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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & William Rotsler
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durch die Tür im Hintergrund gesteckt. »Fünf Minuten, Mr. Präsident.«
    »Danke.« Er sah Barbara wieder an. »Nur wir beide, hm? Und ein bißchen kalifornischen Wein auch.« Er stand auf, und rasch machte sie sich bereit, ebenfalls aufzustehen. »Wissen Sie, daß jemand mal gesagt hat, die Amerikaner wollen unbedingt nur in der Zeitform der Gegenwart leben?«
    »Das ist die einzige Zeitform, die wir haben«, antwortete sie lächelnd.
    »Ist auch gut so, sonst hätten wir nicht das System, dieses Schiwa-Dingsda zu bekämpfen.« Er trat zur Tür und sah, wiederum lächelnd, zu ihr zurück. »Andererseits stellen Sie sich bloß mal vor, was wir für eine Kultur hätten, wenn es in New Orleans keine Bordelle gegeben hätte.«
    Lächelnd und verwirrt blieb sie ein paar Sekunden lang stehen, dann schlüpfte sie durch die Tür ins Oval Office. Licht- und Fernsehkabel wanden sich schlangengleich über den Fußboden; das eine Ende des Raumes war blendend hell erleuchtet. Präsident Knowles saß in seinem mächtigen Schreibtischsessel hinter Lincolns von der Zeit gefurchtem Arbeitstisch. Ein Maskenbildner beugte sich über ihn; das Staatsoberhaupt saß geduldig und mit geschlossenen Augen da. Barbara trat hinter die Kameras und nickte Steve Banning, Senator Mathison und Kongreßmann Hopkins zu, die auf einem der Sofas saßen und ihr entgegenblickten. Sie hatte das Gefühl, zu sehr aufzufallen und trat ein Stück weiter zurück.
    Gilbert McNellis, der Außenminister, sprach mit Michael Potter, seinem Kollegen von der Raumfahrt. Sie glitt an ihnen vorbei und merkte, daß sie automatisch leiser sprachen, als sie näher kam, und ihr flüchtig zulächelten. Sie blieb neben General James McGahan stehen, der sie mit knappem dienstlichem Kopfneigen grüßte.
    »Dreißig Sekunden.«
    Knowles richtete sich höher, nahm einige Papiere zur Hand und blickte direkt in die Kamera. Barbara beobachtete es mit einer gewissen Überraschung, obwohl sie es schon oft gesehen hatte: die Umwandlung John Caleb Knowles’ vom müden, sorgenvollen, ältlichen Politiker zum Präsidenten der Vereinigten Staaten – gelassen, intelligent, kraftvoll, gütig –, dem Manne, der zu bestimmen hatte.
    Sie sah es im Monitor: das Image der Regierung, der traditionellen Regierung. Total: das Weiße Haus. Nah: Weißes Haus, Fenster des Oval Office. Großaufnahme: das Siegel des Präsidenten. »Meine Damen und Herren – der Präsident der Vereinigten Staaten.« Dieser Vorspann, so einfach, so schmucklos, hatte sie jedesmal erregt, ganz gleich, wer im Amt war.
    Überblendung: John Caleb Knowles am Schreibtisch.
    »Meine Mitbürger, ich bringe Ihnen heute Nachrichten, die beunruhigend, vielleicht sogar beängstigend sind …«
     
    Douglas Kress drückte auf den Knopf der Fernsehschaltung in der Seitenlehne seines Armsessels, und das dreidimensionale Hologramm verschwand. Das puppenhausgroße Weiße Haus, von Scheinwerfern allseitig erhellt, faltete sich zusammen, wurde bläulich, löste sich auf. Auch die 3D-Bühne des Apparats verschwand hinter stoffverkleideten Schiebeplatten.
    Kress starrte in den leeren Raum. Alles stürzt ins Nichts, dachte er. In der Stunde der großen Krisis vergeht alles Weltliche. Das zu Nichts werdende Weiße Haus war nur ein weiteres Symbol für das, was dieser Himmelsvorgang in Wahrheit für die Welt bedeutete. Der Herr hat Seine eigene Weise, diese Dinge fein, aber deutlich darzustellen. Nur die Ihm wahrhaft Hingegebenen sind imstande, diese Zeichen von Anfang an zu deuten.
    Kress stand auf und reckte sich. Er fühlte, wie sein Rücken, seine Muskeln sich entspannten. Sie waren verkrampft gewesen, als er auf das 3D-Bild geblickt hatte. Jetzt sangen sie förmlich vor neuer Energie. Die Gnade des Wissens, dachte er. Die letzten, heiligen Tage waren angebrochen.
    Er war ein großgewachsener Mann, gewohnt, in jeder Gruppe, in der er sich befand, zu dominieren, und er war sich seiner Physis bewußt. Auf einmal kam ihm dieses Wohnzimmer zu klein, zu eng vor. Merkwürdig, daß ihm das bisher noch nicht aufgefallen war.
    Kress sah sich im Zimmer um. Die Worte des Präsidenten – armer, irregeleiteter Mensch, so offensichtlich seiner Unzulänglichkeit bewußt – gingen ihm noch durch den Sinn: eine Eröffnung, die er nicht einfach beiseiteschieben konnte, trotz der zweifelhaften Quelle, aus der sie stammte.
    Seine Frau, seine Kinder schauten zu ihm auf. Wie immer warteten sie darauf, daß er sich als erster äußerte. Bleich lag das

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