Schiwas feuriger Atem
erreichten, nährten diese Angst und thematisierten sie – lange bevor es so etwas wie Science Fiction gab.
Es kann deshalb auch nicht überraschen, daß das Thema des vorliegenden Romans, die drohende Vernichtung der Menschheit durch einen herrannahenden Himmelskörper nämlich, zu den ältesten Themen der SF-Literatur überhaupt gehört. Einer der ersten, der den Weltuntergang durch einen an der Erde vorbeziehenden Kometen literarisch gestaltete, war Edgar Allan Poe mit seiner 1839 veröffentlichten Erzählung »The Conversation of Eiros and Charmion« (»Die Unterredung zwischen Eiros und Charmion«). Herbert George Wells, einer der wesentlichen Klassiker des Genres, nahm sich gleich zweimal dieser Thematik an (in der Story »The Star«, 1897, deutscher Titel »Stern der Vernichtung«, und in dem Roman » In the Days of the Comet «, 1906, deutscher Titel Im Jahr des Kometen), und der andere große Klassiker, Jules Verne, steuerte den Roman Hector Servadac (1877, Reise durch das Sonnensystem) bei. Wollte man alle Erzählungen und Romane aufzählen, die sich mit dieser Form der Bedrohung aus dem All beschäftigten, käme eine stattliche Liste zusammen. Interessant ist dabei, daß dieses Thema bis heute nichts an Faszination für Autoren und Leser verloren hat. Und besonders dann, wenn es mit dem Zustand der Welt nicht zum Besten bestellt ist, steht immer mal wieder ein Komet, Meteor, Asteroid, Planet oder Stern symbolhaft drohend am Literaturhimmel. Die letzten markanten Beispiele dieser Art waren Fritz Leibers The Wanderer (1964, Wanderer im Universum) und Lucifer’s Hammer (1977, Luzifers Hammer) von Larry Niven/Jerrry Pournelle. Angesichts dieser bekannten literarischen Realisierungen – hinzu kommen Filme, zuletzt Meteor, die häufig nach literarischen Vorlagen entstanden, etwa nach When Worlds Collide (Wenn Welten zusammenstoßen), 1932 von Philip Wylie und Edwin Balmer veröffentlicht – kann man bei neuen Stoffen dieser Art nichts substanziell Neues, sondern nur neue Varianten und Facetten erwarten. Und das gilt auch, wenn ein literarisch und wissenschaftlich so versierter Autor wie Gregory Benford daran beteiligt ist.
Dem Thema neue Facetten abgewonnen zu haben, muß man den beiden Autoren allerdings in der Tat zubilligen. Selten zuvor gab es eine derartige Fülle an eindrucksvollen Charakteren, selten zuvor wurden Verzweiflung, Angst, Fluchtreaktionen und Versagen so plastisch geschildert, und selten zuvor geschah dies in einem so nüchternen, unheroischen, fast dokumentarischen Stil.
William Rotsler, ein 1926 geborener Amerikaner, trat zunächst als Zeichner, Bildhauer und Fotograf in Erscheinung, bevor er sich als Autor der Science Fiction zuwandte. Sein starkes Interesse für Kunst fließt häufig auch in seine literarischen Werke ein. Neben unter Pseudonym verfaßten Adaptionen von Film- und Fernsehdrehbüchern – Futureworld (1976) und Return to the Planet of the Apes (2 Romane, 1976) – profilierte er sich mit den Romanen Patron of the Arts (1974, Ein Patron der Künste) – die Kurzfassung dieses Buches wurde für den HUGO und den NEBULA nominiert –, To the Land of the Electric Angel (1976, Ins Land des elektrischen Engels), Zandra (1978) und die hier präsentierte Gemeinschaftsarbeit Shiva Descending (1980, Schiwas feuriger Atem).
Gregory Benford hat derzeit einen Höhepunkt seiner Karriere erreicht und gehört seit dem großen Erfolg seines Romans Timescape (1980 erschienen und mit bislang vier Preisen, darunter dem NEBULA, ausgezeichnet) zu den meistumworbenen amerikanischen SF-Autoren. Benford wurde 1941 in Mobile/Alabama geboren und verbrachte als Sohn eines amerikanischen Offiziers einen Teil seiner Jugend in Japan und der Bundesrepublik. Er studierte Physik, schrieb naturwissenschaftliche Fachartikel für eine Reihe angesehener Zeitschriften und ist außerordentlicher Professor an der University of California. Er veröffentlicht seit 1965 Science Fiction, darunter ein Jugendbuch Jupiter Project, (1975, Das Jupiterprojekt) und In the Ocean of Night (1978, Im Ozean der Nacht). Sein erster Roman erschien 1970 unter dem Titel Deeper Than the Darkness, wurde inzwischen jedoch von dem Autor umgeschrieben und unter dem neuen Titel The Stars in Shroud 1978 neu herausgebracht. Ähnliches soll auch mit Jupiter Project geschehen. Weitere Romane: If the Stars Are Gods (1977) und Find the Changeling (1980).
Sicherlich ist es angebracht, in Gregory Benford einen Autor zu sehen, der in
Weitere Kostenlose Bücher