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SCHLANGENWALD

Titel: SCHLANGENWALD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Mayer-Zach
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deine Stärke“, sülzte er. „Selbstverständlich erhältst du ein ordentliches Honorar für den zusätzlichen Aufwand.“
    Paula musste sich beherrschen, um ihm nicht ihre Meinung ins Gesicht zu brüllen. Was bildete sich Santo ein? Er glaubte wie immer, dass er sich mit Geld alles und jeden kaufen konnte. Auch dass er etwas verschwieg, um sie dann vor vollendete Tatsachen zu stellen, war typisch für ihn. Von wegen: Er wollte sie nicht unnötig beunruhigen! Pah! Sie hätte gute Lust gehabt, sein Angebot abzulehnen und einen Abgang zu machen. Wären da nicht die Schwierigkeiten gewesen, mit denen sie in ihrer Einpersonenfirma ständig konfrontiert war. Es war hart genug, Aufträge an Land zu ziehen. Wie schwierig es erst für Santo sein musste, ein so großes Unternehmen wie seine Agentur in wirtschaftlich schwierigen Zeiten über Wasser zu halten, mochte sie sich gar nicht erst vorstellen. Paula blieb.
    Als das Telefon klingelte, nahm Santo den Hörer ab.
    „Danke. Ich werde die Kunden persönlich vom Empfang abholen. Aber das heiße Wasser für den Tee fehlt hier noch und frischen Kaffee sehe ich auch keinen. Erledigen Sie das bitte rasch.“
    Zu Paula sagte er: „Die Leute von Qualistant Ltd. sind da. Pannen dürfen heute keine passieren. Das Überleben der Agentur hängt von diesem Auftrag ab. Paula, ich verlasse mich auf deine Professionalität.“
    Immer drischt er dieselben Phrasen, dachte sie insgeheim. Laut sagte sie: „Keine Sorge, es ist ja nicht das erste Mal, dass ich die Kastanien für dich aus dem Feuer hole.“
    Paula klickte ein Symbol auf dem Bildschirm an. Auf derLeinwand erschien das erste Bild der Präsentation in gestochen scharfer Qualität. „Herzlich willkommen“.
    „Sieht gut aus“, murmelte Santo und weg war er.
    Paula sah sich um. Es war wie in alten Zeiten: das Kribbeln in der Bauchgegend, das Lampenfieber vor dem großen Auftritt. Sie musste zugeben, dass sie das Gefühl genoss, wieder einmal hier zu stehen als Verantwortliche für ein so großes Projekt. Doch bevor sie überlegen konnte, ob ihr dieses Gefühl abgegangen war, betrat eine Sekretärin den Raum, brachte Kaffee und heißes Wasser und verschwand ebenso wortlos, wie sie gekommen war. Keine Minute später betrat Santo mit einer Gruppe von fünf Personen den Raum. Paula war die einzige Frau in der Runde. Ein Doktor Kandin übernahm vis-à-vis von Paula den Vorsitz. Kein unansehnliches Gegenüber, wie sie zugeben musste, Kandin wirkte sehr charmant. Paula schätzte ihn auf Mitte vierzig. Die mittelblonden Haare trug er kurz geschnitten. Irritierend waren seine dunklen Augen, mit denen er jede ihrer Bewegungen verfolgte.
    Santo entschuldigte die erkrankte Kollegin, wobei er den Grund für ihre Abwesenheit verschwieg, und stellte Magistra Paula Ender als neue Projektleiterin vor. Sie widersprach ihm nicht. Wenn er meinte, dass ihm das einen Vorteil verschaffte, sollte er doch taktieren, wie er es für richtig hielt. Für einen Vormittag tat sie ihm gern diesen Gefallen.
    Zwei Stunden später war alles gelaufen. Die Kunden der Firma Qualistant Ltd. zeigten sich beeindruckt von den Unterlagen und der Strategie, mit der das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte. Paula tat ihr Bestes und wie es schien, war Santos Agentur dem Auftrag einen entscheidenden Schritt nähergekommen. Immerhin ging es um den Werbeetat einer Kette exklusiver Tourismuscenter, die in den nächsten Jahren unter deutsch-österreichischer Flagge weltweit errichtet werden sollte. Nach dem Mittagessen mit den Kunden wollte sichPaula verabschieden, doch Santo bat sie zu einer kurzen Unterredung in sein Büro.
    „Als Erstes die gute Nachricht: Wir haben es geschafft. Wir haben den Zuschlag für das Projekt. Der Vertrag wird nächste Woche in allen Einzelheiten ausverhandelt. Das, liebe Paula, ist zu einem Großteil dein Verdienst. Dein Honorar wird sofort am Montag überwiesen und ich werde mir erlauben, noch einen Extrabetrag für deinen kompetenten Auftritt heute Vormittag draufzulegen.“
    Paula konnte ein Lächeln nicht verbergen. Diesmal hatte es sich ausgezahlt, ihren Ärger vor Santo nicht zu zeigen. Die Präsentation hatte ihr ebenso Freude gemacht wie das exklusive Mittagessen, das sie im „Le Ciel“ mit Blick über Wien eingenommen hatte. Mit einem interessanten Gesprächspartner wie Doktor Kandin an ihrer Seite.
    „Und was ist die schlechte Nachricht?“, fragte Paula, die bereits wusste, dass noch irgendetwas im Busch war, wenn

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