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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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interpretieren könnten. Er hatte das Flugzeug beobachtet und Eds tollkühne Fahrt zum Lieferantentor heraus und die Extension entlang gar nicht mitbekommen.
    »Hören Sie, es tut mir wirklich leid«, sagte Ed aufrichtig, aber in Wirklichkeit sah er mehr als zerknirscht, er sah betroffen aus. Plötzlich fragte sich Ralph, wie weit er diesem Ausdruck trauen konnte, und ob er wirklich die geringste Ahnung hatte
    (Hey, hey, Susan Day)
    was hier gerade vorgefallen war … und wer, zum Teufel, war überhaupt Susan Day?
    »Ich habe mir den Kopf am Lenkrad gestoßen«, sagte Ed, »und ich schätze, das hat mir die Birne wirklich durchgeschüttelt.«
    »Ja, das glaube ich auch«, sagte der Schwergewichtige. Er kratzte sich am Kopf, sah zum dunklen, verhangenen Himmel hinauf und dann wieder zu Ed. »Sollen wir uns einigen, Freund?«
    »Ja? Und was wäre das für eine Einigung?«
    »Tauschen wir einfach Namen und Telefonnummern aus, statt die ganze Scheiße mit der Versicherung abzuziehen. Dann gehen Sie Ihrer Wege und ich meiner.«
    Ed sah Ralph unsicher an, der zuckte die Achseln, und dann wieder den Mann mit der West-Side-Gardeners-Kappe.

    »Wenn wir die Cops einschalten«, fuhr der Schwergewichtige fort, »sitze ich in der Scheiße. Wenn sie nachfragen, werden sie als Erstes erfahren, dass ich letzten Winter ein Verfahren wegen Trunkenheit am Steuer hatte und mit einem provisorischen Führerschein fahre. Sie werden mir wahrscheinlich Ärger machen, obwohl ich auf der Hauptstraße war und Vorfahrt hatte. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Ja«, sagte Ed, »ich denke schon, aber der Unfall war allein meine Schuld. Ich bin viel zu schnell gefahren …«
    »Der Unfall selbst ist wahrscheinlich gar nicht so wichtig«, sagte der Schwergewichtige, ehe er misstrauisch zu einem näher kommenden Lieferwagen sah, der auf dem Seitenstreifen hielt. Er sah Ed wieder an und fuhr hektisch fort. »Sie haben etwas Öl verloren, aber es hat inzwischen aufgehört zu tropfen. Ich wette, Sie könnten damit nach Hause fahren … wenn Sie hier in der Stadt wohnen. Sie wohnen doch hier in der Stadt?«
    »Ja«, sagte Ed.
    »Und ich würde mich an der Reparatur beteiligen; bis fünfzig Piepen oder so.«
    Ralph hatte wieder eine Offenbarung; nur damit ließ sich der plötzliche Sinneswandel des Mannes erklären, der von Aufsässigkeit zu etwas wie Einschmeichelei ging. Ein Verfahren wegen Trunkenheit am Steuer? Ja, wahrscheinlich. Aber Ralph hatte noch nie von einem provisorischen Führerschein gehört und fand, dass das mit ziemlicher Sicherheit Quatsch war. Der alte Mr. West Side Gardeners war ohne Führerschein gefahren. Was die Situation noch komplizierter machte: Ed sagte die Wahrheit - der Unfall war einzig und allein seine Schuld gewesen.

    »Wenn wir einfach weiterfahren und es dabei bewenden lassen«, fuhr der Schwergewichtige fort, »müsste ich die Sache mit meinem Verfahren wegen Trunkenheit am Steuer nicht noch mal erklären, und Sie müssen nicht erklären, warum Sie aus Ihrem Auto gesprungen sind, mich geschlagen und etwas von einer Wagenladung toter Babys gefaselt haben.«
    »Habe ich das wirklich gesagt?«, fragte Ed bestürzt.
    »Das wissen Sie doch ganz genau«, antwortete der Schwergewichtige grimmig.
    Eine Stimme mit weichem frankokanadischen Akzent fragte: »Alles in Ordnung hier, Leute? Niemand verletzt? … Eyyy, Ralph! Bist du das?«
    Auf dem Lieferwagen, der an den Straßenrand gefahren war, stand der Name der Trockenreinigung DERRY DRY CLEANERS, und Ralph erkannte den Fahrer als einen der Brüder Vachon aus Old Cape. Wahrscheinlich Trigger, der jüngste.
    »Ja«, sagte Ralph. Ohne zu wissen, warum, oder sich nach dem Grund zu fragen - er handelte zu diesem Zeitpunkt nur noch nach Bauchgefühl -, ging er zu Trigger, legte ihm einen Arm um die Schultern und führte ihn in Richtung des Wäschereiwagens zurück.
    »Die Jungs okay?«
    »Bestens, bestens«, sagte Ralph. Er drehte sich um und sah, dass Ed und der Schwergewichtige neben der Ladefläche standen und die Köpfe zusammensteckten. Ein weiterer kalter Regenguss fiel hernieder und trommelte wie ungeduldige Finger auf die blaue Plane. »Blechschaden, mehr nicht. Sie einigen sich gerade.«
    »Schön, schön«, sagte Trigger Vachon beruhigt. »Wie geht’s der hübschen kleinen Frau von dir, Ralph?«

    Ralph zuckte zusammen und fühlte sich plötzlich wie ein Mann, dem in der Mittagspause einfällt, dass er vergessen hat, den Herd abzuschalten, bevor er zur Arbeit gegangen

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