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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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Heiden dort drüben seien zu feige, um richtige Pferde zu beherrschen. Ziehen sie nicht Stuten als Reittiere vor?«
    »Das stimmt«, bemerkte Don Alvaro mürrisch. »Eine alte arabische Sitte. Obwohl ich mich der Deutung hier nicht anschließen würde. Oft ist eine edle Stute schwerer zu bändigen als ein grobschlächtiger Streithengst – was das angeht, haben Frauen und Pferde manches gemeinsam ... Wo habt Ihr das Tier erbeutet, Don Diego?«
    De Ciento warf sich in die Brust.
    »Wenn Ihr Euch nur den stärksten Feinden stellt, so findet Ihr auch unter den Mauren richtige Männer!«, erklärteer stolz und wandte sich dann augenzwinkernd an Beatriz. »Der aufbegehrende Hengst verlangt die starke Hand des Kämpfers, die ungebärdige Stute die geschickte Hand des Künstlers ...« Spielerisch liebkosten seine Finger die Schulter von Beatriz’ Reitpferd, während seine Augen den zarten Hals seiner Verlobten und den Ansatz ihrer Brüste zu streicheln schienen. Beatriz meinte, seine zärtlich forschenden Bewegungen auf ihrer Haut zu spüren. Sie atmete rascher, kein Gedanke mehr an eine unverfängliche Erwiderung ...
    »Dann zeigt uns mal, was Ihr könnt – als Reiter!«, brummte Don Aguirre, der die Tändelei der beiden zweifellos bemerkte. Für seinen Geschmack ging Don Diego hier erheblich zu weit. Beatriz war ihm zwar versprochen, aber bis zur Hochzeit würden noch Monate vergehen ... Don Aguirre hoffte sehr, dass die beiden solange wenigstens vor dem letzten Schritt zurückschreckten.
    »Und du, Beatriz, steck dein Haar ordentlich auf! Die Reiter sollen dem Wild nachstellen, nicht deiner hübschen Larve ...«
    Beatriz lachte befangen, zog sich dann aber wirklich von Diego zurück. Auch der junge Mann schwang sich nun in den Sattel. Vielleicht würden sich später noch weitere Momente ergeben ... Das Jagdfeld blieb selten geschlossen, und womöglich fand sich die Gelegenheit, mit Beatriz zurückzubleiben. Hasen und Wildschweine jagen konnte er jeden Tag – die Erforschung weiblicher Reize lockte ihn weitaus mehr.
    Beatriz’ Blick verriet ihm, dass sie ähnliche Gedanken hegte. Im Sonnenlicht schienen ihre Augen tiefblau zu leuchten – wie das Meer veränderten auch sie ihre Farbe je nach Stimmung und Tageszeit –, aber ab und zu blitzten aquamarinblaue Sterne darin auf. Sie betrachtete den schlanken jungen Mann an ihrer Seite mit unverhohlenerLeidenschaft. Schließlich war auch Don Diego eine strahlende Erscheinung – mit seinem dichten Haar und der hoch gewachsenen Gestalt stach er unter den meisten kastilianischen Rittern hervor. Dazu wusste er sich zu kleiden. Wohlgefällig betrachtete Beatriz sein eng sitzendes dunkelgrünes Wams, unter dem sich die Muskeln seines Oberkörpers deutlich abzeichneten. Seine Taille war eng gegurtet, die kostbare Gürtelschnalle ebenso ein Blickfang wie der steife, gestärkte weiße Kragen, der sein Wams Richtung Kinn erweiterte. Nach neuester Mode waren seine Hosenbeine geschlitzt und dezent mit braunem Stoff unterlegt. Sie verdeckten nur einen Teil seiner muskulösen Oberschenkel, der Rest bot sich Beatriz’ neugierigen Blicken in moosgrünen seidenen Strümpfen dar. Hohe, kostbare Lederstiefel rundeten das Bild des Caballero ab. Zudem trug Diego selbstverständlich parfümierte Handschuhe – Beatriz’ Herzschlag beschleunigte sich, wenn sie an den Duft ihres Geliebten dachte: ein bisschen Moschus, edelstes Leder, ein Hauch von Pferdeschweiß, der den Ritter vom Dandy unterschied ...
    »Was ist, meine Liebste, träumt Ihr?«, fragte Diego lächelnd.
    Beatriz riss sich zusammen. Während sie ihren lüsternen Gedanken nachhing, hatte sich das Jagdfeld zum Aufbruch formiert. Don Aguirre führte die Reiter durch das Tor seiner Hacienda hinaus auf freies Feld. Die Hunde stöberten herum und nahmen Witterung auf. Beatriz und Diego mussten sich beeilen, den Anschluss nicht zu verlieren. Während die Reiter zunächst durch Don Alvaros Dattel- und Orangenpflanzungen ritten, blieb die Gruppe zusammen. Beatriz und Diego plauderten mit anderen Jagdteilnehmern, und mehr als einer der Reiter warf Beatriz bewundernde, Diego jedoch neidische Blicke zu. Nur selten ritten Frauen mit auf dieJagd, und kaum eine saß so verwegen zu Pferde wie Don Aguirres schöne Tochter. Kerzengerade und mit unvergleichlicher Anmut thronte sie im Seitsattel; aus ihrer Frisur hatten sich erste Strähnen gelöst und umspielten ihr schmales Gesicht. Beatriz Aguirre war klassisch schön. Sie hatte volle, klar

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