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Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen

Titel: Schlichte Geschichten aus den indischen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudyard Kipling
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versuchte, dem alten Narren die Pfeife in den Mund zu schieben.
    *
    Heute liegt die Sache folgendermaßen: ich habe mich gedankenlos der Beschuldigung ausgesetzt, dem Stempelschneider dazu verholfen zu haben, Geld unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu erwerben. Und das verbietetParagraph 420 des Indischen Strafgesetzbuches. Ich bin also nicht ohne Grund hilflos. Ich kann der Polizei keine Anzeige erstatten, denn ich habe keine Zeugen für meine Aussagen. Janoo weigert sich entschieden, und Azizun weilt irgendwo in der Nähe von Bareilly, unauffindbar in dem großen Indien. Ich selbst wage es nicht, selbst Gesetz zu spielen und mit dem Stempelschneider zu reden. Denn ich bin fest überzeugt, bei Suddhoo keinen Glauben zu finden, und außerdem würde dieser Schritt Janoos Vergiftung nach sich ziehen, die ihre Schuld mit Hand und Fuß an den Kornhändler fesselt. Suddhoo ist kindisch. So oft wir uns begegnen, redet er murmelnd über meinen dummen Witz, daß die Regierung die schwarze Kunst eher begünstige als verbiete. Sein Sohn ist jetzt gesund, aber Suddhoo steht noch immer vollständig im Banne des Stempelschneiders, nach dessen Rat er sein Leben einrichtet. Janoo muß tagtäglich zusehen, wie der Stempelschneider das Geld einheimst, das sie Suddhoo abschmeicheln zu können gehofft hatte; und sie wird tagtäglich wütender und verdrossener. Sie wird nie reden, weil sie es nicht wagt. Aber, wenn sie nicht durch irgend etwas abgehalten wird, wird der Stempelschneider, fürchte ich, wohl Mitte Mai an der Cholera sterben, an der Choleraart, die weißes Arsenik zum Erreger hat. Und ich werde zum Mitschuldigen werden an einem Morde im Hause Suddhoos.

Seine Ehefrau
    Schreit Mordio auf dem Markt, und wer
Trifft nicht des angsterfüllten Nachbars Blick,
Der fragt: »Bist du der Mann? – Wir hetzten Kain
Vor tausend Jahren durch die Welt;
Das schuf die Furcht der eignen Missetat, die heut
Noch steht.
    Vibarts Sittenlehre.
    Shakespeare spricht einmal von Würmern, vielleicht auch von Fliegen oder Käfern, die sich krümmen, wenn sie allzu hart getreten werden. Das sicherste ist also, niemals einen Wurm zu treten, nicht einmal den jüngsten Leutnant, der gerade von Hause gekommen ist, dessen Uniformknöpfe kaum aus dem Seidenpapier heraus sind, und dessen Backen noch strotzen vom Saft der heimischen Braten. Hier folgt die Geschichte eines Wurms, der sich krümmte. Der Kürze halber wollen wir Henry Augustin Ramsay Faizanne den Wurm nennen, obwohl er in Wirklichkeit ein äußerst hübscher Junge war. Er hatte noch kein Härchen im Gesicht und dazu die Taille eines jungen Mädchens, als er zum zweiten indischen Jägerregiment kam, wo man ihn weidlich quälte. Die »Jäger« sind ein höchst vornehmes Regiment, und wer gut mit ihnen auskommen will, muß mancherlei verstehen: Banjo spielen, und nicht nur einigermaßen gut reiten, singen oder schauspielern können.
    Der Wurm konnte weiter nichts, als vom Pony fallen und mit seinem Gespann Splitter vom Torpfosten stoßen. Aber selbst das wurde mit der Zeit eintönig. Er liebte das Whist nicht, stieß Löcher ins Billard, sang falsch, blieb zu viel für sich allein und schrieb Briefe an seine Mama und Schwestern nach England. Aber diese fünf Eigenschaften sind Laster, die die »Jäger« nicht lieben, und die sie auszurotten bemüht waren. Leutnants verstehen es bekanntlich, ihre jüngerenKameraden »abzuschleifen«, ohne Widerspruch zu dulden. Es ist gut und heilsam und schadet niemanden, solange der Betreffende den Gleichmut nicht verliert; sonst gibt es Verdruß. Es war einmal ein Mann, – aber das ist eine andere Geschichte.
    Die »Jäger« »jagten« den Wurm viel herum, und er nahm alles hin, ohne mit der Wimper zu zucken. Er war so liebenswürdig, so eifrig und wurde so nett rot, daß man seine »Erziehung« abbrach und ihn sich selbst überließ. Nur sein Oberleutnant fuhr fort, dem Wurm das Leben sauer zu machen. Der Oberleutnant hatte keine bösen Absichten, aber seine Neckereien waren grob und gingen manchmal zu weit. Er wartete schon zu lange auf seine Kompanie, und das macht den Menschen immer bitter. Außerdem war er verliebt, und das war kein Vorteil.
    Eines Tages entlieh er das Gespann des Wurmes für eine Dame, die überhaupt nicht existierte, benutzte es den ganzen Nachmittag für sich und schickte es dann mit einigen Zeilen von der Hand der genannten Dame dem Wurm zurück. Als er an der Kasinotafel die Geschichte zum besten gab, stand der Wurm auf und sagte

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