nickend erwiderte sie, das sei okay, und nahm Allies Hand. Die Männer wendeten, und die beiden Schwester blickten über das Heck aufs Meer hinaus.
    »Hältst du nach Kimba Ausschau?«, fragte Quinn.
    Allie schüttelte den Kopf, ihre Augen glänzten. »Er ist bei Mommy.«
    Quinn nickte. Es bedurfte keiner Worte, denn sie wusste, dass Allie Recht hatte. Aber sie konnte nicht aufhören, die See abzusuchen nach einer weiteren glasklaren Welle, die aussah wie die Kugel der Meerjungfrau. Die Mädchen standen nebeneinander, hielten sich an den Händen und erwähnten mit keinem Wort, was ihnen gerade widerfahren war.
    MERMAID
    Aquinnah Jane Grayson hielt die Hand ihrer Schwester und sah, wie eine riesige Welle die Meerjungfrau mit den zwei goldenen Schwanzflossen, von zwei Schwestern auf den Querbalken des

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