Schlangenjagd
schneller, als ich erwartet hatte. In weniger als einer Minute ist der Kasten weg.«
»Ich versuche es trotzdem. Ich erwarte dich an der Heckreling.«
Cabrillo rannte einfach weiter.
»Und wir kommen auch schon«, gab Max Hanley von der
Oregon
durch. »Rettungsteams machen sich bereit, falls du in den Bach fällst.«
Juan wurde keinen Deut langsamer. Bei seinem Lauf hatte er sich für die Steuerbordseite entschieden, weil der Rumpf dort nicht geborsten war. Hinter ihm stieg das Wasser ständig höher. Ein Drittel des Tankers wurde bereits vom rauen Seegang überspült, und jede Sekunde sackte das Wrack tiefer.
Er erreichte den Decksaufbau und eilte über den schmalen Laufgang zwischen Aufbau und Reling, wobei das zunehmend steilere Deck seinen Beinen die letzten Kraftreserven abverlangte. Er erreichte den Flaggenmast der
Sidra
mit seiner durchnässten liberianischen Flagge, während das Wasser bereits die obere Kante des Baus mit den Mannschaftsquartieren überspülte. Von George Adams mit seinem Robinson war nichts zu sehen. Cabrillo musste wohl oder übel abwarten und beten, dass er nicht zu tief ins Meer gesogen wurde, wenn das Schiff unter ihm wegsackte.
Er wollte gerade über die Reling klettern, als der Hubschrauber hinter dem grotesk schief stehenden Decksaufbau hervorkam. Aus der hinteren Tür hing eine behelfsmäßige Leiter herab, die aus zusammengeknüpften Gewehrriemen, einer Tarnjacke, einigen längeren Kabelenden irgendwo aus dem Cockpit und Eddie Sengs Hose am unteren Ende bestand.
Ein Stockwerk über Cabrillo explodierte zu diesem Zeitpunkt eine ganze Reihe von Bullaugen, die durch den enormen Luftdruck aus den Rahmen gedrückt worden waren, als Wasser den Decksaufbau füllte. Er wandte den Kopf ab, um sein Gesicht vor den Glassplittern zu schützen, die auf ihn herabregneten. Dann schaute er wieder hoch und bemerkte Eddies Hose, die flatternd auf ihn zukam.
Er sprang hoch, als der Helikopter genau über seinem Kopf schwebte, schob einen Arm durch ein Hosenbein und wurde in die Luft gerissen. Dabei drehte er sich und schaukelte wie eine Puppe an einer Schnur. Unter ihm verschwand die
Gulf of Sidra
in den Wellen. Markiert wurde ihr Grab durch eine Gelpfütze, die einige tausend Mal kleiner war, als Singer beabsichtigt hatte.
Der Erste, der sie nach ihrer unglaublichen Landung im Hangar der
Oregon
begrüßte, war Maurice. In seinem üblichen schwarzen Anzug und mit einem frischen weißen Geschirrtuch über einem Arm bot er den gewohnt makellosen Anblick. In der anderen Hand hielt er ein Serviertablett mit silbernem Deckel. Während Juan schwerfällig aus dem Robinson stieg und Max, Linda und Sloane erschienen, um ihn freudig zu begrüßen, kam Maurice näher und hob mit einer eleganten Bewegung den Deckel vom Tablett.
»Hier ist Ihre frühere Bestellung, Captain.«
»Meine frühere Bestellung?« Erschöpft nach den überstandenen Strapazen, hatte Juan keine Ahnung, wovon der Steward redete.
Maurice war viel zu förmlich, um auch nur ein Lächeln zustande zu bringen, doch seine Augen funkelten fröhlich. »Ich weiß zwar, dass dies im strengen Sinn kein Hurrikan ist, aber ich glaube doch, dass Ihr Gruyère und das Hummer-Souffle mit gebackenem Alaska als Dessert gewiss munden werden.«
Sein Timing war so perfekt, dass das köstliche Soufflé noch nicht eingefallen war und sogar dampfte. Belohnt wurde diese Aufmerksamkeit mit lauten Gelächter, das durch den Hangar hallte.
Es war das zehnte Gewitter, das über dem Atlantik entstand und genügend Kraft besaß, um sich zu einem tropischen Sturm zu entwickeln und daher mit einem eigenen Namen versehen zu werden. Obwohl sich der Sturm sogar zu einem Hurrikan mit enormer Zerstörungskraft gesteigert hatte, schien sich das Auge nicht vollständig auszubilden. Meteorologen hatten dafür keine Erklärung. Ein solches Phänomen war ihnen noch nie begegnet.
Das war auch ganz in Ordnung. Die Saison war für eine hohe Anzahl von Stürmen noch ziemlich jung, und eine Bevölkerung, die solcher Naturkatastrophen überdrüssig war, machte sich keine ernsthaften Sorgen wegen eines Hurrikans, der aus irgendeinem Grunde darauf verzichtete, sein Zerstörungswerk zu beginnen. Um der Tradition zu entsprechen, wurde jeder Sturm nach dem entsprechenden Anfangsbuchstaben im Alphabet benannt, sodass der Name des ersten Sturms immer mit einem A begann, der zweite mit einem B und so weiter. Da dies der zehnte Sturm war – zudem ein Sturm, der niemals auf dem Festland
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