Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wiechmann
Vom Netzwerk:
hier? Francesca schob die Decke vor dem Eingang beiseite.
    »Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte sie.
    »Hast du nicht«, log ich. Neben ihrem Schlafsack hatte sie noch drei weitere Isomatten dabei, mit denen sie begann das Lager auszupolstern.
    »Max hat gesagt, dass es wärmer ist, wenn wir unsere Schlafsäcke zusammenstecken. Das soll mit den Reißverschlüssen gehen«, meinte sie. Ich schälte mich aus meinem Schlafsack und versuchte die Schlafsäcke zu verbinden. Nach drei Minuten Gefummel klappte es endlich, und ich schob meinen kalt gewordenen Hintern in den neuen Riesenschlafsack. Francesca zog ihre Jacke und ihre Hose aus. Ihren Pullover, die Socken und eine lange Unterhose behielt sie an. Zu zweit war es wirklich wärmer.
    »Danke, dass du gekommen bist«, sagte ich zu Francesca und gab ihr einen Kuss.
    »Mmmmmh«, brummte sie.
    Ich machte die Taschenlampe aus und kuschelte mich an Francesca. Ich war schon fast eingeschlafen, als ich Francesca fragen hörte:
    »Ähhmm, scusami – bleibt das hier eigentlich die ganze Zeit so dunkel?«

28. Kapitel: In welchem ein Berliner mit den Finessen der bayerischen Politik vertraut gemacht und eine Antwort auf die wichtige Frage »Was würde Franz Josef tun?« gefunden wird
    Politik ist ein heikles Thema in Bayern. Findet überhaupt welche statt? Und wenn ja, warum merkt man davon so wenig? Vielleicht, weil so viel davon im Verborgenen stattfindet? Wo Politik gemeinhin nicht stattfinden soll? Jahrelang hatte die CSU mit einem einfachen und simplen Konzept Erfolg, mit dem auch schon einmal ein findiger Radiosender um die Gunst seiner Hörer buhlte: »Schalten Sie nicht um, die anderen sind auch nicht besser.« Doch in den letzten Jahren war die Macht der Christsozialen gebröckelt. Und wer an einen Zufall glaubt, irrt. Der Verlust der absoluten Mehrheit der CSU bei den Landtagswahlen ist ein Zeichen. Vor allem dafür, dass die Bayern zwar geduldige Menschen, aber nicht dumm sind.
    Max hatte schlechte Laune. Wir waren nach der Arbeit auf dem Weg nach Hause. Es war ein kühler, regnerischer Februartag und die ganze Stadt wartete bereits ungeduldig auf den Frühling. Ein klassischer Fall von Selbstbetrug, der seine Ursache in der Identifikation Münchens als nördlichste Stadt Italiens hat. Den Münchnern ist das italienische dolce far niente bereits so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie kurzerhand feststehende unerschütterliche geologische Tatsachen leugnen. Weil die Erde nun mal schief im Weltall steht, beginnt der Frühling nördlich der Alpen sehr viel später als eben im echten Italien. Mit Glück Ende März. Aber eigentlich erst im April. Nur schert das die Münchner nicht, weil sie der Meinung sind, dass sie als halbe Italiener ein Recht auf Frühling im Februar haben. Schiefe Erdachse hin oder her. Aber es war nicht das Wetter, das Max die Stimmung verhagelt hatte, sondern ein Brief. Von seiner Krankenversicherung.
    »Woist, was mir die geschrieben ham? Die ham gschrieben: ›Sehr geehrter Herr Brunner, die Medizin macht laufend Fortschritte. Damit wir Ihnen auch in Zukunft die beste medizinische Versorgung garantieren können, sind wir gezwungen, Ihren Beitrag zur Krankenversicherung entsprechend anzupassen.‹ Da legst di nieder. Jedes Jahr derselbe Scheiß. Woist, was i machen du? I schreib deanen auch oanen Brief. Naa, i schreib glei zwoa. Oanen schreib ich an die Krankenversicherung. Da schreib i eini, dass mir auch dies Joar die dreckerte oide Medizin vom Vorjahr reicht und dass i di neue net wui. Und dann schreib i noch aonen Brief an den Finkenzeller …« Unser Chef. »… und in den schreib i eini, dass i, also der Max Brunner, laufend Fortschritte mache. Und in diesem Joar schon wieder schlauer gwordn bin als im letzten. Und damit er auch in diesem Joar a erstklassige Arbeit von mir erwortn kann, muss i leider meinen Lohn erhöhen. Des schreib i nei.«
    Max prustete wie ein Nilpferd, das nach Tagen der Dürre endlich Wasser gefunden hat. Ich kannte diesen Brief. Ich hatte ihn auch bekommen. Etwas anders im Wortlaut zwar, aber mit demselben Tenor.
    »Was regst du dich so auf? Die nehmen halt, was sie kriegen können. Ihr Bayern müsstet daran doch eigentlich gewöhnt sein. Ich meine, ihr habt jahrelang der CSU sämtliche Affären durchgehen lassen. Immer schön brav euer Kreuz gemacht, obwohl Besserung gelobt wurde. Und ihr wurdet wieder und wieder ausgenommen. Da kannst du dich doch wegen der acht Euro im Monat nicht so heiß

Weitere Kostenlose Bücher