Schluesselmomente - Erfahrungen eines engagierten Lebens
Unterstützung eines Bertelsmann-Damenkreises, der den Ehefrauen der Führungskräfte Einblicke in die Arbeitswelt ihrer Männer vermitteln sollte. Aus Fachvorträgen und Bildungsreisen entwickelten sich über Jahre hinweg soziale Hilfsprojekte und weitere Initiativen. 2 So manche der ehrenamtlich engagierten Damen hat später dann aus ihrer Berufung selbst einen Beruf gemacht und gehörte viele Jahre lang zu den unentbehrlichen Mitarbeiterinnen der Bertelsmann Stiftung.
Der Bau der Bertelsmann Hauptverwaltung, die im Jahr 1976 eröffnet werden sollte, war eine Aufgabe, die mein Mann an mich herantrug. Die ersten Entwürfe des Architekten überzeugten ihn nicht, und er bat mich um Hilfe. Die Planungsphase zog sich über ein Jahr hin, und ich setzte mich in dieser Zeit sehr für eine Ãffnung der
Innenarchitektur zu der Transparenz und Klarheit hin ein, die unseren Stammsitz in Gütersloh bis heute auszeichnen. Mein Mann war mit dem Ergebnis hochzufrieden. Ihm imponierte, dass ich mich zweihundertprozentig für meine Aufgaben einsetzte. Und er spürte genau, wie viel Elan ich bei der Gestaltung eigener Ideen entwickelte.
SPONTANEITÃT UND INTUITION. ERSTE ERFAHRUNGEN BEIM AUFBAU DER BERTELSMANN STIFTUNG
Als mein Mann 1977 die Bertelsmann Stiftung ins Leben rief, war ich schon bald dabei. 3 In unendlich vielen gemeinsamen Gesprächen hat er mir die Beweggründe für sein Handeln veranschaulicht. Zum einen sollte die Stiftungsgründung die Sicherung der Unternehmenskontinuität ermöglichen, indem die Stiftung zu einem späteren Zeitpunkt das Kapitalvermögen der Familie Mohn übernahm und somit eine Finanzierungskontinuität gewährleistete. Zum anderen war mein Mann fest davon überzeugt, dass auch die Demokratie als Gesellschaftsordnung der beständigen Erneuerung und Fortschreibung bedurfte. Hier wollte Reinhard Mohn die Erfahrungen seiner Unternehmenskultur nutzen und mithilfe der Stiftung die Ausgestaltung und Weiterentwicklung des demokratischen Staates auf breiter Ebene initiieren.
Die Bertelsmann Stiftung wurde als operative, konzeptionell arbeitende Einrichtung geplant, die bei der Entwicklung ihrer Projekte sowohl mit Wissenschaftlern und Experten als auch mit staatlichen und privaten Institutionen kooperieren sollte. 4 Die ersten Jahre in der Stiftung waren noch sehr familiär. 1979 wurde Hans-Dieter Weger als erster Mitarbeiter und Geschäftsführer der Stiftung angestellt, der in engem Austausch mit meinem Mann die frühen Initiativen auf den Weg brachte.
Der Aufbau der Stiftung, die Begegnungen mit Wissenschaftlern,
Politikern, Künstlern und Kulturträgern inspirierten mich ungemein. Auf zahlreichen Reisen im In- und Ausland, die ich gemeinsam mit meinem Mann unternahm, lernte ich die verschiedensten Beispiele für kritisches Denken, für kontroverse, aber auch konstruktive Diskussionen kennen. Wenn ich heute daran zurückdenke, wird mir bewusst, dass ich in dieser Zeit meine eigentlichen Lehrjahre erlebte. Im Gespräch mit meinem Mann und im Austausch mit all diesen Persönlichkeiten erhielt ich Zugang zu den unterschiedlichsten Wissensbereichen. Es war ein Studium generale, wie ich es mir umfassender kaum hätte wünschen können.
Das Lernen elektrisierte mich, mein Wissensdurst war schwer zu stillen. Ich war eine unermüdliche Zuhörerin, die schrittweise begann, eigene Fragen zu stellen, und groÃe Freude an den Diskussionen entwickelte. Mit Befriedigung stellte ich fest, dass ich mit meiner persönlichen Einschätzung häufig ins Schwarze traf. Mein Mann registrierte meine zielgerichtete Intuition sehr genau und empfand sie zunehmend als ideale Ergänzung zu seiner eigenen, stark analytisch geprägten Persönlichkeit. Es war für mich ein groÃes Glück, dass ich meine Neugierde in Bezug auf Menschen und spannende gesellschaftspolitische Themen so gefördert sah. Erst vor wenigen Jahren erläuterten mir Hirnforscher, was ich selbst erfahren durfte: Der Glaube an die eigene Lernfähigkeit ist entscheidend, um eigene Potenziale zu entfalten. Viele Menschen, die von ihrer natürlichen Begabung überzeugt sind, schöpfen ihr Potenzial nicht voll aus. Sie erstarren nach einer guten Ausbildung und geben sich viel zu früh mit ihrem einmal erreichten Bildungsstand zufrieden.
Nur wenn Menschen von der Formbarkeit ihrer Fähigkeiten
überzeugt sind, bringen sie die Dinge
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