Schleier des Herzens (German Edition)
Audienz des Emirs kamen. Zwar hatten alle schwere Parfüms aufgelegt, aber das überdeckte den Geruch ungewaschener Körper nur ungenügend. Beatriz zwang sich, trotzdem freundlich auf den Ritter zuzugehen. Schließlich kannte sie ihn von Kindheit an, und früher hatte sein Geruch sie nie gestört.
»Don Simon de la Valle! Wie schön, Euch zu sehen! Habt Ihr Euch inzwischen mit Carmen vermählt?«
Der Ritter war mit Beatriz’ engster Freundin verlobt gewesen.
Don Simon nickte strahlend. »Das will ich meinen! Und zwei Söhne hat sie mir bereits geschenkt!«
Beatriz staunte. Das war schnell gegangen. Simon musste Carmen praktisch in der Hochzeitsnacht geschwängert haben und dann gleich wieder einen oder zwei Monde nach der Geburt des ersten Kindes. In Granada war so etwas fast undenkbar, man gab den Frauen viel Zeit, sich von Geburten zu erholen.
»Und Ihr, Don Pedro, immer noch verliebt in die schöne Maria José?«, neckte Beatriz den zweiten der Ritter. Der Jüngling stand schon seit seiner Zeit als Knappe in Don Aguirres Diensten und schwärmte für eines der Küchenmädchen. »Hat sie Euch inzwischen erhört?”
Don Pedro, ein braunhaariger, eher kleiner Mann, lief puterrot an.
»Und ob sie hat!«, lachte Don Simon dröhnend, Vor ihm stand ein Weinpokal, dem er offensichtlich schon fleißig zugesprochen hatte. Er schien das häufig zu tun. Beatriz bemerkte die ersten Tränensäcke und schwammigen Züge in seinem früher klar geschnittenen Gesicht. »Einen hübschen, runden Bauch hat er ihr gemacht – und bei seiner Frau war er auch nicht faul, da ....«
»Ihr seid verheiratet?« Beatriz runzelte die Stirn. In ihrer Erinnerung war Pedro noch ein Knabe, er zählte gerade mal neunzehn Lenze. Allerdings war er der einzige Erbe seines Vaters, und es war also durchaus möglich, dass man ihn früh vermählt hatte.
Der junge Mann fasste sich langsam wieder.
»Ja, Donna Beatriz. Mir wurde Annabella Gutierrez zur Frau gegeben.«
»Der kleinen Annabella? Sie war doch noch ein Kind. Und nun ist sie auch schon schwanger?« Beatriz ließ sich nicht anmerken, wie schockiert sie war. Im Harem wussten die meisten Frauen, wie man eine Empfängnis verhü tete, wenn die Braut noch zu jung und zu zierlich war. Die Erinnerung an Ambar und Mammars böse Launen drängte sich ihr auf. Aber selbstverständlich war das Kind nie in Gefahr gewesen, schwanger zu werden.
Don Pedro schüttelte bedauernd den Kopf. »Sie war es, Herrin, aber sie starb bei der Geburt. Das Kind lebt zum Glück, ein hübsches Mädchen ...«
Beatriz war entsetzt. »Sie war viel zu klein und zu jung für ein Kind ...«, hielt sie dem Ritter vor. »Wenn Ihr ein paar Jahre gewartet hättet ...«
»Gott gibt und Gott nimmt«, mischte der Priester sich ein. »Eine christliche Ehe muss vollzogen werden ....«
Beatriz wandte sich ab. Sie hatte inzwischen das Gefühl, als scheuere das Korsett ihre Haut auf. Überall, wo es nicht schmerzte, juckte es unerträglich.
Unwillig runzelte sie die Stirn, als Simon sich schnell zum dritten Mal den Becher mit Wein füllte.
Inzwischen hatte Don Aguirre die Unterhaltung an sich gezogen. Er befragte Beatriz eindringlich nach ihren Erlebnissen in dem fremden Land – und Amir war ihr dankbar, dass sie nur eine stark entschärfte Version der Ereignisse lieferte. Allerdings berichtete sie von ihrem Sohn und dessen Herkunft, was Don Alvaro etwas schlucken ließ. Der Priester murmelte etwas von Bastard, woraufhin Beatriz ihn böse anfunkelte.
»Mein Sohn Alvaro ist ein anerkanntes Kind aus einem örtlichen Adelshaus. Er wurde nicht im Himmel, aber auch nicht in Sünde gezeugt! Es steht Euch nicht zu, über ihn zu urteilen!«
Padre Javier wollte etwas erwidern, aber Don Alvaro zwang die Kontrahenten zu einem Themenwechsel. Launig erzählte er von seinem Gut, der letzten Ernte und Beatriz’ Brüdern, die langsam alt genug wurden, um als Knappen anderswo in Dienst gegeben zu werden.
»Ihr könnt gern einen oder beide hierher in die Alhambra schicken«, bot Amir an. »Unsere Knappen erhalten eine hervorragende Ausbildung.«
»Und verlieren dabei ihren Glauben!«, mischte sich der Priester ein. »Unmöglich!«
Mit fortschreitendem Abend hatte Beatriz immer mehr das Gefühl eines Tanzes auf dem Vulkan. Sie genoss zwardas Zusammensein mit ihrem Vater, aber die unbequeme Kleidung machte sie rasend, und das unbekümmerte Verhalten der Ritter erst recht. Sie mussten wissen, dass Alkoholgenuss in maurischen Ländern verpönt
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