Schloss der Engel: Roman (German Edition)
doch je heftiger ich mich zur Wehr setzte, umso stärker wuchs etwas anderes in mir: unbändige Wut.
Warum bekämpfte er meine Liebe? Konnte er mir nicht einfach sagen, dass aus uns nichts wurde? War ich so unwürdig, dass er sicher sein wollte, dass ich ging und ihn nie wieder belästigte?
Entsetzt spürte ich, wie die Wut sich in mir ausbreitete, meine Gedanken beherrschte und drohte, meine verbliebenen Gefühle für Christopher endgültig auszulöschen. Doch auch wenn er für mich nicht erreichbar war, das durfte ich nicht zulassen!
Ich zwang mich, meinen Körper zu spüren. Grub meine Fingernägel in meine Handflächen, fügte mir Schmerzen zu, um zu mir zurückzufinden.
»Tu das nicht!« Christophers Hand streifte meine Haare, berührte mein Gesicht, mein Kinn, bog meinen Kopf zurück und zwang mich, ihn anzusehen.
»Du hättest nicht kommen dürfen.« In seiner Stimme lag Wärme und eine Sorge, die sich in seinen Augen widerspiegelte und den Rest meiner Wut hinwegspülte. »Ich werde nicht zum Schloss zurückkehren.«
»Du wolltest gehen, ohne dich zu verabschieden?«
»Es wäre besser gewesen.«
Seine Worte schmerzten. Ich entwand mich seinem Griff, und Christopher ließ es zu.
»Schon als ich dich zum ersten Mal sah, auf der Treppe im Schloss« – ich erschauderte, da ich an die Begegnung zurückdachte –, »schon damals wusste ich, dass du verloren warst. Deshalb habe ich versucht, mich dir zu entziehen, und deinTutorat abgegeben, in der Hoffnung, du würdest nichts für mich empfinden. Ich hätte gehen sollen, doch stattdessen beging ich einen weiteren Fehler.« Christophers Blick wanderte zu meinen Lippen, und ich wusste, dass er von dem Kuss in der Kapelle sprach.
»Ich werde nicht länger in deiner Nähe bleiben. Die Gefahr wäre zu groß für dich.« Er zögerte. »Ich wünschte, wir wären uns niemals begegnet.«
Ich zuckte zusammen. Meine Gefühle waren zu mächtig, um sie länger zurückzudrängen. Christopher bereute nicht nur den Kuss, sondern auch, mich getroffen zu haben. Meine Wut kehrte zurück und verwandelte sich in lodernden Zorn. Ich kämpfte ihn zurück, doch was blieb, war quälend. Ich biss die Zähne zusammen und zwang den Schmerz, sich zurückzuziehen, so weit, bis ich mir sicher war, dass er mein Gesicht nicht mehr erreichte.
»Es tut mir leid, dass du so denkst. Doch ich bin nicht stark genug, meine Gefühle zu verleugnen und dich zu vergessen – egal, wie gefährlich es ist, einen Engel zu lieben.«
Ein dunkler Schatten trübte Christophers Züge, als wäre meine Wut auf ihn übergesprungen. »Das kannst du nur behaupten, weil du die Gefahr nicht kennst.«
»Und deshalb fürchte ich mich nicht vor ihr, weil ich weder sie noch die Zukunft kenne. Oder weißt du etwa, was mich erwartet?«
»Nein, aber ich habe erlebt, was denen widerfährt, die uns zu nahe stehen.« Christophers Stimme klang fest. Auf sein Gesicht legte sich jedoch eine Traurigkeit, die selbst in mir Kummer auslöste.
Hatte er einen Freund verloren? Seine Freundin ? Mein Herz zog sich erneut zusammen. Ich verdrängte den Gedanken und hoffte auf eine andere Erklärung.
»Sag mir, was passiert ist, damit ich verstehen kann, warum ... warum du das Schloss verlassen willst.«
Christopher betrachtete mich auf die gleiche Weise, mit der Aron mich beobachtet hatte, bevor er mir verriet, wo ich Christopher finden konnte. Doch Arons prüfender Blick war oberflächlich, verglichen mit Christophers – er suchte nicht nur nach Aufrichtigkeit.
Ich wich nicht vor ihm zurück, obwohl die Intensität in seinen Augen alle Warnsignale in mir aufblinken ließ, jetzt lieber zu verschwinden. Schließlich gab er mich frei. Ich taumelte, als hätte er mich nicht nur mit seinem Blick festgehalten, doch Christopher bemerkte nicht, wie ich mein Gleichgewicht suchte. Seine Aufmerksamkeit hatte sich auf die Engelsskulptur geheftet, und seine Miene erstarrte.
»Wir haben uns im Schloss der Engel kennengelernt. Coelestin hatte mich bei sich aufgenommen, damit ich meine Ausbildung vollenden konnte. Schon bei unserem ersten Zusammentreffen wusste ich, dass uns etwas Besonderes miteinander verbinden würde.«
Ich biss die Zähne zusammen. Das Gefühl kannte ich – von meiner ersten Begegnung mit Christopher.
»Coelestin begriff schnell, dass es ihm allein nicht gelingen würde, die Gräuel meiner vergangenen Ausbildung zu vertreiben. So unterstützte er unsere Freundschaft. Bis ich allerdings so weit war, dass uns mehr
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