Schiwas feuriger Atem
dreißig Minuten war es angekommen. Carl arbeitete sich durch das Geröll, kam mit den Reservetanks zurück und rettete die anderen beiden Sterbenden.
Paul Morrisson war der erste Astronaut gewesen, der auf dem Mond bestattet wurde. Das war vom Fernsehen weidlich ausgeschlachtet worden, und Lisa war fest überzeugt, daß sich Carl bei der Aufnahme seinen Platz als Leidtragender sorgfältig ausgesucht hatte: vor den entrollten Fahnen der Vereinigten Staaten und der Vereinten Nationen. Die anderen Astronauten, von denen die meisten dem Programm nicht mehr angehörten, standen in der Runde; aber Carl wußte, wie sich ein Kameramann sein Bild aufbaut.
Lisa mußte zugeben, daß Carl es seiner Voraussicht bezüglich der verschiedenen divergierenden Entwicklungen in politischer, technischer und wissenschaftlicher Hinsicht zu verdanken hatte, daß er immer im Blickfeld der Öffentlichkeit – und der NASA – stand. Er war so populär, daß jedes Schiwa-Team ohne Carl Jagens von vornherein diskriminiert wäre, und daß ein Team, welches ihn nicht als Führer nominiert hätte, aller Wahrscheinlichkeit nach von einem Kongreß-Komitee scharf unter die Lupe genommen werden würde.
Carl Jagens’ Medienmanöver hatten ihn bei seinen Kollegen keineswegs beliebter gemacht. Sie hatten nichts gegen seine anspruchsvolle, dominierende Natur – ihr Tätigkeitsfeld stellte Ansprüche und forderte Dominanz –, aber die Art, wie er diese Eigenschaften betätigte, war manchen unangenehm. Immerhin hatte er Bewunderer und Anhänger; nur war darunter kaum jemand, der direkt mit ihm zusammenarbeitete.
Lisa hob den Kopf und sah Carl an. »Na, Sie haben den Vorgang ja ganz schön polarisiert: entweder nach Ihrem Plan – oder todsicherer Mißerfolg.«
Carl lächelte sie an, erhob sich von seinem Sessel, ging zur Bühne, wandte sich um und blickte seine Kollegen an. »Es ist ganz einfach der Plan, um Schiwa zu stoppen.«
» Ein Plan«, verbesserte Diego.
»Es muß beim erstenmal klappen, Carl«, sagte Dink. »Ich meine, wir müssen noch eine Unterstützungsaktion fahren.«
»Einverstanden«, lächelte Carl. »Mein Team geht mit der Sowjetsuperbombe los, und Ihr Team…« er sah Lisa bedeutsam an – »macht die Aufräumungsarbeiten. Die größten Meteore des Schwarms, und so weiter.«
Lisa seufzte. »Aha«, sagte sie leise, »ein großer dramatischer Schlag, eine große entscheidende Explosion.«
»Ja«, nickte Carl sachlich.
»Wenn Sie Chuck das verkaufen können«, warf Dink ein.
Carl machte eine lässige Handbewegung, als sei dieser Punkt nicht so wichtig. »Es ist die einzige Möglichkeit, und Bradshaw ist intelligent genug, um es einzusehen. Wenn man alle die anderen Systemstudien…«
»Die sind noch gar nicht fertig«, sagte Dink scharf.
Carl zuckte die Achseln. »Ich war gestern in Boston und habe mit den Leuten gesprochen, die diese Studien erstellen. Mit denen, die wirklich Bescheid wissen. Daher habe ich eine ungefähre Ahnung, wie der Bericht aussehen wird, wenn er herauskommt.«
»Aha«, sagte Lisa so leise wie vorhin, »das Geheimnis des Erfolges: mit den richtigen Leuten sprechen… und zur richtigen Zeit.«
Ohne darauf einzugehen sah Carl auf die Uhr. »Ich gehe jetzt. Schlaft ein bißchen. Ihr werdet schon sehen, daß ich recht habe.« Er spendete ihnen ein breites vertrauensvolles Lächeln.
»Jawohl, Sir«, sagte Lisa militärisch, und Carl warf ihr im Hinausgehen einen ärgerlichen Blick zu.
»Ah ja, ein Held ist eben immer beliebt«, sagte Dink.
»Weißt du – Carl hat wahrscheinlich sogar recht«, murmelte Diego.
»Weiß ich, weiß ich«, erwiderte Lisa, »aber es ist eine Methode und nicht die Methode. Dieser Mann…«
»Paß auf, daß er dir nicht auf die Zehen tritt«, warnte Diego .
»Er kann schon im Team spielen«, sagte Dink, »aber es muß sein Team sein.« Seufzend stand er auf. »Will man lieber auch ’n bißchen schlafen. Wir Terminalsitzer brauchen unseren Schönheitsschlaf.« Er winkte ihnen zu: »Wiedersehen, Schönheit… Wiedersehen, Zorro«, quetschte sich durch die Stuhlreihen und ging hinaus.
Diego wandte sich um und sah Lisa an, die einige Reihen hinter ihm saß. »Na?«
»Was – na?«
»Dinner bei Culberson? Kerzenlicht? Und dann…«
Lisa lächelte müde und nickte. »Dinner ja, Colonel Calderon, aber hier in der Basis. Ich will früh nach Hause. Ich muß einen ganzen Stapel Bücher durcharbeiten. Material über die Sowjetbombe, die sie uns schicken wollen.«
»Hm, ja. Ich
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